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Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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Zügel und ritt weiter, mit grimmig entschlossener Miene.
    Als sie ihn vorhin auf der Straße gesehen hatte, war zuerst Freude in ihr aufgestiegen. Die Art überschäumender innerer Leichtigkeit, die eine Frau in der Gesellschaft des Mannes fühlt, den sie liebt. Eine Freude, die sie mit ihrem Wirt teilte – denn heute Nacht würden all ihre Emotionen eine berauschende Mischung aus Michaelas Gefühlen und ihren eigenen sein. Beide fühlten sie sich von ihm angezogen, aber er gehörte nur zu einer von ihnen. Zu Michaela, einer Frau, die nicht mehr ganz am Leben und noch nicht ganz tot war.
    Dennoch verspürte Silvia eine ungetrübte Vorfreude auf die kommenden Stunden, gemischt mit einem Anflug von Skepsis. Nachdem sie jahrhundertelang all ihre Sinne eingesetzt hatte, um ihre Jungfräulichkeit zu schützen, würde sie sie heute Nacht bereitwillig verlieren – zumindest im Geiste, wenn schon nicht in Wirklichkeit.
    Michaelas Körper hatte schon viele Männer gekannt, und es war ihr Körper, den ihrer beider Liebster unter dem Vollmond vögeln würde. Denn obwohl Silvia sich mit ihm vereinigen würde, konnte sie die Nacht dennoch gewissermaßen ungestraft genießen. Dieser Körper gehörte nicht wirklich ihr, und wenn sie letztendlich wieder ihre eigene Gestalt annahm, wäre ihre Jungfräulichkeit immer noch intakt.
    Michaela missgönnte es ihr nicht, dass sie ihren Liebsten nun mit Silvia teilen musste, sie schien sogar froh darüber zu sein. Sie hatte Silvia schon lange geraten, ihre Keuschheitsgelübde nicht so streng auszulegen, mit dem Argument, dass im Körper eines Wirtes Sex keinen Verrat dieser Gelübde darstellte. Doch Silvia hatte immer eine andere Meinung dazu vertreten und war über die Jahrhunderte hinweg standhaft geblieben. Doch heute Nacht würde sie das tun, wozu Michaela sie so lange gedrängt hatte. Zum ersten Mal in ihrem Leben würde sie mit einem Mann schlafen.
    Als sie am Palazzo Nuovo vorbeikamen, begann es leicht zu nieseln, und Bastian schirmte sie mit seinem Körper, so gut er konnte, vor dem Regen ab. Ausgeprägter Beschützerinstinkt, wie Michaela gesagt hatte. Seine Fürsorge rührte Silvias Herz.
    Einige Häuserblocks weiter hatten sie ihr Ziel erreicht: den Salone di Passione . Das dreistöckige Gebäude barst förmlich vor Anderweltmagie. Entlang seiner Fassade wechselten sich Fensterrahmen und korinthische, mit eingemeißelten Olivenzweigen gekrönte Säulen ab. Hinter den Fenstern flackerten Gaslampen, und die Regentropfen, die auf das Fensterglas trafen, splitterten ihr Licht in Hunderte winziger Juwelen auf. Der Salon war nur für einen erlesenen Teil der Anderweltbewohner bestimmt und so mit Zaubern belegt, dass ein Uneingeweihter weder das Gebäude selbst noch das Kommen und Gehen dort sehen konnte. Für Menschen war es nicht vorhanden und erschien einfach nur wie undurchdringliches Dickicht. Doch für die Geschöpfe der Anderwelt war es ein Paradies der sinnlichen Genüsse.
    Zwei riesige Greife aus Stein beobachteten sie, als sie von den Pferden stiegen und ihre Tiere an Betreuer am Fuß der Fronttreppe übergaben. Die Pferde waren ängstlich und scheuten vor den Brüdern zurück. Irgendwo auf einer tieferen Ebene ihrer Sinne spürten sie instinktiv, dass diese Männer heute Nacht zu etwas Animalischem wurden.
    Als sie zusammen die Treppe hinaufstiegen, trat Sevin neben Silvia und bemerkte: »Bastian ist betrunken. Weißt du, wie es dazu gekommen ist?«
    »Eine verunreinigte Karaffe in seinem Arbeitszimmer«, antwortete sie.
    »Wie viel hat er davon getrunken?«, fragte Lucien hinter ihnen.
    »Ich weiß nicht.«
    »Bei den Höllen, es spielt auch keine Rolle. Ein einziger verdammter Tropfen reicht, und er ist betrunken«, sagte Sevin.
    »Ich bin betrunken, aber nicht taub«, sagte Bastian trocken, als sie die Tür erreichten. »Jemand hat mir heimlich Sangiovese in meine Karaffe gekippt.«
    »Wer?«, fragte alle drei gleichzeitig.
    »Keine Ahnung. Es waren nur ein paar Tropfen, den Göttern sei Dank. Aber ich spüre noch immer die Auswirkungen.« Er ließ den Blick über Silvia gleiten.
    An der Schwelle des Salons hielt Sevin sie zurück, und seine Worte machten ihr klar, dass er sie für Michaela hielt. »Diese Rufnacht wird ihn härter treffen, als du je gesehen hast«, warnte er sie sotto voce . »Wenn du fliehen willst, dann tu es jetzt. Wenn alles begonnen hat, wird es zu spät dafür sein.«
    Ihre Augen weiteten sich. Fliehen?
    Bastian drehte sich im Türrahmen um und

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