Das Herz meines Feindes
sondern nur den vor ihr stehen den Salztopf anstarrte, beugte er sich etwas näher zu ihr hin über. »Ich kann Euch nicht sagen, wie sehr ich mich auf un sere Hochzeit freue.«
»So bereitwillig habt Ihr Euch vor kurzem noch nicht ge freut!« gab sie scharf zurück und wandte den Blick ihrem Peiniger zu.
»Ah, aber ich hatte ja nicht die leiseste Ahnung, wie rei zend Lord Bartons älteste Tochter ist.« Ein Mundwinkel hob sich in spöttischem Grinsen.
»Ich verspreche Euch, dass Ihr unsere Ehe nicht allzu reizend finden werdet,« zischte Lilliane. Sie war sich der neu gierigen Blicke, die auf sie gerichtet waren, bewusst, und sie stand unter dem Druck, ihr Gesicht höflich und ihre Stimme leise zu halten. Aber ach, wie sehr sie sich doch wünschte, ihn gehörig in die Schranken zu weisen!
»Ihr werdet mir schon bald folgen«, murmelte er. Ohne dass sie es verhindern konnte, nahm er ihre Hand und führ te sie an die Lippen. Der Kuss war flüchtig, ganz leicht und keineswegs vollkommen unangenehm. Aber als sie ver suchte, ihre Hand aus seinem Griff zu befreien, umfasste er ihr Handgelenk nur noch fester und drehte ihre Hand um. Der nächste Kuss war alles andere als flüchtig und leicht. Dieses Mal drückte er seine warmen Lippen auf das zarte Fleisch ihres Handgelenkes. Ihr Puls setzte vor Schreck aus, aber das schien ihn nur zu ermutigen. Mit einer kühnen Be wegung ließ er seine Zunge über ihre plötzlich erhitzte Haut fahren. Als er versuchte, ihrer empfindlichen Handflä che einen Kuss zu geben, keuchte sie wahrhaft beunruhigt. Seine Berührung schien ihr ins Fleisch zu brennen und ihre Nerven vibrierten. Instinktiv ballte sie die Hand zur Faust, und diesmal gelang es ihr, sich aus seinem warmen Griff zu befreien.
Aber dieser kleine Erfolg vermochte sie keineswegs zu be ruhigen. Wenn ihr Widerstand überhaupt eine Wirkung hatte, dann die, dass Sir Corbett sich dadurch nur noch ermutigt fühlte. Sein Gesicht verzog sich zu einem respektlosen Grin sen, und in seinen Augen glomm die Hitze einer Empfin dung, von der Lilliane vermutete, dass sie ihr nichts Gutes verhieß.
Sie bezweifelte immer mehr, diesen Barbaren zum Teufel jagen zu können, aber deutlicher denn je war ihr bewusst, dass sie es musste. Was es auch kosten mochte, sie schwor, dass sie es tun würde, doch sie hatte keinen wirklichen Plan, außer dem, ihm ständig Beleid i gungen an den Kopf zu wer fen. Genau das wollte sie gerade tun, als ihr Vater sich hinter Sir Corbetts Rücken an sie wandte, ein breites Grinsen auf seinem Gesicht.
»Ich wusste, dass Ihr beiden zusammenpassen würdet«, sagte er mit großer Befriedigung. »Nun, es ist klar wie der helle Tag, dass Eure Verbindung das Leid in unserem Tal ein für allemal beenden wird. Und solcher Friede kann nur in Wohlstand münden.«
Sir Corbett antwortete Lord Barton nicht. Ta t sächlich schien es, als ob die Anspielung auf die Spannungen zwi schen Orrick und Colchester ihn ernüchtert hätten, denn er biss die Zähne zusammen, und seine Augen verengten sich. Mit einer Han d bewegung, die, wie sie vermutete, aus langer Gewohnheit erfolgte, strich er über die Narbe, die seine Braue spaltete. Sie war unfähig, sich auf sich selbst zu besin nen und folgte voller Faszination der Bewegung seiner Hand.
Sie hatte beabsichtigt, ihn bei ihrem Vater anz u schwär zen, aber plötzlich verstummte sie. Sie schien es nicht in Worte fassen zu können. Außerdem sagte sie sich, hätte es keinen Zweck, im Angesicht so vieler Gäste mit ihrem Vater zu streiten. Wie sehr es sie auch verärgerte, sie wusste, dass sie sich ihre wütenden Anklagen für einen Augenblick auf sparen musste, wenn sie unter sich waren. Dann würde sie nicht zögern, ihrem Vater zu berichten, dass ihm wie einem Heiden jegliche Manieren fehlten und dass er sich ihr in seinem Gemach auf rücksichtslose Weise genähert hatte.
Als ob er ihre Gedanken läse, lehnte sich Sir Corbett in seinem Stuhl zurück und zeigte seinem zukünftigen Schwie gervater ein betont ausdruck s loses Gesicht. »Ich glaube nicht, dass ich Euch angemessen für das wundervolle Ge mach gedankt habe, in dem Ihr mich untergebracht habt, Lord Barton. Ich fand es mehr als behaglich. Und das Bad, das Ihr für mich veranlasst habt, war außerordentlich erfri schend.«
»Dafür dürft Ihr Lilliane danken. Sie versteht es, dieses Schloss zu führen. Es gibt nicht einen Diener, der auf ihre Veranlassung nicht aufspringen würde.« Der ältere Mann machte einem Diener
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