Das Herz des Jägers
dazu, wer dahintersteckte.
Wenn Johnny Kleintjes Kontakt zu jemand anders aufgenommen hatte … einem alten Kollegen, der jetzt bei der NIA oder SS oder MI war, wenn er gesagt hatte: Die Leute beim PIU haben folgendes vor … Aber ich habe andere Daten.
Unmöglich.
Denn dann hätte niemand bei Monica Kleintjes angerufen, |317| hätte gedroht, Johnny Kleintjes zu töten. Warum es so kompliziert machen? Warum seine eigene Tochter in Gefahr bringen?
Johnny hätte der NIA einfach Kopien der Daten geben können.
Es mußte jemand anders dahinterstecken.
Sie hatte Kleintjes rekrutiert, sie hatte ihm die Operation erklärt, sie hatte seine Bereitwilligkeit gesehen, sie hatte seine Loyalität und seinen Patriotismus anerkannt. Sie hatte ihn in jenen Wochen beobachten lassen, hatte seine Anrufe abgehört und ihn beschatten lassen; sie wußten, was er tat, wo er war. Das ergab alles keinen Sinn. Kleintjes konnte nicht das Leck sein.
Wo dann? Bei der CIA?
Vielleicht vor ein oder zwei Jahren, aber nicht mehr seit dem 11. September. Die Amerikaner hatten sich in ihr
laager
zurückgezogen, sie spielten ein ernsthaftes, gnadenloses Spiel, die Karten dicht an die Weste gedrückt. Sie gingen keine Risiken ein.
Wo war das Leck?
Hier war sie die einzige, die Bescheid wußte.
Hier. Quinn und seine Männer waren Kleintjes gefolgt und hatten sein Telefon abgehört, ohne zu wissen, warum. Nur sie kannte die ganze Geschichte. Alles.
Wer, verdammt?
Ihr Mobiltelefon klingelte. Sie sah, daß Tiger dran war. Sie wollte jetzt nicht mit ihm sprechen.
»Tiger?«
»Ma’am, er ist unterwegs …«
»Jetzt nicht, Tiger. Ich rufe Sie zurück.«
»Ma’am …« Verzweiflung, das konnte sie verstehen. Einer seiner Männer war tot. Mordlust brannte in seinem Herzen. Irgend jemand mußte bezahlten, doch zuerst mußte sie nachdenken. Sie drückte auf einen Knopf und schnitt ihm das Wort ab.
Als sie den Einsatzraum betrat, empfand sie Verzweiflung. |318| Sie fühlte sich der Angelegenheit nicht mehr länger gewachsen. Sie erkannte das Selbstmitleid. Die Ursache dafür war der Direktor. Er hatte ihr seine Unterstützung und sein Vertrauen entzogen, und nun fühlte sie sich plötzlich allein und war sich ihrer mangelnden Erfahrung bewußt. Sie war Planerin, Strategin, Manipulatorin. Ihr Talent lag in der Organisation, nicht im Krisenmanagement. Nicht in Gewalt, Waffen und Helikoptern.
Tatsache aber blieb, daß es hier nicht um die Krise mit dem Flüchtigen und einem toten Soldaten ging.
Laß dich nicht in das Drama verwickeln! Behalte den Überblick! Denke nach! Konzentriere dich! Besinne dich auf deine Stärken!
Die Festplatte.
Johnny Kleintjes hatte das getan, was jeder, der ein Leben sanktionierter Betrügereien hinter sich hatte, tun würde: Er hatte sich einen Fluchtweg offengehalten, eine kleine Versicherung geschaffen. Thobela Mpayipheli war diese Versicherung, aber Kleintjes hatte Monica noch nicht einmal die richtige Adresse und Telefonnummer des Mannes hinterlassen – sie war veraltet. Wenn er wirklich mit Problemen gerechnet hätte, hätte er sich mehr Mühe gegeben, wahrscheinlich wäre er selbst zu Mpayipheli gegangen. Zumindest hätte er herausgefunden, wo sein alter Freund steckte.
Nein, es war nur eine Gewohnheit, keine Vorahnung.
Dasselbe galt für die Festplatte. Das war noch eine Versicherung aus den Tagen, in denen er die Zusammenführung dieser ganzen Schrecklichkeiten koordiniert hatte. Alte, vergessene Informationen über die sexuellen Vorlieben der politischen Führer, über mögliche Verräter und Doppelagenten. Vernachlässigbar. Irrelevant. Etwas, woran Kleintjes gedacht hatte, als er knietief in der Scheiße steckte, seine Absicherung. Konzentriere dich nicht auf die Festplatte, laß dich davon nicht in die Irre führen! Janina begann, die Erleichterung zu spüren, denn sie wußte, daß sie recht hatte.
|319| Doch sie durfte es auch nicht außer acht lassen. Sie mußte mehr als ein Spiel spielen.
Sie mußte sich auf Lusaka konzentrieren. Sie mußte herausbekommen, wer Johnny Kleintjes in seiner Gewalt hatte. Wenn sie das wußte, dann würde sie auch wissen, wo das Leck war, und in diesem Wissen lag die wahre Kraft.
Vergiß den Direktor! Vergiß Thobela Mpayipheli! Konzentriere dich!
»Quinn«, rief sie. Er saß über seine Tastatur gebeugt und zuckte zusammen, als er seinen Namen hörte.
»Rahjev.«
»Ma’am?«
»Schaut nicht so deprimiert. Kommt, wir gehen spazieren.« In ihrer Stimme lag Kraft, und
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