Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)
»Ich habe dir erzählt, dass ich unvollkommen bin – und das bin ich wirklich. Ich bin farbenblind. Oder, ich war es, bis ich dich traf. Ganz gleich welche Gestalt du annimmst, ich sehe dich in Farben. So konnte ich deine Spur verfolgen, denn du hinterlässt eine Spur aus Farben. Wenn ich dich berühre, wird die Färbung intensiver. Und sie hat auf mich immer die Wirkung, dass ich dich will.«
»Willst du mich jetzt?«, flüsterte sie, und ein Lächeln spielte um ihre Lippen.
Er stieß ein leises, selbstironisches Lachen aus, denn er wusste, dass sie seine harte Erektion an ihrem Bauch spürte. »Musst du da noch fragen?«
»Dann komm in mich«, bat sie ihn leise.
Auf seinen besorgten Blick hin versicherte sie ihm: »Es geht mir gut, und ich brauche das Gefühl, dir körperlich nahe zu sein. Es ist schon zu lange her.« Er schob den Saum des Gewandes, das er für sie beschafft hatte, bis zum Bauch und hob ihre Schenkel um seine Hüften. Sie keuchte auf und bog den Rücken durch, als er ohne Vorspiel in sie eindrang. Sanft bewegte er sich in ihr, und die Liebenden, die zu lange getrennt gewesen waren, kamen schon bald gemeinsam, und ihre Körper fanden in süßer Harmonie Erfüllung, ein jeder in den Armen des anderen.
Sein Schwanz pulsierte noch immer in ihr, als er sich über ihr auf die Ellbogen stützte. »Erinnerst du dich noch an die Auktion?«, fragte er.
»Hm?« Sie öffnete die Augen.
»In Venedig.« Er spielte mit einer Haarlocke von ihr und strich damit über ihre Brustwarze. »Du schuldest mir die Antwort auf eine letzte Frage.«
Sie zog eine Augenbraue hoch. »Nun?«
Er bewegte die Hüften, drang noch tiefer in sie, und erneut strömte ein Schwall seines Samens warm in sie und bescherte ihr ein starkes Echo ihres Orgasmus.
Sie schloss die Augen, und ihr Körper entspannte sich.
»Heirate mich.«
Sie öffnete ein Auge. »War das eine Frage?«
Sein Gesicht wurde ernst, und seine Stimme klang streng. »Willst du mich heiraten?« Dabei bewegte er seine Hüften weiterhin mit gleichmäßigen, rhythmischen Stößen, und ein sanftes Erbeben vor Wonne durchlief sie mit jedem Wort, mit jedem Stoß.
»Wenn du dir …«
»Ich bin mir sicher«, erklärte er. »Meine liebe« – ein Kuss auf ihre Augenbraue –, »reizende« – ein zweiter Kuss auf die Narbe an ihrer Wange – »Silvia.« Und ein dritter Kuss auf ihren Mund.
Sie schlang die Arme um seinen Nacken und antwortete an seinen Lippen: »Dann ja.«
»Via?« Sie warf einen Blick über Bastians Schulter und sah Aemilia in der Tür stehen und sie beobachten, so wie sie selbst einst Michaela mit ihm beobachtet hatte. Wie lange stand sie schon da?
Bastian löste sich von ihr. »Privatsphäre ist hier so gut wie nicht vorhanden«, meinte er. »Morgen kehren wir nach Rom zurück, und am Tag darauf wird geheiratet.«
Auf ihr Nicken hin drückte er ihr noch einen Kuss auf die Lippen und erhob sich dann vom Bett, eines der Laken um seine Hüften geschlungen. Mit großen Augen und leicht benommen sah ihm Aemilia nach, wie er vorbeischlenderte. Silvia wusste genau, wie sie sich gerade fühlte.
Nachdem er gegangen war, stießen Silvia und Aemilia für die Zeremonie der Entzündung zu den anderen. Bei jedem Besuch, den Silvia dem Herd hier seit der Zerstörung des Tempels abgestattet hatte, war nur eine schwache Flamme emporgestiegen. Jetzt wartete sie atemlos, während jede Vestalin einen Stein auf dem Herd plazierte. Es waren neun Steine, denn Michaela und Occia waren tot, und Silvia hatte ihre Unsterblichkeit aufgegeben und war daher nicht mehr in der Lage, Feuer zu beschwören. Aber die neun genügten. Zum ersten Mal nach fünfzehn Jahrhunderten erwachte Vestas Flamme zu strahlendem Leben. Und es war ein wundervoller Anblick.
In das himmlische Licht getaucht, sah Silvia zu, wie unter den Laren drei neue Novizinnen erwählt wurden, um die drei, die dem Orden verlorengegangen waren, zu ersetzen. Doch anders als sie selbst und die anderen hatten diese neuen Mädchen sich entschieden , der Göttin zu dienen, denn Vestas Getreue würden nicht länger gezwungen werden, zu ihr zu kommen. Keine würde mehr ausgepeitscht oder lebendig begraben werden. Von jetzt an würden die Vestalinnen über sich selbst bestimmen. Doch Silvia konnte nicht länger der Göttin dienen, selbst wenn sie gewollt hätte. Denn sie war nun eine Sterbliche und wollte mit dem Mann, den sie liebte, zusammen sein.
Am nächsten Tag ging sie mit dem Versprechen, oft
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