Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
Vom Netzwerk:
genug an ihn herankam, vielleicht … Nein! Er setzte ihr törichte Gedanken in den Kopf. Wenn sie seinen Einflüsterungen erlag, würde er auch bald ihre Geistwandlerseele besitzen!
    Pontifex, der sah, wohin ihr Blick ging, fuhr mit den Fingern über die Schlüssel, die beinahe musikalisch klimperten. Er lächelte leicht und enthüllte scharfe, weiße Zähne, die einem Mann, der doppelt so groß war wie er selbst, sämtliche Gliedmaßen auszureißen vermochten, bevor der überhaupt wusste, wie ihm geschah.
    Irgendwie gelang es ihr, seine Zauber abzuschütteln. »Ich habe die Auswirkungen der Liebe meines Onkels schon ein Mal zu spüren bekommen.« Dabei fuhr Silvia mit den Fingerspitzen über ihre Narbe und erinnerte ihn an den Grund dafür.
    »Ich werde dir nicht weh tun«, log er.
    »Und doch willst du, dass ich meine Gelübde breche?«, fuhr sie fort. »Dass ich denselben Weg gehe wie schon so viele vor mir?« Sie machte eine Handbewegung in Richtung der Wand mit den Käfigen, in der Hoffnung, er würde nicht sehen, wie sehr ihre Hand vor Furcht und Abscheu zitterte. »Du wirst mir vergeben, Onkel , wenn ich auf das Vergnügen verzichte, an deinem Schwanz zu nuckeln. Danke trotzdem.«
    Er knirschte mit den Zähnen; offensichtlich war er wütend und hatte Schmerzen. Dann lehnte er sich wieder auf seinem Thron zurück und deutete auf sein Glied. »Tu etwas«, murmelte er Occia zu und stieß erleichtert einen Seufzer aus, als sie daraufhin ihre Arbeit wieder aufnahm.
    »Geh!«, befahl er Silvia, doch sie rührte sich nicht.
    »Ich habe dir Tribut gebracht«, erinnerte sie ihn mit einem Nicken in Richtung der Tonscherbe, die er noch immer in der Hand hielt. »Gewähre mir Erneuerung.«
    »Dann tu es und verschwinde! Wenn ich dich und diese andere das nächste Mal sehe, solltet ihr besser beide einen Feuerstein in den Händen halten.«
    Auf seinen Befehl hin traten die Wachen, die ringförmig um ein hohes Marmorpodest zu ihrer Linken gestanden hatten, beiseite. Auf dem Podest lag ein flaches goldenes Becken von einigen Fuß Durchmesser. Der heilige Herd der Göttin Vesta, der im Jahre 394 nach Christus vom Forum Romanum hierhergebracht worden war. Einst hatte ihre heilige Flamme Tag und Nacht hell geleuchtet. Es schmerzte Silvia, den Herd nun kalt und leer zu sehen.
    Mit drei Schritten war sie dort und legte ihre Hände an den Rand des Beckens, so als wollte sie es hochheben. Am äußeren Rand befanden sich zwölf flache Mulden. Sechs davon enthielten Steine.
    Die Wachen wandten sich ihr zu, um jede ihrer Bewegungen zu beobachten, für den Fall, dass sie versuchen sollte, sich mit den Steinen davonzumachen. Alle anderen Vestalinnen hatten Pontifex die Positionen ihrer Steine enthüllt, doch bisher waren nur sechs gefunden worden. Die anderen sechs waren noch immer draußen in Freiheit – und genau die suchte sie in der Erdenwelt. Ihr eigener Stein und der von Michaela befanden sich darunter. Wenn sie die Steine zu Pontifex brachte, würde Vestas Feuer wieder hell brennen. Doch dann befände sich das Feuer der Göttin in seinem Besitz, und er würde es für irgendwelche bösen Zwecke nutzen. Das würde Silvia nicht zulassen.
    Sie schloss die Augen und sperrte damit den widerwärtigen Schrecken, der sie umgab, aus. Leise rezitierte sie eine Danksagung an ihre Göttin. Mit jedem Wort, das sie aussprach, wurde die übernatürliche Wärme in ihren Händen stärker, bis die Luft über dem Becken zu flirren begann. Urplötzlich stieg eine Flamme in der Mitte des Beckens auf und jagte die Wachen auseinander.
    Sie hob den Kopf, inhalierte mit tiefen Atemzügen die aufsteigenden Nebelstreifen der Magie und genoss die Erneuerung ihrer Unsterblichkeit. Geistwandlerinnen wurden nur durch Vestas Feuer, das sie und die elf anderen in ihren Händen beherbergten, am Leben erhalten. Doch ihr Feuer – und damit ihr Leben – musste regelmäßig durch den Kontakt mit den Überresten dieses Feuers erneuert werden, das nach der Zerstörung des Tempels aus dem alten Rom hierhergebracht worden war.
    Nach Abschluss des Erneuerungsrituals öffnete Silvia die Augen und trat einen Schritt zurück. Das Feuer in dem goldenen Becken schwand und erlosch dann ganz.
    Irgendwo hinter ihr sprach Pontifex: »Götter, du bist nie schöner, als wenn du das tust.« Seine Stimme klang lüstern. »In diesen Augenblicken will ich in dir kommen. Ich will mich in dein heißes Fleisch versenken und nie wieder damit aufhören.«
    Heftige Abscheu erfüllte

Weitere Kostenlose Bücher