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Das Herz ihrer Tochter

Das Herz ihrer Tochter

Titel: Das Herz ihrer Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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geschehen wird, drückt es sich
verschwommen aus, was die Einzelheiten betrifft: das Wann, das Warum, das Wie.
    »Er ist nicht Jesus.«
    »Schon klar.«
    »Wirklich nicht«, schob ich nach.
    Maggie hielt die Hände hoch. »Ich hab's
kapiert.«
    »Wenn er Jesus wäre ... wenn das die
Wiederkehr wäre ... na, dann gäbe es die Entrückung, es gäbe Zerstörung und
Auferstehungen, und wir säßen nicht hier und würden plaudern.«
    Andererseits stand in der Bibel nichts
davon, dass Jesus vor seiner Wiederkunft nicht auf einen Sprung vorbeischauen würde, um sich
einen ersten Eindruck zu verschaffen, wie es so bei uns auf Erden lief.
    Ich schätzte, in dem Fall würde es sich
anbieten, inkognito zu bleiben - die Gestalt eines Menschen anzunehmen, in dem
man am allerwenigsten den Messias vermuten würde.
    Um Gottes willen, was war denn bloß los
mit mir? Ich schüttelte den Kopf, um wieder klarer zu denken. »Lassen Sie ihn
einmal mit June Nealon sprechen, ehe Sie den Antrag stellen, ihn als
Organspender zuzulassen, um mehr bitte ich Sie nicht. Ich will dasselbe wie Sie
- Shays Stimme soll gehört, ein kleines Mädchen gerettet und die Todesstrafe in
die öffentliche Kritik gebracht werden. Ich will außerdem sicherstellen, dass
Shay Bourne sein Herz, falls und wenn er es denn spendet, aus den richtigen
Gründen spendet. Und dazu ist es erforderlich, Shays spirituelles Heil von der
ganzen juristischen Seite dieses Debakels zu lösen.«
    »Das kann ich nicht«, sagte Maggie. »Das
ist der Kernpunkt meiner Argumentation. Sehen Sie, es spielt für mich keine
Rolle, ob Sie Shay für Jesus halten oder ob Shay selbst sich für Jesus hält
oder ob er schlichtweg nicht alle Tassen im Schrank hat. Wichtig ist, dass
Shays Rechte im Räderwerk der Todesstrafe nicht unter den Tisch fallen - und
wenn ich mir zu diesem Zweck den Umstand zunutze machen muss, dass andere
Leute ihn für Gott halten, dann werde ich das tun.«
    Ich runzelte die Stirn. »Sie benutzen
Shay, um etwas, das Sie für verwerflich halten, ins Rampenlicht zu rücken, weil
Sie hoffen, den Status quo zu verändern.«
    »Tja«, sagte Maggie und wurde rot, »ich
schätze, das stimmt.«
    »Wie können Sie mich dann dafür
kritisieren, dass ich ein Ziel verfolge, weil ich an etwas glaube?«
    Maggie sah mich an und seufzte. »Die
Strafprozeßordnung kennt den Begriff Täter-Opfer-Ausgleich mit dem Ziel der Wiedergutmachung,
auch wenn das in diesem Fall natürlich schwierig, wenn nicht gar unmöglich
ist. Ich weiß nicht, ob die Gefängnisverwaltung dergleichen überhaupt zuläßt.
Aber falls doch und falls Shay und June Nealon mitmachen würden, dann würde er
sich mit ihr in einem Raum zusammensetzen und sie um Verzeihung bitten.«
    Ich atmete aus und merkte erst jetzt,
dass ich die Luft angehalten hatte. »Danke«, sagte ich.
    Maggie nahm ihren Stift und begann
wieder, sich Notizen zu machen. »Bedanken Sie sich nicht bei mir. Bedanken Sie
sich bei June Nealon - falls Sie sie überreden können mitzumachen.«
    Voller Elan wandte ich mich zum Gehen,
blieb dann aber stehen. »Es ist die richtige Entscheidung.«
    Maggie blickte nicht hoch. »Wenn June
nicht mit ihm sprechen will«, sagte sie, »reiche ich den Antrag trotzdem ein.«
     
    JUNE
     
    Als die Frau von der Opferhilfe anrief
und mich fragte, ob ich zu einem Gespräch mit Shay Bourne bereit wäre, musste
ich unwillkürlich auflachen. »Ja, klar«, sagte ich. »Und danach lass ich mich
vielleicht in siedendes Öl werfen und häuten und vierteilen.«
    Aber sie meinte es ernst, und ich meinte
es genauso ernst, als ich Nein sagte. Als würde ich mich ausgerechnet mit
diesem Unmenschen zusammensetzen, damit er sich anschließend besser fühlen und
in Frieden sterben konnte.
    Kurt hatte nicht in Frieden sterben
können. Elizabeth auch nicht. Wieso sollte ihm das vergönnt sein?
    Ich hatte gedacht, damit wäre die Sache
erledigt, bis es eines Morgens an der Tür klingelte. Ciaire lag auf der Couch,
zusammen mit Dudley, der sich auf ihren Füßen zusammengerollt hatte, und
guckte fern. Wir verbrachten unsere Tage damit, auf ein Herz zu warten, hatten
die Jalousien heruntergelassen und taten beide so, als hätten wir keine Lust,
irgendwohin zu gehen, wo wir es in Wirklichkeit nur nicht aushielten, dass der
kleinste Ausflug Ciaire bereits maßlos erschöpfte. »Ich mach auf«, rief sie,
obwohl wir beide wußten, dass sie es nicht konnte und auch nicht würde. Ich
legte das Messer hin, mit dem ich in der Küche Sellerie

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