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Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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kletterte vom Stuhl herab und zeigte ihm, was sie aus der Satteltasche geholt hatte.
    »Das gehört einer Europäerin«, erklärte er. Er berührte die pastellfarbene Bluse. »Einer Dame.«
    Emma kaute auf ihrer Unterlippe. »Irgendetwas ist ihr zugestoßen. Wir müssen die Polizei informieren. Ich habe ein Handy dabei.«
    »Hier haben Sie keinen Empfang. Wir sind zu abgelegen.«
    »Haben Sie ein Funkgerät?«
    »Es befindet sich im Landrover, mit dem Ndugu – mein Assistent – nach Arusha gefahren ist.«
    Daniel stellte den Stuhl weg und beugte sich vor, um das verletzte Bein des Kamels zu untersuchen. »Halten Sie Abstand«, warnte er Emma. »Sie können ziemlich fest treten.« Er fuhr mit den Fingern über das blutige Stück Fell. Dann packte er den Fuß mit beiden Händen und bewegte das Kamel irgendwie dazu, ihn hochzuheben. Auf der Unterseite war ein tiefer Schnitt. »Können Sie mir das Messer geben?«, bat er Emma und wies mit dem Kopf zur Hintertür. In einer Spülschüssel lag Besteck. Sie reichte Daniel das Messer, und er versenkte es in der Wunde. Das Kamel erschauerte, blieb aber still stehen, als ob es begreifen würde, dass er ihm helfen wollte. Daniel entfernte ein paar kleine Steine und ließ sie zu Boden fallen. Leise pfiff er durch die Zähne und schüttelte den Kopf.
    »Das Bein ist okay. Aber das ist eine schlimme Verletzung. Die Infektion breitet sich schon aus. Sie muss behandelt werden. Ich kann ihr helfen. Aber zuerst müssen wir den Besitzer suchen.«
    Emma blickte ihn unsicher an. »Wie meinen Sie das?«
    »Vielleicht hat es einen Unfall gegeben, und jemand braucht unsere Hilfe.«
    »Sie meinen doch nicht im Ernst …« Emma schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, aber daran kann ich mich nicht beteiligen. Ich bin hier nur zu Besuch. Sie sollten jemanden aus dem Dorf holen.«
    »Aber Sie sind doch Ärztin. Ich brauche Sie, um mir zu helfen, falls jemand verletzt ist.«
    »Ich arbeite nur in der medizinischen Forschung«, protestierte Emma. In Wahrheit hatte sie allerdings kürzlich erst ihr Erste-Hilfe-Zertifikat aufgefrischt, weil das im Institut verlangt wurde. Aber die Vorstellung, mit diesem Mann, den sie kaum kannte, in den Busch zu fahren, kam ihr absurd vor. Andererseits war ihr klar, dass Daniel nicht allein zurechtkommen würde, wenn die Besitzerin des Kamels tatsächlich verletzt war. Er musste sich aufs Autofahren konzentrieren.
    »Das ist doch bestimmt Aufgabe der Polizei«, sagte Emma. »Außerdem haben wir ja noch nicht einmal einen Wagen – es sei denn, Mosi hätte den Land Cruiser inzwischen repariert.«
    Daniel grunzte abfällig. »Diesem Fahrzeug würde ich nicht trauen. Wir nehmen den da.« Er zeigte über den Hof auf den alten Landrover.
    Emma betrachtete das Auto ungläubig. Es wirkte auch auf den zweiten Blick nicht straßentauglicher.
    »Nun«, sagte sie, »ich glaube, Sie fahren am besten zur Polizei. Sie kann sich der Sache annehmen.«
    Daniel trat an die Hintertür, bevor er antwortete. Er ergriff einen Plastikkanister und füllte ihn mit Wasser aus dem Hahn. »Bis zur Stadt fährt man zwei Stunden.« Seine Stimme wurde lauter, damit sie ihn über dem Rauschen des Wassers noch verstand. »Und dann muss die Polizei hierherkommen. Wir können Zeit sparen.«
    »Aber woher sollen wir wissen, wo wir suchen müssen?« Emma bedauerte die Worte, kaum dass sie ihren Mund verlassen hatten. Wenn Simon an ihrer Stelle gewesen wäre, hätte er die Situation noch nicht einmal diskutiert.
    »Ich kann den Kamelspuren folgen«, antwortete Daniel. »Aber ich weiß schon, wo die Kamele hergekommen sind.«
    »Woher wissen Sie das denn?«
    »Ich kenne dieses Gebiet sehr gut. Zu unserer Arbeit gehört es auch, Tierfallen aufzustellen. Ndugu und ich sind schon überall gewesen, auch an den Stellen, wo die Massai-Hirten nicht hingehen. Haben Sie die Steine gesehen, die ich aus ihrem Fuß geholt habe? Es gibt sie nur an einem einzigen Ort«, erklärte Daniel. »Und zwar in der Wüste.«
    Er zeigte über den Maschendrahtzaun auf die Grenze des Gartens. Emma folgte der Richtung mit den Augen und sah in der Ferne die violettblaue Pyramide des Berges.
    »Keine Angst«, sagte Daniel. »Ihnen passiert nichts.«
    Emma war hin- und hergerissen. Auf der einen Seite gab es Gründe, warum sie besser nicht mit ihm fahren sollte, auf der anderen Seite aber musste sie eigentlich ihre Hilfe anbieten. Sie blickte Daniel an. Erst da bemerkte sie, dass eine Strähne feiner, roter Lammwolle an seinem

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