Das Herz Von Elowia
Nachtluft wehte in einer sanften Brise in das karge Zimmer hinein und brachte den Duft der Rosenblüten mit sich, die unter dem Fenster im Hofgarten blühten. Obwohl der zarte Blumenduft durch das geöffnete Fenster hineinströmte, roch es für Alrruna in dem Zimmer äußerst unangenehm.
Sie rümpfte angewidert ihre feine Nase und wedelte sich hektisch frische Luft zu, um ihrem empfindlichen Geruchssinn ein wenig Linderung zu verschaffen. Aber es gelang ihr nicht, den Gestank des Raumes zu ignorieren. Wie ein klebriges Spinnennetz hatte sich der Duft des Verderbens überall festgeklebt und entsprach der düsteren, martialischen Einrichtung, die der Besitzer für seinen Wohnraum gewählt hatte.
Es war ein dunkler, behäbiger und pragmatisch eingerichteter Raum, dessen Kühle aus seiner Schlichtheit bestand. Hier war kein Farbtupfer, keine persönliche Note des Besitzers zu finden, sondern nur austauschbare, klobige Möbelstücke.
Alrruna verkniff sich ein verächtliches Seufzen und drehte sich stattdessen dem Fenster entgegen und sah hinaus in die klare Nacht. Wie wohltuend war das sanfte Licht des hellen Mondes im Gegensatz zu dieser Gruft, die so wenig Freundlichkeit und Wärme ausstrahlte wie ein Grab. Das Zimmer lud seine Gäste nicht zum Verweilen ein und vielleicht war das auch der Grund, warum man es so eingerichtet hatte.
Die Fee zupfte an dem roten Laken und versuchte ihre Gedanken zu ordnen, als endlich der Mann eintrat, auf den sie gewartet hatte.
Sie sah, wie er kurz - nur einen Atemzug lang - überrascht stehen blieb, bevor er nach der Türklinke griff und die Tür leise zuzog. Seine dunkle Rüstung verbarg seinen von der Zeit gezeichneten Körper. Wäre da nicht das nachtschwarze Juwel gewesen, man hätte ihn für einen gewöhnlichen, erschöpften Kriegsherrn halten können, der nach einer langen Schlacht heimgekehrt war.
Ohne ein Wort zu sagen, löste er die Riemen der Brust- und Beinplatten seiner Rüstung und ließ sie schepperten auf den Boden fallen.
Als er sich seiner Rüstung entledigt hatte, und den Anblick auf einen von der Zeit gezeichneten, aber kampferprobten Körper freigab, kam Alrruna nicht umhin, seine Vitalität zu bewundern.
Sein verschwitzter Körper strömte einen männlichen Duft aus, der dem des Raumes sehr ähnlich war und nur ein weniger spröder wirkte.
Er schnippte mit den Fingern und schwarze Funken sprangen zu den dunklen Kerzen und entzündeten sie. Fasziniert starrte Alrruna auf das flackernde Licht. Nur wenige Diamantaner waren in der Lage, den Feuerzauber mittels ihres Juwels auszuüben.
Sein kantiges Gesicht wurde von dem Licht des Feuers schwach erleuchtet und ließ ihn noch einen Hauch unheimlicher wirken. Die dunklen Augen tanzten im Feuerschein auf und ab und schienen sie förmlich auszuziehen, bis sie sich unter seinen Blicken völlig nackt und hilflos vorkam.
Endlich durchbrach er die unangenehme Stille, die Alrruna zu erdrücken gedrohte hatte, und er fragte lauernd und ohne eine Spur von Respekt: »Sieh an, wen haben wir denn da? Ist das nicht die liebliche Feenkönigin? Wie komme ich zu der Ehre, dass sich die Königin, wie eine Diebin, in mein Schlafgemach schleicht und hier im Dunklen auf mich wartet?«
Alrruna war ein wenig verwundert, dass er sie so schnell erkannt hatte, und fragte ein wenig nachdenklich: »Ihr kennt mich also, Persuar?«
Er runzelte seine Stirn und lachte ein raues Lachen. »Natürlich. Deine Schönheit ist legendär und über alle Grenzen hinaus bekannt.« Seine Augen verengten sich und er fügte scharf hinzu: »Fast genauso wie deine Vorliebe für perfide und dennoch effiziente Spiele.«
Alrruna hielt sich die Hand vor den Mund und kicherte vergnügt. »Ach Persuar, ihr dürft nicht alles glauben, was man euch erzählt.« Sie ließ ihre Hand sinken und sah zu dem Herrscher hin. »Ich kenne euch jedoch auch sehr gut. Ihr seid ein Scheusal und ein herzloses Untier. Wenn es um eure Belange geht, kennt ihr kein Mitleid.«
Er grinste sie spöttisch an, während er sein Unterhemd über seinen Kopf zog und durch den Stoff des Gewandes murmelte: »Oh liebe Alrruna, gerade du solltest doch wissen, dass man nie Mitleid haben darf, wenn man seine Ziele erreichen will. Hast du nicht sogar deine Tochter geopfert?« Er stand nun mit nacktem Oberkörper vor ihr und fuhr gefährlich leise fort: »Damit sie meinen Sohn zu Diensten ist?«
Alrruna war überrascht, dass er von Fayn wusste. Sie hatte zwar erwartet, dass er ein nicht zu unterschätzender
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