Das Herz ihrer Tochter
dich
an.«
Ich verabredete mich mit Father Michael
am Parlamentsgebäude, weil ich wollte, dass er vorher noch nach Hause fuhr und
sich so priesterlich wie möglich anzog - die Jeans und das Hemd, mit dem er bei
mir erschienen war, würden uns keine Punkte einbringen. Während ich jetzt auf
dem Parkplatz auf ihn wartete, hallten mir Christians letzte Worte wieder in
den Ohren ... und Panik stieg in mir hoch. Jede Frau wusste, wenn ein Mann
sagte, er würde anrufen, bedeutete das in Wahrheit, dass er sich bloß schnell
vom Acker machen wollte. Vielleicht hatte es an dem Kuß gelegen. Vielleicht
roch ich nach Knoblauch. Vielleicht hatte ihm die Zeit mit mir gereicht, um zu
wissen, dass ich nicht seinen Vorstellungen entsprach.
Als Father Michael auf den Parkplatz
gefahren kam, hatte ich beschlossen, Shay Bourne eigenhändig hinzurichten,
falls ich meine erste Chance auf eine Beziehung seit dem Auszug der Juden aus
Ägypten seinetwegen in den Wind schreiben konnte.
Ich war überrascht, dass Rufus gesagt
hatte, ich solle mich ohne ihn mit Gouverneur Flynn treffen; ich war noch überraschter,
dass er meinte, Father Michael solle das Gespräch mit ihm anleiern. Aber Flynn
war kein gebürtiger Neuengländer; er stammte aus dem Süden, und Ungezwungenheit
war ihm anscheinend wichtiger als Etikette. Er wird ohnehin damit rechnen, dass du ihn nach dem Prozess um einen
Aufschub der Hinrichtung bittest, hatte
Rufus sinniert. Vielleicht ist es
daher ganz clever, ihn zu überrumpeln. Er
meinte, es wäre ein kluger Schachzug, wenn ein Geistlicher ihn anrief statt
die mit dem Fall betraute Anwältin. Und tatsächlich, schon nach zwei Minuten
Telefongespräch hatte Father Michael herausgefunden, dass Gouverneur Flynn ihn
letztes Jahr in der Weihnachtsmesse in St. Catherine hatte predigen hören.
Nachdem ein Sicherheitsbediensteter uns
ins Gebäude gelassen hatte, passierten wir die Metalldetektoren und wurden
dann zum Büro des Gouverneurs geführt. Um diese späte Uhrzeit herrschte eine
sonderbare Atmosphäre in den Gängen, und als wir die Treppe hinaufeilten,
hallten unsere Schritte wie Pistolenschüsse. Im ersten Stock angekommen,
wandte ich mich Michael zu. »Sagen Sie nichts, was ihm gegen den Strich gehen
könnte«, flüsterte ich. »Eine zweite Chance kriegen wir nicht.«
Der Gouverneur saß an seinem
Schreibtisch. »Kommen Sie rein«, sagte er und stand auf. »Schön, Sie
wiederzusehen, Father Michael.«
»Danke«, sagte der Priester. »Ich fühle
mich geschmeichelt, dass Sie sich an mich erinnern.«
»Na, Sie haben eine Predigt gehalten, bei
der ich nicht eingeschlafen bin - damit fallen Sie in eine sehr kleine
Kategorie von Geistlichen. Sie leiten auch die Jugendgruppe von St. Catherine,
richtig? Der Sohn eines guten Freundes von mir war vor einem Jahr ein ganz
schöner Rowdy, und dann ist er zu Ihnen in die Gruppe gekommen. Joe
Cacciatone?«
»Joey«, sagte Father Michael. »Ist ein
prima Junge.«
Der Gouverneur wandte sich an mich. »Und
Sie müssen...?«
»Maggie Bloom«, sagte ich und streckte
ihm die Hand hin. »Shay Bournes Anwältin.« Ich hatte dem Gouverneur noch nie
gegenübergestanden. Im Fernsehen wirkte er größer.
»Ach ja«, sagte der Gouverneur. »Der
berühmt-berüchtigte Shay Bourne.«
»Wenn Sie praktizierender Katholik sind«,
sagte Michael zu dem Gouverneur, »wie können Sie dann Exekutionen billigen?«
Ich traute meinen Ohren nicht. Hatte ich
ihm nicht eben eingeschärft, bloß nichts Provokatives zu sagen?
»Ich mache meine Arbeit«, sagte Flynn.
»Ich muss in meinem Amt einiges durchführen, was ich persönlich nicht befürworte.«
»Selbst die Hinrichtung eines
Unschuldigen?«
Flynns Blick wurde stechend. »Er wurde
von einem Gericht für schuldig befunden und verurteilt, Father Michael.«
»Kommen Sie mit, und reden Sie mit ihm«,
sagte Michael. »Bis zur Strafanstalt sind es nur fünf Minuten mit dem Auto.
Hören Sie sich an, was er zu sagen hat, und dann sagen Sie ihm, dass er den Tod
verdient hat.«
»Gouverneur Flynn«, schaltete ich mich
ein, nachdem ich endlich die Stimme wiedergefunden hatte. »Während einer...
Beichte hat Shay Bourne Dinge offenbart, die damals bei seinem Prozess nicht
zur Sprache gekommen sind - dass die tödlichen Schüsse versehentlich gefallen
sind, und zwar während Mr Bourne versuchte, Elizabeth Nealon vor ihrem Vater
zu beschützen, der sie sexuell mißbraucht hat. Wir bitten um einen
Vollstreckungsaufschub, damit wir Zeit haben, Beweise für
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