Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)
verrückten, übergroßen Bienenstock. Wenn sie nicht vorsichtig war, würden hier zwei weitere Türen gebaut werden, und sie und Michaela würden sich dort gegen ihren Willen wiederfinden, zusammen mit der lieben Licinia, Floronia und so vielen anderen. Besonders großen Kummer empfand sie über die Einkerkerung der liebenswerten, einfachen Aemilia, die doch immer so sehr versucht hatte, jeden zufriedenzustellen. Aemilia würde nie verstehen, warum sie auf derartige Weise misshandelt wurde; wahrscheinlich glaubte sie tatsächlich, sie habe etwas falsch gemacht.
»Hat Satyr deinen Stein gefunden?«, fragte Pontifex aufgeregt.
Sie richtete den Blick wieder auf ihn – wie sehr sie ihn hasste! »Nur diese Tonscherbe bisher. Aber heute Nacht habe ich ihm den Weg zum Haus und zum Tempel gezeigt. Er wird bald beginnen, dort zu graben.«
»Bald?« Pontifex’ Miene verfinsterte sich, und Silvia fühlte die Furcht der Anwesenden. »Wie lange wird es dauern?«
Sie zuckte wieder mit den Schultern. »Einen Monat oder auch mehr, vermute ich.«
»Zu lange!«, brüllte er und schlug mit der Faust auf die Armlehne seines Throns.
Auf sein Gebrüll hin duckten sich die jungen Laren zu beiden Seiten des Throns. Silvia wollte so gern zu ihnen gehen, sie in die Arme nehmen und trösten. Doch wenn sie das tat, würde er ihnen Schmerzen zufügen, um Silvia damit zu verletzen. Der Tag würde kommen, an dem sie sie alle befreien würde, aber noch nicht heute.
Auch Occia saß Pontifex zu Füßen, den Blick hungrig auf seinen monströsen Schwanz gerichtet. Silvia war wütend, dass sie den Laren keinen Trost schenkte, obwohl das doch so leicht für sie gewesen wäre, und fuhr Occia deshalb an: »Wie kannst du nur einfach so dabeisitzen?«
Occia blinzelte. »Weil ich ihn liebe. Etwas, das du noch nie verstanden hast, Jungfrau .«
Pontifex tauchte seine Finger in ein kleines Schälchen mit Öl, das er in der Nähe stehen hatte, und fing an, seine Männlichkeit mit einer Hand zu reiben. »Es wird schmerzhaft«, knurrte er wütend über die schmatzenden Laute seiner Bemühungen hinweg, als sei das Occias Schuld.
Fellatio konnte anstrengend werden, und wie es schien, hatten auch die Fähigkeiten von Occia Grenzen. Mit einem Fingerschnippen rief sie eine der Laren und deutete auf Pontifex’ Schoß. Doch der hielt die neue Liebesdienerin zurück und neigte sich stattdessen Silvia zu, und in seinen Augen blitzte es teuflisch auf.
»Warum machst du von diesen deinen heißen und geschickten Lippen nicht besseren Gebrauch … Nichte? « Er lächelte, und seine Stimme klang plötzlich seidenweich und hypnotisch. Es war einmal die Stimme einer Sirene gewesen, und Pontifex hatte sie ermordet und ihre Stimme gestohlen. Schon so viele waren durch ihren Klang in sein entsetzliches Netz gelockt worden. Über den Graben hinweg materialisierte sich eine Brücke, und er winkte ihr mit einem Finger, zu seinem Thron zu kommen. »Komm, Silvia, setze dich auf den Schoß deines Onkels.«
Allein bei dem Gedanken bekam Silvia eine Gänsehaut. Und bei der Erinnerung an ihre Blutsbande. Sie hielt sich die Ohren zu, um die Magie in seiner Stimme auszusperren, doch es half nicht. Ablehnende Worte formten sich in ihrem Mund, aber sie schaffte es nicht, sie auszusprechen, solange seine Stimme in ihren Kopf drang. Er konnte sie sich immer noch gefügig machen, so wie er es zuvor schon mit so vielen anderen getan hatte. Der Gedanke erschreckte sie.
Occias braune Augen wurden schmal, und sie warf Silvia einen Blick voller Abscheu zu, als sie protestierte: »Du kannst doch nicht sie wollen. Sie ist makelbehaftet!« Damit deutete sie auf die Narbe, die Silvias Wange verunstaltete. »Lass es mich noch einmal versuchen«, flehte sie begierig. »Ich habe einen neuen Trank von einem der Apotheker erstanden, der in den Künsten der Liebestränke bewandert ist.« Doch Pontifex schleuderte sie mit einem Faustschlag von sich, sie landete direkt am Rande des Grabens, und die Spitzen ihres langen braunen Haares gerieten in die Säureflüssigkeit und wurden abgefressen.
»Komm her, Silvia«, wiederholte er. Er beugte sich noch weiter vor, das Löwenfell teilte sich und enthüllte seinen nackten Brustkorb. Ein einzelner großer Anhänger in Form eines Ringes war durch seinen linken Brustmuskel gestochen, direkt über der Brustwarze. An dem Ring hingen neun kleine Schlüssel, welche die Türen in der Wand öffnen konnten – die anderen befreien konnten! Wenn sie nur nahe
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