Das Herz ihrer Tochter
Rhythmus?
Wir müssen sie schocken ... Paddles!
Laden auf zweihundert.
Und weg!
Kein Puls.
Epi verabreichen. Lidocain. Natron. Puls
nehmen ...
Dr. Wu kam hereingestürzt. »Bringt die
Mutter hier raus«, sagte er, und eine Schwester faßte mich an den Schultern.
»Bitte kommen Sie mit«, sagte sie, und ich nickte, aber meine Füße wollten mir
nicht gehorchen. Jemand drückte Ciaire wieder den Defibrillator auf die Brust.
Ihr Körper bäumte sich in dem Moment auf, als ich durch die Tür geschoben
wurde.
Ich war allein bei Ciaire gewesen, als
sie den Herzstillstand erlitt, und auch jetzt, wo sie stabilisiert war, wo ihr
geschundenes Herz wieder schlug, saß ich allein an ihrem Bett. Ich starrte auf
den Monitor, auf die Gebirgslandschaft ihres Herzrhythmus, sicher, dass uns
nichts passieren würde, solange ich nicht blinzelte.
Ciaire wimmerte, warf den Kopf hin und
her. Der Monitor tauchte ihre Haut in ein außerirdisches Grün.
»Baby«, sagte ich und rückte näher zu
ihr. »Versuch nicht zu sprechen. Du bist noch intubiert.«
Ihre Augenlider glitten auf. Sie sah mich
flehentlich an und bewegte die Hand so, als würde sie einen Stift halten.
Ich gab ihr einen mit der Handtafel, die
Dr. Wu mir gegeben hatte; bis Ciaire am nächsten Morgen extubiert wurde, würde
sie sich damit verständlich machen müssen. Ihre Schrift war zittrig und eckig.
WAS IST PASSIERT?
»Dein Herz«, sagte ich und blinzelte
Tränen zurück. »Es hat kurzfristig ausgesetzt.«
MOMMY, TU WAS.
»Alles, was du willst, Schätzchen.«
LASS MICH LOS.
Ich blickte nach unten; ich berührte sie
doch gar nicht. Ciaire umkringelte die Worte einmal, und diesmal begriff ich.
Plötzlich fiel mir etwas ein, das Kurt
einmal zu mir gesagt hatte: Du kannst nur jemanden retten, der gerettet werden
will; ansonsten gehst du mit unter. Ich blickte Ciaire an, aber sie war wieder
eingeschlafen, den Stift noch in der Hand.
Tränen liefen mir über die Wangen,
tropften auf die Bettdecke. »Ach, Ciaire... es tut mir so leid«, flüsterte ich,
und es tat mir wirklich leid.
Das, was ich getan hatte.
Das, was ich würde tun müssen.
LUCIUS
Wenn ich hustete stülpte es mein Inneres
nach außen. Ich spürte das Zerren der Sehnen unter meiner Haut und das Fieber
in meinem Kopf das gegen das Kissen dampfte. Eisstückchen die ihr mir auf die
Zunge legtet schmolzen ehe ich schlucken konnte. Schon witzig dass mir auf
einmal wieder Sachen einfallen von früher wie dieser Augenblick im
Chemieunterricht auf der Highschool. Sublimation nennt man das wenn du dich in
irgendwas Unerwartetes verwandelst.
Das Zimmer war so weiß dass es mir hinten
an den Augäpfeln wehtat. Eure Hände waren wie Kolibris oder Schmetterlinge Bleib bei uns Lucius sagtet
ihr aber ich konnte euch immer schlechter hören und ich konnte nur noch euch
fühlen statt eure Kolibrihände eure Schmetterlingsfinger.
Es heißt immer du würdest ein weißes
Licht am Ende eines Tunnels sehen und irgendwie hatte ich ehrlich gesagt auch
ein bisschen damit gerechnet Shay zu sehen aber nichts davon stimmte. Statt
dessen sah ich Ihn und Er streckte mir Seine Hände entgegen. Er war genauso
wie in meiner Erinnerung: Kaffeebraune Haut tiefschwarze Augen Bartschatten und
Grübchen und kein Raum für Tränen und ich sah wie dumm ich gewesen war. Wie
konnte ich nicht gewusst haben dass Er es sein würde wie konnte ich nicht
gewusst haben dass du Gott jedes Mal siehst wenn du in das Gesicht des Menschen
blickst den du liebst.
Ich hatte gedacht Er würde mir so vieles
sagen jetzt wo es am meisten drauf ankam. Ich liebe dich. Ich habe dich vermißt. Doch statt dessen lächelte Er mich mit diesen weißen Zähnen an diesen
weißen Wolfszähnen und sagte Ich
vergebe dir Lucius.
Eure Hände schlugen und pumpten auf mir
euer Strom schoss durch meinen Körper aber ihr konntet mein Herz nicht zurückholen
es gehörte schon jemand anderem. Er spreizte die Finger Seiner Hand ein Stern
ein Leuchtfeuer und ich ging zu Ihm. Ich
komme, ich komme.
Warte auf mich.
MAGGIE
»Entschuldigen Sie, dass ich Sie an einem
Sonntag hergebeten habe«, sagte Direktor Coyne zu mir, »aber ich dachte, Sie
sollten das wissen ...« Er schloss die Tür seines Büros, damit wir ungestört
waren. »Lucius DuFresne ist letzte Nacht gestorben.«
Ich ließ mich in einen der Sessel vor dem
Schreibtisch des Direktors sinken. »Woran?«
»Lungenentzündung, Folge seiner
Aidserkrankung.«
»Weiß Shay es schon?«
Der Direktor
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