Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz des Südens

Das Herz des Südens

Titel: Das Herz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
Vom Netzwerk:
konnte.
    Eine junge Frau mit einem Baby auf der Hüfte öffnete die Tür.
    »Das ist meine Schwester Eulalie«, sagte Phanor. »Lalie, das ist Cleo.«
    »Bonjour, Cleo. Deine Maman wartet schon auf dich.«
    Im Haus lag Maman auf dem Rücken. Sie hatte Stroh in den Haaren, und ihr Kleid war zerknautscht und zerrissen. Sie drehte den Kopf nicht, als Cleo und Phanor hereinkamen, folgte aber jeder Bewegung ihrer Tochter mit den Augen.
    Cleo wurde blass, als sie die riesigen Augen ihrer Mutter sah. Sie kniete sich neben sie und strich ihr über das verfilzte Haar. »Maman, ich bin’s.« Sie nahm die heiße, trockene Hand ihrer Mutter. Wenn sie nur kein Fieber hatte!
    »Maman, wo bist du verletzt?«
    Bibi flüsterte und kämpfte um jeden Atemzug.
    »Thibault?«
    »Thibault ist in Sicherheit, Maman, er hat nicht mal einen Kratzer abbekommen.« Sie wollte das Laken wegziehen, um zu sehen, wo ihre Mutter verletzt war, aber Bibi hielt sie auf.
    »Emile?« Ihr Brustkorb hob sich mühsam. Als Cleo zögerte, wurden ihre Augen noch dunkler.
    »Wahrscheinlich sitzt er bei Monsieur Cherleu auf der Veranda und trinkt einen Whiskey auf den Schreck, Maman.«
    »Er …« Bibi kämpfte um jedes Wort. »Hat … Thibault gerettet.«
    »Ich weiß, Maman. Ellbogen-John wird ihn finden. Er kann doch gut schwimmen, das weißt du doch.«
    Bibi öffnete den Mund weit, um Luft zu holen, und Cleo konnte sehen, dass ihre Zähne blutig waren. O Gott, sie musste irgendwelche inneren Verletzungen haben.
    »Pass gut auf … Thibault.«
    »Aber sicher, Maman, ich sorge für Thibault. Lass mich sehen, wo du …«
    »Und Josie …«
    »Du meinst, ich soll für Josie sorgen?« Cleo versuchte, in Bibis Augen zu lesen.
    »Du … stärker.«
    »Ist gut, Maman, ich werde mich um Josie kümmern. Aber du darfst jetzt nicht mehr so viel reden. Versuch einfach zu atmen. Ich nehme dich mit nach Hause, und Madame Emmeline holt den Doktor.«
    Bibi schüttelte kurz den Kopf und schloss die Augen.
    »Könnten Sie vielleicht ein Fenster öffnen?«, bat Cleo Eulalie. Die Mücken konnten auch nicht schlimmer sein als die verräucherte Luft hier im Haus.
    Als der Fensterladen offen war, kam Sonnenlicht herein und fiel auf die Pritsche, auf der Bibi lag. Cleo sah jetzt erst richtig, wie blass ihre Mutter war. Jetzt durfte sie auch das Laken zurückschlagen.
    Auf dem Kleid war kein Blut zu sehen. Cleo öffnete die obersten Knöpfe und fand einen riesigen Bluterguss auf dem Brustbein. Die Farbe – schwarz und dunkelviolett – konnte die Vertiefung nicht verbergen, die man im Brustbein sah. Es war vollkommen nach innen gedrückt. Kein Wunder, dass Bibi keine Luft bekam.
    »Ein Baumstamm …«
    Cleo begann zu weinen, aber Bibi suchte ihre Hand und drückte sie ein wenig.
    »Dein Vater … hat dich geliebt«, sagte sie. »Und mich.«
    »Ich weiß, Maman. Nicht sprechen.«
    Niemals würde Bibi den Transport nach Hause überstehen. Es würde keinen Doktor geben und auch keinen Sonnenaufgang, das wusste Cleo mit grausiger Sicherheit.
    Maman schloss die Augen. Cleo griff nach ihrer Hand. Es dauerte Stunden, und das Sonnenlicht zog sich vom Fenster zurück, aber Cleo konnte nicht aufhören zu reden, konnte die Hand ihrer Mutter nicht loslassen. Solange sie redete, würde Maman nicht gehen.
    Sie erinnerte ihre Mutter an all die glücklichen Zeiten, an die sie selbst sich erinnerte. Wie Maman ihr und Josie im Sommer geholfen hatte, Ketten aus Gänseblümchen zu machen; wie sie sie einmal an Madame Celines Rougetiegel erwischt hatte und ihnen beiden den Hintern versohlt hatte. Danach hatte sie aufgeräumt und sauber gemacht und ihnen beiden einen Kuss gegeben, bevor Maman heimkam. Wie Monsieur immer noch gekommen war, um Cleo und Thibault ein besonderes Weihnachtsgeschenk zu bringen, spät am Abend, wenn alle anderen im Bett waren.
    Cleo merkte, wie sie versuchte, im gleichen Rhythmus zu atmen wie das schmerzliche Keuchen an ihrer Seite. Ein dünnes rotes Rinnsal lief ihrer Mutter aus dem Mund. Cleo konnte den Gedanken an einen Blutfleck auf ihrem Kleid nicht ertragen und tupfte das Rinnsal mit ihrem Taschentuch immer wieder ab.
    Sie lieh sich von Eulalie einen Rosenkranz aus und half Maman, die Perlen durch die Finger gleiten zu lassen. Wie lange konnte ein Mensch so atmen? Lieber Gott, hilf ihr doch! Jeder Atemzug schien noch schwieriger, noch verzweifelter zu klingen. Maman, Maman, wie kann ich dich gehen lassen?
    Als die letzten Sonnenstrahlen die Schatten durchdrangen, machte

Weitere Kostenlose Bücher