Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)
in seiner Nähe haben. Er löste sich von ihr und setzte sich auf, um seine Hose wieder anzuziehen.
Ich liebe dich . Die Worte lagen Silvia auf der Zunge, als sie zusah, wie er sich anzog, aber sie weigerten sich, über ihre Lippen zu kommen. Denn sobald sie sie aussprach, wäre Michaelas letzter Wunsch erfüllt. Dann gäbe es keinen Grund mehr für sie, am Leben zu bleiben. Und an diesem Morgen fühlte Silvia, dass Michaela bei ihm bleiben und die Zeit mit ihm genießen wollte, so viele Tage, wie es ihr noch möglich war. Also konnten die Worte noch eine Weile warten – zumindest so lange, bis er sie unwissentlich zu den Feuersteinen führte.
»Ich möchte, dass du hier ausziehst«, erklärte Bastian, während er in einen seiner Stiefel schlüpfte. »Dass du bei mir auf dem Esquilin lebst. Lass Sevin dieses Quartier für jemand anderen nutzen.«
Ihr Herz machte einen Sprung. Ihre Blicke begegneten sich. So vieles zwischen ihnen war noch unausgesprochen. Sie war in der Oper aufgetreten, hatte als Böttcher Fässer hergestellt, hatte Schlösser geknackt. Und nun schien es, als sei sie im Begriff, ihrem stetig wachsenden Repertoire an Berufen einen weiteren hinzuzufügen. Geliebte. Und zwar nicht nur Geliebte irgendeines Mannes, sondern die von Herrn Bastian Satyr. Und das konnte sie einfach nicht bedauern.
»Ja«, antwortete sie. »Ja.«
Drei Wochen später steuerte Bastians Kutsche ächzend und schwankend den Weg vom Esquilin hinab auf das Forum zu, und die teuren Ledersitze knarrten unter den drei Passagieren.
»Wir sind spät dran. Kann Luc nicht schneller fahren?«, fragte Bastian ungeduldig.
Sevin warf Silvia einen amüsierten Blick zu, bevor er antwortete: »Du bist doch derjenige, der uns aufgehalten hat, Bruder.« Silvia erwiderte sein Lächeln unbekümmert, denn ihre Beziehung zu Bastians Brüdern war wieder zu der Freundschaft geworden, die schon vor dem letzten Vollmond bestanden hatte, und niemand hatte je erwähnt, was in jener dekadenten Nacht zwischen ihnen vorgegangen war. Offenbar war allen Brüdern klar, dass sie zu Bastian gehörte, und keiner von ihnen würde sich ungefragt einmischen.
Sie und Bastian hatten den heutigen Morgen im Bett verbracht, wie Sevin zweifellos gespürt hatte. Es war ein entspannter Liebesakt bei Sonnenaufgang gewesen, dann Geplauder, ein leichtes Frühstück und wieder Liebesspiel. Sie war gierig gewesen und war daher für die Verspätung verantwortlich, aber sie hatte so unbedingt seine Hände ein letztes Mal auf ihrem Körper spüren wollen. Denn am Ende des heutigen Tages würde sie aus seinem Leben verschwunden sein.
Sie befanden sich auf dem Weg zur offiziellen feierlichen Eröffnung des Tempelkomplexes der Vesta, den Bastian ausgegraben hatte. Würdenträger würden zugegen sein, und jede Menge Schaulustige. Dort würde sie einen geeigneten Augenblick finden, um heimlich zu entschlüpfen, die Statue der Vesta zu untersuchen und die Steine in ihren Besitz zu bringen.
Verstohlen musterte sie ihren Geliebten, prägte ihn sich ein. Seine maßgeschneiderte Kleidung war prachtvoll, und der dunkle Stoff seines feinen Mantels betonte seine breiten Schultern. Sein kurzgeschnittenes, kohlschwarzes Haar war perfekt frisiert und umrahmte seine kräftigen, männlich schönen Züge. Die Liebe, die sie für ihn fühlte, erfüllte sie, und ihr wurde das Herz schwer. Sie wandte den Blick ab und starrte aus dem Fenster der Kutsche auf die vorbeiziehende Landschaft.
Drei Wochen waren ihr wie eine unendlich lange Zeitspanne vorgekommen, doch die Stunden waren viel zu schnell verflogen, und jetzt war der schreckliche Tag gekommen, da sie ihn verlassen musste. Oh, irgendwann würde sie noch einmal zurückkommen, um den Feuerstein an sich zu bringen, den er besaß. Sie hatte sein Haus von oben bis unten danach durchstöbert, doch ohne Erfolg. Aber wenn sie das nächste Mal wieder herkam, würde er es nicht wissen. In jener Nacht in Monti war er nicht wirklich in der Lage gewesen, sie in ihrer Geistwandlergestalt zu sehen. Daraus folgte, dass sie in dieser Form ohne Gefahr zurückkommen konnte, um ihn zu beobachten, bis er sie schließlich zu dem Stein führte.
Sachte drückte sie die Handtasche auf ihrem Schoß, getröstet von dem Gefühl, darin Aemilias Feuerstein zu wissen. Er hatte sich, wie sie vermutet hatte, unter Michaelas Habseligkeiten befunden, verborgen in ihrem Schmuckkästchen. Einen gefunden, noch fünf übrig.
Überwältigt von dem Drang, Bastian anzusehen,
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