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Das Herz des Jägers

Titel: Das Herz des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Kindergärten in Guguletu heraussuchen und sie alle durchtelefonieren. Wir müssen wissen, ob ein Pakamile Nzululwazi heute von seiner Mutter abgeholt wurde.«
    »Es ist halb neun.«
    »Es handelt sich um Guguletu, Chef, nicht um irgendeinen schicken weißen Vorort, wo alle um fünf nach Hause gehen. Wir könnten Glück haben. Bitte.«
    Das Telefon klingelte unaufhörlich.
     
    Tiger Mazibuko saß auf dem Co-Pilotensitz des Oryx. Sie waren neben der R64 gelandet, in der Mitte zwischen Dealesville und Boshof.
    Er hatte den Kopfhörer vom Funkgerät auf. Er hörte, wie sich die Rooivalk-Piloten aus allen Sektoren meldeten, die sie durchsucht hatten, und strich sie auf einer Liste durch.
    Konnte der Hund schon durch sein, an Boshof vorbei?
    Er schüttelte den Kopf.
    Unmöglich. So schnell konnte er nicht fahren.
    Sie würden ihn kriegen. Selbst wenn er Glück hatte, gab es noch eine letzte Möglichkeit. Hinter Mafikeng existierten nur zwei Wege über die Grenze nach Botswana. Nur zwei. Er würde sie dichtmachen.
    |288| Aber das war aller Wahrscheinlichkeit nach nicht notwendig.
     
    Zuerst war Thobela erleichtert gewesen. Der Hubschrauber war nicht gelandet, weil sie ihn entdeckt hatten. Dann aber war er frustriert, in der Falle zu sitzen.
    Er lag neben der GS unter der Brücke und wagte nicht, sich zu rühren, er wagte kein Geräusch, die vier wilden jungen Soldaten waren zu nah. Auch der Co-Pilot war ausgestiegen, und nun ließen sie flache Steine über das Wasser hüpfen. Derjenige, dessen Stein am häufigsten aufsprang, würde Sieger sein.
    Er hatte einen der Soldaten erkannt, den jungen Schwarzen. Heute morgen hatte er ihm ein Gewehr an den Kopf gedrückt.
    Thobela erkannte sich in ihm wieder. Vor zwanzig Jahren. Jung, so schrecklich jung; Jungen in Männerkörpern, herausfordernd, idealistisch, ganz und gar bereit, Soldat zu spielen.
    So war es immer, zu allen Zeiten! Die Kinder zogen in den Krieg. Van Heerden sagte, das sei das Alter, in dem man zeigte, was in einem steckte, in dem man sich beweisen mußte, um seinen Platz in der Hierarchie einzunehmen.
    Er war sogar noch jünger gewesen, als er zu Hause abgehauen war – siebzehn. Er konnte sich gut daran erinnern, er hatte im Wagen seines Onkels Senzeni gesessen, die nächtliche Fahrt, Queenstown, East London, Umtata; sie hatten ewig geredet, ohne Unterlaß, über den langen Weg, der vor ihnen lag. Senzeni hatte immer wieder gesagt, daß es sein Recht und seine Pflicht war, sich zu wehren, daß die Vorfahren über ihn wachten, die Revolution stünde dicht bevor, die Ungerechtigkeiten würden ausgelöscht werden. Thobela erinnerte sich daran, doch als er nun hier versteckt lag, konnte er das Feuer, das in seiner Seele gebrannt hatte, nicht mehr heraufbeschwören. Er suchte nach jener Begeisterung, nach dem Sturm und Drang, den er empfunden hatte, er wußte, |289| daß es so gewesen war, aber als er versuchte, die Flammen wieder auflodern zu lassen, war da nur kalte Asche. Er hatte in Umtata den Bus genommen, Senzeni hatte ihn lange und fest umarmt, in den Augen seines Onkels standen Tränen, und sein Abschiedsgruß lautete: »Mayibuye.«
    Es war das letzte Mal, daß sie einander sahen. Hatte Senzeni das gewußt? Hatte er gewußt, daß sein eigener Kampf gefährlicher sein würde, mitten in der Höhle des Löwen, viel riskanter? Hatte Senzeni ihn so verzweifelt umarmt, weil er ahnte, daß er im Krieg an der Heimatfront sterben würde?
    Die Busfahrt nach Durban, nach Empangeni, war eine Reise ins Unbekannte, und in den frühen Stunden des Tages, noch vor der Dämmerung, verwandelte sich die Größe dieser Reise in einen Wurm in seinem Herzen, der mit sich Verwirrung und Unsicherheit brachte.
    Siebzehn.
    Alt genug, in den Krieg zu ziehen, jung genug, um nachts wach zu liegen und Angst zu haben, sich nach dem Bett in seinem Zimmer zu sehnen, der Sicherheit, die sein Vater im Pfarrhaus ausstrahlte, jung genug, um sich zu fragen, ob er jemals wieder die Umarmung seiner Mutter spüren würde.
    Dann jedoch ging die Sonne auf und verbannte seine Sorgen, und als er in Pongola ausstieg, ging es ihm gut. In der nächsten Nacht schmuggelten sie ihn über die Grenze nach Swasiland, eine Nacht später war er in Mozambique, und sein Leben hatte sich für immer verändert.
    Und nun war er hier und nutzte eine Fähigkeit, die ihm die Ostdeutschen beigebracht hatten. Still zu liegen, das war die Kunst der Auftragskiller und Scharfschützen, bewegungslos und unsichtbar für

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