Das Herz Eines Highlanders
Tausende von Fragen jagten in der kurzen Zeit, die er brauchte, um die Entfernung zwischen ihnen zu überbrücken, durch seinen Verstand.
Die Menschenmenge begann zu toben, als er sich näherte, und die Gesichter strahlten. Wie sollte ein Mann es schaffen, mit Hass im Herzen in eine so überschwängliche Menge zu treten?
Und warum waren sie so verflucht glücklich, ihn zu sehen?
Einige Meter vor der Spitze des Zuges blieb er stehen. Unfähig stillzustehen, ging er dazu über, auf der Stelle zu traben. Sein Atem jagte, nicht wegen des schnellen Laufes, den er hinter sich hatte, sondern wegen der gefürchteten Begegnung, die ihm bevorstand.
Die beiden Männer, die sich so ähnlich sahen, lösten sich aus der Menge. Einer der beiden hob den Arm, und die Menge verfiel in Schweigen und hielt einen respektvollen Abstand, als sie vorritten. Grimm gönnte sich einen kurzen Blick über die Schulter, um sicherzugehen, dass Jillian ihm nicht gefolgt war. Mit Erleichterung sah er, dass sie seinem Wunsch gehorchte, obwohl er sie von der Straße würde auflesen müssen, wenn sie sich noch weiter über Occams Kopf nach vorn lehnte.
»Gavrael.«
Die tiefe Stimme, die der seinen so ähnlich war, ließ seinen Kopf zurückfahren. Er starrte die beiden Männer an, unsicher, welcher von beiden gesprochen hatte.
»Grimm«, korrigierte er unverzüglich.
Der Mann zu seiner Rechten tobte sofort los. »Was für ein verfluchter Schwachsinnsname soll Grimm denn sein? Warum nennst du dich nicht Kummer oder Melancholie? Nein, ich hab's - Trübsal.« Er bedachte Grimm mit einem wütenden Blick und schnaubte.
»Besser als Mclllioch«, sagte Grimm starrköpfig.
»Warum hast du deinen Namen geändert, Junge?« Der Mann zur Linken tat wenig, seine Betroffenheit zu verbergen.
Grimm erforschte ihre Gesichter und versuchte verzweifelt dahinter zu kommen, welcher von beiden sein Vater war. Er wusste nicht genau, was er tun würde, wenn er es herausbekäme, aber er wollte zumindest wissen, auf wen er seine Giftpfeile richten würde, die er so zahllose Jahre gehortet hatte. Nein, nicht zahllos, verbesserte er sich selbst - fünfzehn Jahre wütender Worte, die er dem Mann an den Kopf werfen wollte, Worte, die sein halbes Leben an ihm genagt hatten.
»Wer bist du?«, fragte er den Mann, der als Letzter gesprochen hatte.
Mit traurigem Blick wandte der sich an seinen Begleiter.
»Wer ich bin, fragt er mich, Balder. Kannst du das glauben? Wer ich bin?«
»Zumindest hat er nicht gespuckt«, sagte Balder milde.
»Du bist Ronin«, sagte Grimm anklagend. Wenn der eine Balder hieß, musste der andere sein Vater sein, Ronin Mclllioch.
»Ich bin für dich nicht Ronin«, rief der Mann gekränkt aus. »Ich bin dein Vater.«
»Du bist für mich kein Vater«, bemerkte Grimm mit einer Stimme, die so kalt war, dass sie es mit dem bittersten Hochlandwind aufnehmen konnte.
Ronin sah vorwurfsvoll zu Balder. »Ich habe es dir gesagt.«
Balder schüttelte den Kopf und hob eine buschige Augenbraue. »Er hat immer noch nicht gespuckt.«
»Was zum Teufel hat es mit dieser verdammten Spuckerei auf sich?«
»Siehst du, Junge«, sprach Balder gedehnt, »das Spucken ist die Entschuldigung, auf die ich warte, um deinen aufsässigen Arsch zusammenzubinden und dich zurück zur Burg zu schleppen, wo ich ein bisschen gesunden Menschenverstand und Respekt vor dem Alter in dich hineinprügeln werde.«
»Du glaubst, das könntest du?«, forderte Grimm ihn kühl heraus. Die gefährliche Mischung unterschiedlichster Gefühle schrie lauthals nach einem Kampf.
Balder lachte und es war ein freudiges Poltern tief aus seiner gewaltigen Brust. »Ich liebe einen guten Kampf, Junge, aber ein Mann wie ich könnte einen Bengel wie dich mit einem Bissen verspeisen.«
Grimm sah Ronin düster an. »Weiß er, was ich bin?«, fragte er kühl.
»Weißt du, was ich bin?«, konterte Balder sanft.
Grimms Augen wanderten zurück zu seinem Gesicht. »Was meinst du damit?«, fragte er so schnell, dass es klang wie ein einziges Wort. Er sah Balder durchdringend an. Spöttische blaue Augen hielten seinem Blick stand. Unmöglich! In all den Jahren hatte er noch niemals einen anderen Berserker getroffen!
Balder schüttelte den Kopf und seufzte. Ronin und er tauschten Blicke. »Der Junge ist beschränkt, Ronin. Ich sage dir, er ist durch und durch verblödet.«
Ronin warf sich empört in die Brust. »Das ist er nicht. Er ist mein Sohn.«
»Der Junge weiß nicht das Geringste von sich, selbst
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