Das Herz kennt die Wahrheit
'Undaunted'!"
Ängstlich blickte Whit von Darcy zu Newton, dann wieder zu Darcy. Noch nie hatte er erlebt, dass der alte Mann so schnell wütend werden konnte. Daher blieb ihm nur noch die Hoffnung, dass Captain Lambert ihrem Ersten Offizier gewachsen war.
Doch anstatt ungehalten zu werden, lächelte Darcy den alten Mann an. "Möchtest du zurück an Land rudern und Whit zu Mrs. MacInnis begleiten, Newt?"
"Im Dunkeln?"
"Du hast die Wahl. Entweder bringst du den Welpen zurück zu seiner Mutter, oder du erlaubst es, dass Whit das Tier mit an Bord bringt."
Der alte Seemann blickte sie finster an. "Es gibt noch eine Möglichkeit, Mädchen. Wir werfen dieses … Wesen über Bord. Entweder geht es unter, oder es schwimmt nach Hause."
Whit presste den kleinen Hund an sich und war fest entschlossen, gegen jeden zu kämpfen, der so etwas Grausames tun würde.
Darcy sprach mit bewusst ruhiger Stimme. "Du weißt, dass das keine Lösung ist, Newt. Dafür hast du ein zu weiches Herz."
"Zu weich also?" Der alte Mann spürte, wie sein Zorn aufs Neue aufflammte. Die ganze Zeit, während er allein und voller Sorge auf dem Kai auf und ab gegangen war, hatte er seinen Zorn unterdrücken müssen. Jetzt, da sich seine schlimmsten Befürchtungen nicht bestätigt hatten, konnte er seine ganze aufgestaute Wut in eine andere Richtung lenken. "Willst du mich herausfordern, Mädchen?"
Darcy hielt dem anklagenden Blick des alten Mannes stand und ließ sich von seiner aufbrausenden Art nicht einschüchtern. Sie hatte es nicht anders erwartet und war auf den Wortwechsel vorbereitet. "Der Welpe ist das Geschenk einer lieben alten Frau. Er gehört jetzt Whit, und er ist dafür verantwortlich, dass der Hund an Bord der 'Undaunted' keine Schwierigkeiten macht." Sie wandte sich an den Jungen. "Habe ich darauf dein Wort?"
"Aye, Captain."
Newtons Stirn wurde bei jedem Wort von tieferen Furchen durchzogen. "Oh, verstehe. Das Versprechen dürfte ihm nicht schwer fallen. Er wird es einhalten. Aber niemand hat daran gedacht, es dem Welpen zu sagen. Ihr könnt darauf wetten, dass dieses … allerliebste Tier uns mehr Schwierigkeiten machen wird, als es wert ist." Er kehrte sich ab. Über die Schulter rief er noch: "Erwarte nicht von mir, dass ich mich darum kümmere. Dafür bist du jetzt verantwortlich, Darcy. Du und der Junge."
Schnaubend schritt er über das Deck. Als er nicht mehr zu sehen war, räusperte Whit sich. "Danke, dass Ihr Euch für mich eingesetzt habt, Captain."
Sie schaute den Burschen an. Da er sie voller Bewunderung ansah, beschloss sie, ihm nicht zu erzählen, wie oft sie in ihrer Kindheit derartige Zornesausbrüche erlebt hatte. "Ich hoffe, ich muss mich nicht ärgern, Whit. Denke daran, zu was du dich verpflichtet hast. Du bist für den Hund verantwortlich. Alles, was er hinterlässt, muss auf der Stelle von dir sauber gemacht werden."
"Ich sorge dafür." Er setzte den Welpen auf die Deckplanken und sah zu, wie er seine neue Umgebung beschnüffelte.
Gryf hatte bislang schweigend an der Bordwand gelehnt und beobachtete nun die Bewegungen des kleinen Tieres. "Hast du ihm schon einen Namen gegeben, Junge?"
"Ja. Ich habe den ganzen Weg über nachgedacht. Und ich habe beschlossen, ihn Furchtlos zu nennen."
"Furchtlos?" Gryf sah, wie das Schiff durch einen heftigen Windstoß ins Schlingern geriet.
Mit einem Jaulen raste der Welpe zurück zu dem Jungen und legte sich auf seine Füße. Als er sich nach kurzer Zeit wieder erhob, hinterließ er ein gelbes Bächlein auf seinen Stiefeln.
Whit ließ sich davon nicht beeindrucken, hob den Welpen vorsichtig hoch und steckte ihn wieder unter seinen Mantel. "Furchtlos wird ein Seemann werden, wie ich. Und sobald er sich an das Stampfen und Rollen des Schiffs auf hoher See gewöhnt hat, wirst du schon sehen. Er wird seinem Namen alle Ehre machen."
Da der Junge ihn todernst ansah, verkniff Gryf sich ein Lächeln. "Ja. Kein Zweifel. Und jetzt gehst du am besten unter Deck und legst dich in deine Hängematte. Hoffentlich vermisst Furchtlos seine Mutter nicht allzu sehr."
"Woher weiß ich denn, ob er sie vermisst?"
Jetzt musste Gryf lächeln. "Er wird wie ein Baby schreien. Und vermutlich die ganze Mannschaft aus tiefem Schlaf reißen. Wenn es dazu kommt, suchst du dir schnell ein gutes Versteck. Oder einer der Männer wird das tun, was Newt vorgeschlagen hat, und Furchtlos über Bord werfen. Und dich gleich mit."
Darcy lag in ihrer Koje und fragte sich, wovon sie aufgewacht war. In
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