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Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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buntgestreiftem Webstoff festgeschnallt. Vom Besitzer war jedoch keine Spur zu sehen.
    Emma öffnete die Haustür. Sie stellte fest, dass das Kamel, das sie am Fenster gesehen hatte, von einem Jungtier begleitet wurde. Als sie die Treppe hinunterging, stellte sie fest, dass das ältere Kamel einen Fuß leicht anhob. Das Haar um die Zehen war mit getrocknetem Blut bedeckt. Dann sah sie, dass ein abgebrochener Ast an dem Seil baumelte, das am Halfter des Kamels befestigt war.
    Emma beschattete die Augen mit der Hand und blickte sich nach allen Richtungen um. Ihr Blick glitt über Bäume, Ameisenhügel und Felsen. Niemand war zu sehen. Prüfend blickte sie auf den sandigen Pfad, der vom Weg zum Gebäude führte. Die einzigen Fußspuren waren ihre eigenen.
    Das erwachsene Kamel kam humpelnd auf sie zu. Je näher es kam, desto mehr wich Emma zurück. Dieses Kamel war viel größer als ein großes Pferd – und das größte Tier, das Emma kannte, war der Golden Retriever ihrer Freundin. Aber das Kamel blieb nicht stehen. Es trat auf sie zu und beugte den Kopf herunter, um an ihren Haaren zu schnüffeln. Emma zuckte zusammen, hielt es jedoch für das Beste, stillzuhalten. Ein knochiges Kinn legte sich auf ihre Schulter, und ein haariges Maul kitzelte ihre Wange.
    Emma stand da wie erstarrt. Sie wäre am liebsten weggelaufen, hatte aber Angst, das Kamel zu erschrecken. Wie lange mochte es wohl noch den Kopf auf ihre Schulter drücken? Und was würde es als Nächstes tun? Aus den Augenwinkeln sah sie, wie das Kalb zu einem Busch lief, in dessen Schatten Hühner dösten. Zu ihrer Erleichterung humpelte das erwachsene Kamel ihm hinterher. Emma wischte sich Kamelspeichel von der Schulter. Die Hühner flatterten erschreckt auf, als das junge Kamel begann, am Euter des Muttertiers zu trinken. Sie stand geduldig und sah müde und erhitzt aus. Emma fiel der Wassertank ein, den sie hinter dem Haus gesehen hatte. Darunter stand ein Eimer.
    Rasch eilte sie um das Gebäude herum in den Hof. Die Kamele folgten ihr. Sie riss das Tor auf, hockte sich vor den Wassertank und ließ Wasser in den Eimer hineinlaufen. Daneben stand noch ein weiterer Eimer, und sie füllte auch diesen, wobei sie ständig misstrauische Blicke auf die näher kommenden Kamele warf. Sie stellte die beiden Eimer weit nebeneinander und trat ein paar Schritte zurück. Das Mutterkamel schnaubte, schien aber durch das Wasser angezogen zu werden. Es humpelte zu einem der Eimer, steckte den Kopf hinein und begann, geräuschvoll zu saufen. Als das Kalb seinem Beispiel folgte, schlich sich Emma davon und schloss das Tor hinter sich.
    Aus sicherer Entfernung beobachtete sie, wie die Kamele tranken. Als das erwachsene Kamel sich zur Seite drehte, sah sie, dass eine der Taschen am Sattel zerrissen war und der Inhalt halb heraushing. Vorsichtig trat sie näher. Sie sah ein Stück Moskitonetz, einen gemusterten Stoff und eine runde schwarze Dose mit einem roten Deckel und einem Label, das sie sofort erkannte. Emma trat dicht heran und betrachtete die Dose. Marmite. Einer ihrer Kollegen am Institut war aus England und hatte immer eine Dose davon im Frühstücksraum stehen, weil er der Meinung war, dass Vegemite, die australische Version, zu dick und nicht salzig genug sei. Emma runzelte die Stirn. Eine Dose Marmite gehörte sicher nicht zur Ausrüstung eines afrikanischen Kameltreibers.
    Das Muttertier hatte aufgehört zu trinken und stieß den Eimer mit dem Fuß weg. Emma hoffte, es würde sich hinlegen, wie sie es bei Kamelen in Filmen gesehen hatte. Aber das Tier blieb stehen und hielt den Kopf hoch, die Augen gegen die Sonne halb geschlossen.
    Emma wischte sich mit dem Arm den Schweiß vom Gesicht. Dann ging sie hinein und holte einen Stuhl heraus. Sie stellte ihn neben das Kamel und stieg darauf – mit langsamen, vorsichtigen Bewegungen –, um an die Tasche heranzukommen. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und zog heraus, was sie greifen konnte. Eine Batikbluse, ein seidenes Schlafsack-Futteral. Dann schloss sich ihre Hand um etwas, was sie nicht identifizieren konnte, und als sie es herauszog, sah sie, dass es Strickzeug war. Nadeln und Wolle waren dick, und die Frau war offensichtlich dabei gewesen, einen einfachen roten Schal zu stricken.
    Emma stand immer noch auf dem Stuhl, als Daniel am Tor auftauchte. Er blieb verblüfft stehen, als er sie sah. Dann eilte er auf sie zu.
    »Sie sind eben aufgetaucht«, sagte Emma zu ihm. »Es ist niemand bei ihnen.«
    Sie

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