Das Herz ihrer Tochter
wie Adam zusammen mit Gary im Central Park
stand, die Arme umeinander geschlungen, monströs wie Godzilla.
Es war ein Fehler, hatte Adam gesagt. Es
war nur für einen Moment so aufregend, von jemand anderem begehrt zu werden.
Ich konnte mir nicht vorstellen, wie man
Adam nicht begehren könnte, seine blassgrünen Augen, seine mokkafarbene Haut.
Ich sah doch ständig, wie sich die Leute nach ihm umdrehten, Schwule und
Heteros, wenn wir zusammen unterwegs waren.
Es hat sich alles falsch angefühlt, sagte er, weil
du es nicht warst.
Damals hatte ich naiverweise geglaubt,
etwas Hochtoxisches ließe sich kontrollieren und beherrschen, sodass es dich
nie wieder vergiftet. Man sollte meinen, dass ich nach allem, was danach mit
Adam passierte, meine Lektion gelernt hätte. Aber Dinge wie Eifersucht, Wut,
Untreue verschwinden nicht einfach. Sie legen sich auf die Lauer, wie eine
Kobra, um zuzuschlagen, wenn du am wenigsten damit rechnest.
Ich blickte auf meine Hände, auf die
dunklen Flecken des Kaposi-Sarkoms, die bereits ineinander übergingen und meine
Haut so dunkel aussehen ließen wie Adams, als wäre es meine Strafe, mich nach
seinem Bild neu zu erfinden.
»Bitte, tu das nicht«, flüsterte ich.
Doch ich flehte darum, etwas aufzuhalten, was schon nicht mehr aufzuhalten war.
Ich betete, obwohl ich nicht mehr wusste, zu wem.
MAGGIE
Sobald das Gericht sich übers Wochenende
vertagt hatte, verschwand ich auf die Damentoilette. Während ich in der Kabine
saß, lugte plötzlich ein Mikrofon unter der Trennwand zur Nachbarkabine hervor.
»Ich bin Ella Wyndhammer von FOX News«, sagte eine Frauenstimme. »Möchten Sie
vielleicht einen Kommentar abgeben zu der offiziellen Stellungnahme aus dem
Weißen Haus über den Bourne-Prozess und die Trennung von Staat und Kirche?«
Von einer offiziellen Stellungnahme aus
dem Weißen Haus hatte ich noch nichts gehört. Einerseits spürte ich ein
aufgeregtes Kribbeln, dass wir so viel Aufmerksamkeit erregt hatten. Andererseits
überlegte ich, was sehr wahrscheinlich der Inhalt der Stellungnahme gewesen war
und dass sie sich vermutlich nicht positiv für unsere Seite auswirken würde.
Und dann fiel mir wieder ein, dass ich auf dem Klo saß.
»Ja, ich möchte einen Kommentar abgeben«,
sagte ich und betätigte die Spülung.
Um mich nicht wieder von Ella Wyndhammer
oder ihren ganzen Kollegen überfallen zu lassen - auf den Stufen vor dem
Gerichtsgebäude wimmelte es nur so von Reportern -, suchte ich Zuflucht in
einem Besprechungsraum für Anwälte und Mandanten und schloss die Tür ab. Ich
holte einen Notizblock hervor, fing an, mein Schlussplädoyer für Montag
aufzusetzen, und hoffte, dass die Reportermeute sich eine andere Beute gesucht
haben würde, wenn ich damit fertig war.
Es war dunkel, als ich wieder in meine
Pumps schlüpfte und meinen Block einpackte. Das Licht im Gebäude war ausgeschaltet
worden. Irgendwo lief eine Bodenpoliermaschine. Ich ging durch die
Eingangshalle, vorbei an den schlafenden Metalldetektoren, holte tief Luft und
öffnete die Tür.
Das Medienaufgebot hatte sich tatsächlich
in Luft aufgelöst. Nur ein einziger hartnäckiger Reporter wartete noch in
einiger Entfernung auf mich, ein Mikro in der Hand. Ich hastete mit gesenktem
Kopf an ihm vorbei. »Kein Kommentar«, knurrte ich und merkte dann, dass es gar
kein Reporter war und er auch kein Mikro in der Hand hielt.
»Wurde aber auch Zeit«, sagte Christian
und überreichte mir die Rose.
MICHAEL
»Sie sind sein Seelsorger«, sagte
Direktor Coyne, als er mich um drei Uhr nachts anrief. »Also tun Sie gefälligst
Ihre Arbeit.«
Ich hatte ihm klarmachen wollen, dass
Shay nicht mehr mit mir redete, doch er legte auf, ehe ich dazu kam. Also
quälte ich mich mit einem Seufzer aus dem Bett und fuhr zum Gefängnis. Doch
statt mich zu Block I zu führen, schlug der Aufseher einen anderen Weg ein. »Er
wurde verlegt«, erklärte er.
»Wieso? Hat ihn wieder jemand
zusammengeschlagen?«
»Oh nein, das hat er diesmal selbst
erledigt, und zwar gründlich«, sagte er, und als wir vor Shays Zelle stehen
blieben, verstand ich.
Sein ganzes Gesicht war grün und blau.
Seine Fingerknöchel waren aufgeschrammt. An seiner linken Schläfe lief ein
Rinnsal Blut herunter. Er trug Hand- und Fußschellen und eine Kette um den
Bauch, obwohl er in einer Zelle war. »Wieso haben Sie keinen Arzt gerufen?«,
wollte ich wissen.
»Der war schon dreimal hier«, sagte der
Aufseher. »Unser Freund hier reißt sich
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