Das Herz des Ritters
erkennen, an der Entschlossenheit seiner Miene, und wusste mit unerschütterlicher Gewissheit, dass er sie beschützen würde – selbst jetzt noch, trotz ihrer Lügen. Obwohl sie seine Güte nicht verdiente, würde er sein Wort halten. Und diese Gewissheit machte sie tief betroffen. Sie streckte die Hand aus und legte sie an seine Wange. »Mylord, Euer Edelmut beschämt mich.«
Einen Augenblick hielt er ihren Blick fest, dann verschloss sich seine Miene, und er trat zurück. »Ich denke, es ist alles gesagt, was heute Abend gesagt werden muss, Zahirah. Geht nun in Eure Kammer und begebt Euch zur Nachtruhe … bevor es zu spät ist.«
Sie sah die Flamme der Leidenschaft in seinen Augen aufflackern, hörte die Warnung aus seinen mit gesenkter Stimme vorgebrachten Worten. Sie wusste, dass er sie berühren wollte, wusste, dass Groll in ihm war und eine Wildheit, die sich Bahn zu brechen drohte, dennoch verspürte sie keine Angst.
Ohne abzuwarten, bis sie das Zimmer verlassen hatte, begann er den Verband von der Wunde zu lösen, die sie ihm vor all diesen Wochen zugefügt hatte. Damals hatte sie noch nicht gewusst, wie tiefsinnig, mitfühlend und edelmütig er war.
Und sie hatte nicht geahnt, welchen Preis die inzwischen verhasste Mission ihr abverlangen würde.
Ihre Augen blieben an dem hässlichen Beweis ihrer Freveltat hängen, und sie konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass sie allein durch ihre bloße Anwesenheit in diesem Raum erneut Verrat an ihm beging. Leicht legte sie die Fingerspitzen auf seinen Arm, worauf er mit der Hand an der Bandage innehielt.
»Bitte, Mylord«, sagte sie und bedeutete ihm, sich zu setzen. »Lasst mich Euch helfen.«
Zaghaft nahm sie ihm das Ende der Bandage aus den Händen und kniete sich zwischen seine gespreizten Beine. Seine kräftigen Schenkel strahlten eine Wärme aus, die beträchtlich heißer brannte als die Flamme der Öllampe auf dem Tisch. Er hob die Arme und beobachtete in argwöhnischem Schweigen, wie sie sich vorbeugte, um seinen Oberkörper griff und vorsichtig die dünnen Lagen abwickelte. Sie spürte, wie er sich innerlich anspannte, fühlte die Wärme seines Atems auf ihrer Stirn, als sie die letzte Lage Mull abnahm und auf den Boden legte.
Die Wunde war sauber und verheilte gut, doch der Stich war tief gewesen, und die Narbe würde ihn bis zum Ende seines Lebens zeichnen. Von Reue durchströmt, strich Zahirah vorsichtig über die Stelle, an der ihr Dolch ihn getroffen hatte. »Ich wünschte, ich könnte es ungeschehen machen«, sagte sie mit belegter Stimme.
Sebastian antwortete nicht, doch sie spürte seinen glutvollen Blick auf sich ruhen. Als sie aufsah, wirkten seine Augen dunkel und verhangen, und er hatte die Lippen zusammengepresst. Auf die Ellbogen gestützt, saß er lässig zurückgelehnt auf dem Diwan, aber er hatte die Hände so fest zu Fäusten geballt, dass seine Knöchel im dämmrigen Licht weiß hervortraten.
Mit erschreckender Klarheit wurde ihr das Erotische der Situation bewusst: Sie kniete vor ihm, den Kopf auf einer Höhe mit seinem straffen Bauch, die Brüste nur um Haaresbreite von den Wölbungen seiner Schenkel entfernt. Die Pose glich der, die sie verstohlen bei einer der Liebesdienerinnen im Harem in Masyaf beobachtet hatte, während diese ihren Liebhaber mit dem Mund beglückte. Sie erinnerte sich, mit welch verzückter Miene der Mann die Küsse und Liebkosungen der Haremsdame genossen hatte, und stellte sich unwillkürlich vor, wie es wohl wäre, Sebastian diese Freuden zu schenken. Ihr Blick wanderte bewundernd über seinen gestählten Körper. Sie befeuchtete ihre Lippen und schaute auf.
»Seid gewarnt, Mylady«, sagte er mit rauer Stimme. »Ihr schürt ein Feuer, das sich womöglich nicht mehr löschen lässt.«
Sie wusste, wovor er sie warnte, doch sie besaß nicht genug Vernunft, diese Warnung zu beachten. Mehr als alles in der Welt wollte sie bei ihm sein – selbst wenn es nur für eine Nacht sein konnte. Sie wollte ihm zeigen, warum sie hier war, warum sie ihn nicht nach Darum hatte gehen lassen können. Sie begehrte ihn, und sosehr sie auch die Konsequenzen fürchtete, gelang es ihr doch nicht, der Versuchung zu widerstehen.
Sie hob die Hände und legte sie leicht auf seine muskulösen Schenkel, an die sich eng der raue Stoff seiner Beinlinge schmiegte. Langsam ließ sie die Finger nach oben gleiten, spürte, wie er sich unter ihren Handflächen anspannte, als sie sich seinem Schoß näherte. Ein Anflug
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