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Das Herz des Südens

Das Herz des Südens

Titel: Das Herz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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drinnen. Aber sie hatte andere Läden gesehen, und inzwischen wusste sie, dass sie dankbar sein musste, einen Bretterboden zu haben – und einen Abzug, der funktionierte. Josie rieb die Hände aneinander und trank eine Tasse heißen Kaffee. Louella stand schon der Schweiß auf der Stirn, und es würde nicht lange dauern, dann würde auch Josie dankbar für jeden frischen Luftzug sein, der unter der Tür hindurch hereinblies.
    Die frühmorgendlichen Kunden bevorzugten Fruchtpasteten, also machte Josie sich daran, Äpfel zu schälen. Die Mittagsgäste kauften hauptsächlich Fleischpasteten, deshalb garten sie zwei Schweineschinken an einem Spieß über dem Feuer.
    Josie und Louella hatten eine wirkungsvolle Routine entwickelt. Morgens blieb Josie etwas länger in ihrem gemeinsamen gemieteten Zimmer, um die Einnahmen des vorigen Tages zu zählen und bei Kerzenlicht die Buchführung zu machen. In der Zwischenzeit ging Louella allein durch die finsteren Straßen zur Küche und brachte den Backofen und die Feuerstelle in Gang. Sie rollte die dicken Böden aus und legte die kleinen Formen mit Teig aus. Wenn Josie kam, bereitete sie die Fruchtmischung mit Zucker, Salz, Zimt und Butter vor, füllte die Formen, legte eine dünn ausgerollte Teigplatte darauf und verzierte das Ganze mit einem Stückchen Teig in Form eines Apfels. Bis der Duft der heißen Apfelpasteten den kleinen Laden erfüllte, standen schon die ersten Kunden vor dem Fenster.
    Die Männer, die am Deich arbeiteten, hatten nicht lange gebraucht, um Josies Laden zu entdecken. Die Ersten erzählten ihren Freunden, dass man dort eine Tasse heißen Kaffee und eine Pastete bekommen konnte, zum Mitnehmen in Papier gewickelt und zu einem vernünftigen Preis. Und sie erzählten auch, dass es die besten Pasteten waren, die man an diesem Flussabschnitt bekommen konnte. Die Kunden bezahlten in verschiedenen Währungen, und Josie lernte schnell, in englischen Shillings und Pence ebenso herauszugeben wie in amerikanischen Half-Dimes und Bungtown Coppers oder spanischen Reales, Fips, Medios und Pistareens.
    Und es dauerte nicht lange, dann warf das Geschäft Gewinn ab. Sie und Louella backten bis zur Mitte des Nachmittags so viele Pasteten, wie sie konnten, sowohl mit Fruchtfüllung als auch mit Fleisch. Dann ließen sie das Feuer ausgehen. Louella nahm die Pasteten, die sie noch nicht verkauft hatten, mit auf den Platz und verkaufte sie an die Passanten. Josie blieb in der Küche und schrubbte die Tische, die Roste, den Boden. Sie überprüfte die Vorräte für den nächsten Tag und kaufte Mehl, Speck, Obst, Zwiebeln, Knoblauch und Fleisch ein. In der Rue Boucher hatte sie inzwischen die Läden mit den besten Preisen für Schweine- und Rindfleisch ausfindig gemacht. Aber es war eine ausgesprochen unappetitliche Gegend, und sie versuchte, ihre Einkäufe so zu organisieren, dass sie das rohe und manchmal verwesende Fleisch nur zwei bis drei Mal pro Woche riechen musste.
    Josie wollte vor Sonnenuntergang zurück in ihrer Pension sein, und zu dieser Jahreszeit wurde es früh dunkel. Natürlich war die Gegend, in der die Pension lag, sicherer als die Umgebung der Küche, aber nach Einbruch der Dunkelheit war es nicht gut, noch auf der Straße herumzulaufen. Außerdem war es kalt, sie war müde, und die Füße taten ihr weh. Die Kristallvasen, verzierten Lampen und Samtpolster, die sie von Toulouse kannte, fehlten ihr nicht, sie brauchte nur einen Platz zum Schlafen für Louella und sich sowie einen Tisch und Stuhl, um die Buchführung machen zu können. Wenn es Abend wurde, waren sie ohnehin beide vollkommen erschöpft. Sie fielen in die Betten und kümmerten sich nicht um nackte Wände und spärliche Möblierung.
    Als Josie in die Rue Boucher einbog, blies ihr der Wind vom Fluss scharf ins Gesicht. Sie zog den Wollschal dichter um ihren Hals, und weil sie wegen des grässlichen Schmutzes auf der Straße auf ihre Füße achtete, stieß sie beinahe mit einer anderen jungen Frau zusammen, die ein dick eingepacktes Baby trug.
    »Entschuldigung«, sagte Josie, und im selben Moment blickte sie in Cleos erstauntes Gesicht.
    Eine Mischung aus Überraschung, Zuneigung, Misstrauen, Zorn und Schuldgefühl zeigte sich auf beiden Gesichtern.
    Keine sprach ein Wort; sie versuchten nur, die Gefühle der anderen einzuschätzen und mit der verrückten Tatsache fertig zu werden, dass sie sich hier getroffen hatten, in einer Hintergasse der großen Stadt New Orleans.
    Josie blickte auf das

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