Das Herz des Loewen
sich zu ihm. „Wie bist du hier hereingekommen?“
Gelassen zuckte er die Achseln. „Schon seit meiner Kindheit weiß ich, wie man unbemerkt in Wehrtürme gelangt und wieder hinaus. Wo ist... “
„Comyn!“ Siusan setzte sich auf und starrte ihn an wie einen Geist. Nun sah sie elender aus denn je.
Das hat ihr die Schwangerschaft angetan, dachte er, die Geburt von Lions Bastard. Beim Anblick der dunklen Schatten unter ihren schönen Augen wuchs sein Hass. „Ich bringe dich weg von hier. “
„Nein!“ Abwehrend hob sie eine Hand.
„Siusan! Wir sind füreinander bestimmt ..."
„Du ... du hast Lion getötet!“, keuchte sie.
„Von meiner Hand ist er nicht gestorben.“
„Lass meine Schwester in Ruhe!“ Schreiend warf sich Megan auf ihn, trommelte mit beiden Fäusten gegen seine Brust und versuchte, ihm das Gesicht zu zerkratzen. Der Angriff konnte ihm nichts anhaben, aber er fürchtete, ihr Gekreische würde Aufmerksamkeit erregen. Seine Faust traf ihre Schläfe, und sie sank zu Boden. Reglos lag sie da, die Augen geschlossen. Blut quoll aus einem Mundwinkel.
„Oh Gott!“, flüsterte Siusan. „Jetzt hast du sie auch noch getötet. “
Megan hätte nichts Besseres verdient, aber ihr Tod durfte nicht zwischen Comyn und seiner kostbaren Beute stehen. „Sie ist nur betäubt“, versicherte er wider sein besseres Wissen. „Komm jetzt, wir haben einen langen Ritt vor uns.“ Er eilte zum Bett und griff nach ihr, aber sie duckte sich unter seinem Arm hindurch, stand auf und taumelte zur Wiege. Vor Schwäche konnte sie sich kaum auf den Beinen halten, war aber fest entschlossen, ihren Sohn zu verteidigen.
„Wenn du willst, nehmen wir das Kind mit.“ Sogar dazu war er bereit, wenn er sie nur möglichst schnell aus dem Turm entführen konnte. Später würde er den Bastard beseitigen. „Sicher wird’s dir in Shurr More gefallen. Ich habe meine kleine Festung ausbauen lassen.“
In wilder Panik schüttelte sie den Kopf. „Rühr mich nicht an!“, warnte sie ihn, als er näher trat.
„Siusan, ich liebe dich - immer habe ich dich geliebt. Alles tat ich nur für uns. Komm endlich! “ Er packte ihren Arm und erschrak, weil er sich so dünn anfühlte.
„Mörder! “.flüsterte sie und wand sich verzweifelt in seinem Griff. „Fass mich nicht an mit deinen blutigen Händen! “
„Beruhige dich doch! “ Ungeduldig schüttelte er sie, und ihr aschfahles Gesicht nahm einen sonderbaren Ausdruck an. Ein Schauer durchlief ihren Körper, dann legte sie eine schlaffe Hand über ihr Herz.
„Lion ...“, seufzte sie mit halb erstickter Stimme. Ihre Augen verdrehten sich, ihre Beine gaben nach.
Nein, unmöglich ... Behutsam ließ er sie zu Boden gleiten, strich ihr mit zitternden Fingern das Haar aus dem Gesicht. „Siusan?“
„Lion hauchte sie mit ihrem letzten Atemzug. Ihre verzerrten Züge entspannten sich, ein glückliches Lächeln umspielte die blutleeren Lippen.
17. KAPITEL
„Oh Gott, sie ist tot!“ Raue Hände streichelten ihr Gesicht. In der vertrauten Stimme schwang tiefer Schmerz mit, und Megan wollte die Augen öffnen und ihrem Gemahl versichern, sie sei nicht gestorben. Aber ihre Lider waren so schwer, die Kopfschmerzen so qualvoll ...
„Nein, sie lebt“, widersprach Tante Brita tonlos.
Endlich gelang es Megan, sich zu bewegen.
„Meggie!“, rief Ross. „Sag doch etwas!“
„Mein Liebster
Stürmisch riss er sie in seine Arme. „Du hast mich furchtbar erschreckt. Was ist geschehen?“
„Comyn war hier. Verstehst du nicht? Er muss hinter alldem stecken. Habt ihr ihn festgenommen? Was ist mit Siusan und Kieran.“ Sie richtete sich auf und versuchte, über seine Schulter hinwegzuschauen, zum Bett.
Behutsam ließ er sie wieder zu Boden gleiten und wechselte einen Blick mit ihrer Tante. „Meggie ...“
Um einen Schrei zu unterdrücken, presste sie eine Hand auf den Mund. „Hat Comyn ...?“
„Wahrscheinlich hat ihr Herz versagt“, erklärte Brita sanft. „Wir konnten keine Spuren von Verletzungen finden, und sie lächelt wie ein Engel. Jetzt ist sie bei ihrem Lion.“
Ein heftiges Schluchzen erschütterte Megans Körper. „Ja, das war ihr innigster Wunsch, und deshalb wollte sie sogar darauf verzichten, ihren Sohn heranwachsen zu sehen. Armer Kieran!“ Mit tränenfeuchten Augen blickte sie zur Wiege hinüber. „Bitte, Ross, bring ihn zu mir! “
Seine Miene wurde noch grimmiger. „Als wie heraufkamen, war er verschwunden. Die Wächter hörten Kindergeschrei und
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