Das Herz des Südens
freundlichen Worte von heftigem Hufschlag übertönt wurden. Ein Pferd mit Schaum an den Flanken kam auf der Lichtung zum Stehen. Der Reiter sprang ab und rannte auf sie zu. »Master Johnston!«, rief er schon im Näherkommen.
Albany ging dem Mann entgegen und zog ihn ein paar Schritte von den Damen weg. Josie beobachtete ihn neugierig, vor allem, nachdem Albany ihr noch einen alarmierten Blick zugeworfen hatte und den Mann noch weiter wegführte.
»Entschuldigen Sie mich, meine Damen«, sagte Albany, als er zu ihnen zurückkam. »Aber wir müssen unser Picknick auf einen anderen Tag verschieben.«
»Was ist denn los, Albany?«, fragte seine Schwester ungehalten. »Wir sind doch gerade erst angekommen.«
»Was ist passiert?«, fragte nun auch Josie.
»Kein Grund zur Sorge.«
Aber Josie glaubte ihm kein Wort. »Bitte, Mr Johnston, haben Sie Nachricht von Toulouse?«
»Nein, wirklich, es gibt keinen Grund zur Sorge. Es ist nur so: Die Sklaven haben bemerkt, dass der Wasserspiegel im Fluss erheblich gefallen ist, und das kann bedeuten, dass irgendwo flussaufwärts ein Deich nachgegeben hat. Aber das könnte ebenso gut auch fünfzig oder hundert Meilen von hier passiert sein.«
Abigail griff nach seinem Arm. »Ein Deichbruch? Werden wir überschwemmt?«
»Ich sage dir doch, Abigail, es gibt absolut keinen Grund zur Sorge. Aber es wäre wohl klüger, nach Hause zurückzukehren, bis wir wissen, wo der Deichbruch stattgefunden hat und wie weit das Wasser kommt.«
Albany ließ sie wieder aufsitzen und begleitete sie bis zu den Ställen. Charles blieb auf dem Picknickplatz zurück, um alles wieder einzupacken, aber Josie sah, wie er seine Leute zur Eile antrieb. Sie hatte keine Ahnung, auf welcher Seite des Flusses der Deich nachgegeben hatte. Wenn es auf dieser Seite war, wäre Toulouse überhaupt nicht davon betroffen.
Sobald sie abgestiegen waren, wollte Josie zum Anleger laufen und auf ein Flussschiff warten, um Nachricht zu bekommen. Aber Mrs Johnston und Abigail befürchteten – vollkommen grundlos, wie sie fand –, der Fluss könnte plötzlich wieder anschwellen und sie vom Anleger reißen, und sie bestanden darauf, dass auch sie im Haus blieb.
So beugte sie sich über das Geländer der Veranda, obwohl sie dort der prallen Nachmittagssonne ausgesetzt war. Sie verschwendete keinen Gedanken mehr an ihre Haut oder an die Hitze, sondern hielt nach einem Schiff Ausschau.
Aber bevor wieder ein Schiff zu sehen war, kamen schon Albany, Bertrand und Mr Johnston mit Neuigkeiten ins Haus. Sie waren auf dem Deich Richtung Norden geritten, um nach der Stelle des Deichbruchs zu suchen. Tatsächlich war der Deich eine halbe Meile nördlich vom Haus der Tassins gebrochen, berichteten sie, also am nördlichen Ende der Toulouse-Plantage.
Mrs Johnston zitterte wie Espenlaub. »O Gott!«, rief sie aus.
»Also wirklich, Mary Ann«, erwiderte ihr Mann streng und führte sie zu einem Sessel, wo er sie zwang, sich zu setzen. »Die Überschwemmung liegt auf der anderen Seite des Flusses, das heißt, wir sind hier vollkommen in Sicherheit, und jetzt möchte ich wirklich, dass du dich beruhigst. Charles, bring Mrs Johnston einen Sherry.«
Josie war leichenblass geworden und stand ganz still da. Bertrand führte sie zu dem Satinsofa am anderen Ende des Zimmers und setzte sich neben sie.
»Hör zu, Liebes«, sagte er. »Toulouse ist überschwemmt, aber der Deichbruch befindet sich weit genug oberhalb des Hauses, sodass die Strömung schon nicht mehr so stark war, als sie das Haus erreichte. Und das Haus steht tatsächlich noch, das konnte ich von unserer Seite des Flusses aus deutlich erkennen.«
»Ich muss nach Hause!«
»Auf keinen Fall, Josephine. Du kannst jetzt nicht nach Hause. In ein paar Tagen vielleicht …«
»Aber ich muss doch wissen, ob sie gesund sind!« Sie klammerte sich an Bertrands Ärmel. »Papa – und Bibi und Cleo. Und natürlich Grand-mère.«
Bertrand dachte einen Augenblick nach. »Kannst du nach deinem Sturz schon wieder reiten?«
»Aber selbstverständlich kann ich reiten! Wir könnten ein Stück flussaufwärts ein Boot nehmen und auf die andere Seite übersetzen.«
Albany trat zu ihnen. »Das kommt überhaupt nicht infrage. Sie können jetzt auf keinen Fall auf die andere Seite!«
Josie sah Bertrand flehend an. Er würde Albany widersprechen, oder nicht? Schließlich gehörte er zur Familie, er musste sie doch verstehen.
Aber Bertrand schüttelte bedauernd den Kopf. »Johnston hat leider
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