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Das Herz des Wolfes (German Edition)

Das Herz des Wolfes (German Edition)

Titel: Das Herz des Wolfes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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zusammengepresst, dass alles Blut aus ihnen gewichen war. »Wie sind sie angeordnet?«
    Sie sah ihm an, dass er gegen den Impuls ankämpfte, ihr die Einzelheiten ersparen zu wollen. Schließlich sagte er: »Er legt die Leber auf zwölf Uhr, die Milz auf sechs und die Gallenblase und die Bauchspeicheldrüse auf drei beziehungsweise neun Uhr.«
    »Die vier Richtungen«, sagte sie.
    »Wie bitte?«, fragte er bestürzt. Obwohl sie den Blick immer noch auf ihn gerichtet hatte, glaubte er nicht, dass sie ihn wirklich sah.
    »Sieben Götter. Sieben. Vier. Zwei.« Sie fragte: »Wohin legt er die beiden Nieren?«
    Sein Gesicht nahm einen aufmerksamen Ausdruck an. »Zu beiden Seiten der Leber, am oberen Rand des Kreises.«
    »Ich kenne dieses Muster«, sagte Alice. »Das benutze ich ständig.«
    Er starrte sie an und packte ihre Schultern fester. Dann ließ er sie los und trat einen Schritt zurück. »Zeig es mir.«
    Vor sich hinmurmelnd, eilte sie aus der Küche, und Gideon folgte ihr. Sie ging durch den kleinen Flur und schaltete das Licht im vorderen Schlafzimmer ein, in dem sie einen Arbeitsplatz eingerichtet hatte. An einer Wand stand ein Computertisch mit einem Stuhl, an einer anderen eine Couch, die sich zu einem Futon-Bett ausklappen ließ. Ebenso wie Haley hatte Alice Schachteln mit Deko-Artikeln für das Fest der Maske hervorgeholt. Sie standen mitten im Zimmer auf dem Fußboden. Alice kniete sich vor eine der Schachteln und kramte darin herum.
    »Es ist ein albernes Hobby von mir«, sagte sie über die Schulter zu ihm. »Eigentlich weiß ich nicht viel darüber. Es ist nur eine Spielerei, nicht wie bei manchen anderen. Zur Wintersonnwende veranstalten wir jedes Jahr einen Ball der Maske, um Spenden für die Schule zu sammeln. Ich betätige mich dabei als Kartenleserin – natürlich benutze ich das Primär-Tarot, keinen der europäischen Kartensätze. Die kamen erst später, etwa im fünfzehnten Jahrhundert, glaube ich. Das Primär-Tarot ist viel, viel älter. Ich kenne nur ein halbes Dutzend der am häufigsten benutzten Legesysteme.«
    Während er ihrer Erklärung lauschte, rieb er sich den Nacken. »Du sprichst von Wahrsagerei?«
    Als sie wieder aus der Pappschachtel auftauchte, hielt sie ein kleineres, handbemaltes Kästchen aus Holz in der Hand. Ihre Wangen waren gerötet. »Eigentlich wurde es früher für Prophezeiungen benutzt und galt als ernsthafte religiöse Angelegenheit. Wenn man es andächtig ausführte, sollte es den Göttern ermöglichen, zu uns zu sprechen«, erklärte sie. »Erst im neunzehnten Jahrhundert wurde es immer mehr zur Wahrsagerei, wie man sie auf Jahrmärkten findet. Ich besitze nicht die magische Energie, die für wahre Prophezeiungen nötig ist, und ich praktiziere es auch nicht als Religion. Ich liefere nur eine Show ab – wie auf dem Jahrmarkt. Für eine Viertelstunde Kartenlesen bekomme ich fünfundzwanzig Mäuse. In der Schule ist es sehr beliebt. Normalerweise habe ich am Ende des Tages mehrere Hundert Dollar eingenommen.«
    »Okay«, sagte er und ging vor ihr in die Hocke. »Warum zeigst du mir nicht, wovon du sprichst?«
    Mit überkreuzten Beinen saß sie auf dem Teppich, öffnete das Kästchen und holte einen alten Satz Karten heraus. Gideon setzte sich ihr gegenüber auf den Boden und griff nach dem Kästchen, das sie beiseitegelegt hatte. Es bestand aus Zedernholz, und in seinen Händen spürte er das angenehme Klimpern einer schwachen magischen Energie, einer alten Magie, die das alte Holz durchdrungen hatte. Er betrachtete das Bild auf der Oberseite des Kästchens. Es war in Weiß, Königsblau und Gold gehalten, mit schwarzen Umrissen und einem kleinen Farbtupfer in Blutrot. Früher mussten die Farben geleuchtet haben, doch mit der Zeit waren sie verblasst. Das Bild stellte ein stilisiertes Gesicht dar, eine Hälfte war männlich, die andere weiblich.
    »Das ist Taliesin, oder?«, fragte er. Er war nicht besonders religiös, aber so viel wusste er trotzdem noch. Für die Alten Völker waren die sieben Primärmächte die Pfeiler, auf denen das Universum ruhte. Für jede Macht gab es eine Maske, die ihre Persönlichkeit repräsentierte. Taliesin, männlich und weiblich zugleich, war der Erste unter den Göttern der Alten Völker, die höchste Macht, vor der sich alle anderen verneigten.
    »Ja«, sagte Alice. »Ist das nicht herrlich? Das ganze Kartenspiel ist handbemalt. Ich habe es vor zirka zwölf Jahren in einem Antiquitätengeschäft gefunden.« Sie berührte den Rand

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