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Das Herz des Menschen: Roman (German Edition)

Das Herz des Menschen: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz des Menschen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Kalman Stefánsson
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zu klopfen, gleichmäßiger zu machen. Oder du musst selbst kochen. Da ließ Pétur vom Stapel ab und guckte Andrea an, als hätte sie endgültig den Verstand verloren. Vielleicht sollte er sie sicherheitshalber anbinden, bis der Anfall vorüberging.
    Was hat dir das arme Mädchen eigentlich getan? Ich bin sicher, du und Guðmundur, ihr wisst längst nicht mehr, wodurch euer Streit überhaupt entstanden ist.
    Ich weiß, was ich weiß, und außerdem reicht es, ihn hier draußen zu sehen, um zu wissen … Wissen ist mehr als erinnern.
    Du musst dich morgen ums Essen kümmern, eine andere Möglichkeit gibt es nicht.
    Bin ich etwa eine Frau?
    Du kannst ein paar Fische hinlegen, sobald ihr an Land kommt; dann kann Guðrún sie zubereiten und schon wieder in ihrer Hütte verschwunden sein, bevor ihr mit allem fertig seid.
    Was soll ich den Männern sagen?
    So wie ich dich kenne, blaffst du sie irgendwie an, sagte sie, obwohl sie es eigentlich gar nicht sagen wollte, sie wollte nicht so reden, aber sie war auf einmal so unglaublich wütend und grimmig, und da war plötzlich alle Luft aus Pétur raus, jeder Widerstand.
    So kann man nicht weggehen, war das Einzige, was er noch sagen konnte.
    So kann man aber auch nicht leben, gab sie zurück, und alle Wut war verflogen. Lieber Pétur, hätte sie beinah noch hinzugesetzt und ihn am liebsten getröstet, doch da richtete sich Pétur auf und sagte hämisch: Geh nur, du kommst doch wieder angekrochen, bevor das Frühjahr rum ist. Was sind das heutzutage nur für Menschen?
    Darauf erwiderte sie nichts. Was hätte sie auch sagen sollen? Und am nächsten Morgen machte sie sich davon, traf gegen neun im Ort ein, doch da war kein Junge.
    Seine Augen sind nicht untauglich, er hat den Schatten gesehen, der über Andreas Gesicht zog. Sie stützt sich irgendwo ab, guckt in eine unbestimmte Ferne und sieht plötzlich alt aus. Verlass ihn, hat der Junge geschrieben. Geh weg, wenn du leben willst, wenn du das Leben spüren willst.
    Welches Recht hat er, so etwas zu schreiben? Welches Recht hat er, Worte hinzusetzen, die ein ganzes Leben ändern könnten? Welche Verantwortung übernimmt er damit? Wer ein Gewehr abfeuert, trägt die Verantwortung für die Kugel und für den Schmerz, den sie womöglich verursacht. Gilt dasselbe nicht auch für Wörter? Ich sollte sie fragen, denkt er, ich sollte mit ihr über anderes als das Alltägliche reden, das sich von selbst versteht. Natürlich sollte ich mit ihr reden, murmelt er vor sich hin, bevor er einschläft, doch aus Feigheit lässt er eine Gelegenheit nach der anderen verstreichen. Andrea guckt ihn manchmal an, als warte sie darauf, dass er etwas sagt, aber er weiß doch nichts, ist nichts und vergisst das wenige, das er weiß und begreift, sobald er einem Menschen in die Augen blickt.
    Dennoch hat er vor, einen weiteren Brief zu schreiben. Für Oddur. Wieder will er Worte zusammensuchen, um ein Leben zu ändern. Mehr als einmal unternimmt er Spaziergänge hinaus auf die Landzunge, wo Rakel Salzfische putzt, von morgens bis abends, sie spült, reinigt, putzt mit einer Drahtbürste, sie wäscht das Blut weg und entfernt die Eingeweide, sie ist eine tüchtige Arbeiterin. Unter dem Kopftuch sind ihre aschblonden Haare zu erkennen, sie ist klein, kräftig, hat starke Arme. Sicher ist sie schon dreißig, kichert aber wie ein junges Mädchen, und zwar oft, schlechte Laune hat sie nie. Der Junge beobachtet Rakel und denkt: Wahrscheinlich ist das Leben gar nicht so schwer und kompliziert, nur ich bin so blöd. An fünf Tagen hat er sich fünf Vorwände ausgedacht, in Regen und bei eiskaltem Wind, bei Sonne und Windstille. Die Frauen auf der ausgesetzten Landzunge treten unter einem offenen, windigen Himmel von einem Fuß auf den anderen, es liegt noch Schnee auf den Bergen, und manchmal müssen sie auf den Waschtrögen erst eine Eisschicht zerschlagen, arbeiten dann den ganzen Tag von morgens um sechs in dem eiskalten Wasser, vielleicht ist es stürmisch, und es fällt Regen oder Schneeregen, so etwas kann manchen schon die Laune verderben, nicht aber Rakel, sie arbeitet und kichert und hüpft auf und ab wie ein junges Mädchen, damit ihr warm wird. Kann man das kaufen, so ein sonniges Gemüt, kann man es anpflanzen und in sich selbst züchten, ist das ein Gottesgeschenk oder nicht auszuhaltende Dummheit?
    Du hast offenbar nie ein Kind verloren, sagt denn auch eine Frau zu Rakel, nachdem sie wieder einmal herumgehüpft ist wie ein Kind und zu singen

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