Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)
auf die Szene zu erhaschen, die sich in Pontifex’ Thronsaal abspielte. Bastian, Dane und Lucien bedrängten Occia und fast zwei Dutzend ihrer Wachen.
Bastian . Silvias Mund formte seinen Namen, doch dieses Mal brachte sie keinen Ton heraus. Als ob er sie gehört hätte, begegneten seine silbernen Augen kurz ihrem Blick. Im selben Moment schwang Occia ihre Klinge nach ihm und verletzte ihn. Silvia schnappte nach Luft. »Occia, nein!«, krächzte sie, und in ihrem Entsetzen schaffte sie es, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen. Beim Klang ihres Namens warf Occia einen kurzen Blick auf die Türen. Bastian nutzte den Moment der Ablenkung und holte zu einem mächtigen Schlag gegen sie aus. Occia wurde zurückgeschleudert und fiel kreischend in die giftige Säure des Grabens. Und als sie verschwunden war, gaben auch ihre Soldaten den Kampf auf und flohen.
Ein halbes Dutzend großer Schritte, und Bastian war an Silvias Seite, nahm sie Sevin ab und hob sie in seine Arme. »Ich habe sie. Öffne die anderen Türen und sieh, was du findest«, wies er seinen Bruder an. Sevin nickte und ging.
»Götter!« Bastian schaute sie an, und sie sah Tränen in seinen Augen. Er drückte sie eng an sich und hielt sie fest umklammert, als wollte er sie niemals wieder loslassen. Sie fühlte das Grollen der Worte in seiner Brust. »Ich bin hier, meine Geliebte. Du bist in Sicherheit. Ich bin hier.«
Über seine Schulter hinweg sah sie, wie seine Brüder an den anderen neun Türen damit beschäftigt waren, die Geistwandlerinnen aus der Wand zu holen. Floronia kam als Erste frei. Dann Licinia. Sie sahen benommen aus – schweigende, bleiche Zombies, nachdem sie Hunderte von Jahren eingepfercht gewesen waren. »Aemilia«, hauchte sie. Sie befreite sich aus Bastians Armen und lief auf unsicheren Beinen auf die anderen zu. Liebe Freundinnen, die jahrhundertelang getrennt gewesen waren, umarmten sich und weinten. Aemilia lächelte ihr süßes Lächeln und flüsterte Silvia zu: »Ich wusste, dass du kommen würdest, um uns zu befreien.« Ihr Blick glitt zu Bastian und seinen Brüdern. »Aber ich wusste nicht, dass du so gutaussehende Herren mitbringen würdest.«
Silvia lachte, doch plötzlich fühlte sie sich schwindlig. Sofort war Bastian bei ihr, hob sie wieder auf seine Arme und trug sie mit entschlossener Miene aus dem Saal. »Danke«, flüsterte sie, »danke, dass du sie befreit hast.«
Sie musste ohnmächtig geworden sein, denn als sie die Augen aufschlug, fand sie sich auf frischen Laken in einem unbekannten Bett wieder, noch immer in Pontifex’ Schlupfwinkel. Man hatte sie gebadet und in ein weiches Gewand gehüllt, und ihr wildes, zerzaustes Haar war mit einem Kamm gebändigt worden. Unter ihrem Ohr hörte sie Bastians Herzschlag, stark und beruhigend. Seine Hand strich beiläufig über ihre Seite, als brauche er die Berührung.
Ein Gefühl von Dringlichkeit überkam sie, und sie richtete sich auf, um in sein geliebtes Gesicht zu sehen. Seine Augen öffneten sich, und er schlang die Arme um sie. Er sah müde aus, und an seinem Kinn zeigten sich blauschwarze Bartstoppeln. »Mein Name«, flüsterte sie mit kaum hörbarer Stimme. Sein Blick ruhte unverwandt auf ihr. »Ist Silvia.«
Und so geschah es, dass sie sterblich wurde und bereitwillig ihr Leben als Geistwandlerin für ein Leben mit diesem wundervollen Mann hinter sich ließ. Ihrem Retter. Ihrem Geliebten. Bastian.
»Silvia«, wiederholte er. »Er ist schön«, flüsterte er, und ein Ausdruck von Wonne glitt über sein Gesicht. »Du bist schön. Und du bist mein. Endlich.« Er lachte und rollte sich über sie, küsste sie lang und innig, und erst da bemerkte sie, dass er nackt war. Und erregt. »Götter, ich liebe dich. Und ich war so verdammt besorgt um dich. Jede Nacht habe ich dich in meinen Alpträumen gesehen, wie du hier gefangen warst.«
»Es tut mir leid«, tröstete sie ihn, streichelte über seinen Bart und genoss das Gefühl an ihrer Hand. »Wie hast du mich gefunden?«
»Als wir uns das letzte Mal sahen, hast du Pontifex erwähnt, und als ich durch das Tor in der Toskana gekommen war, war dieser Ort hier nicht schwer zu finden. Aber zu der Frage, woher ich wusste, wo genau du warst – deine Tür in dieser Wand war die einzige, die ich in Farbe sehen konnte.«
Sie neigte den Kopf und sah ihn fragend an.
Er umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und strich dann mit den Fingern durch ihr Haar; er schien fasziniert von seiner Farbe und Beschaffenheit zu sein.
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