Das Herz Von Elowia
Schultern. »Ja, aber sie trägt einen Stein der Unwissenheit, kein so starkes Juwel wie Senna.«
Plötzlich stockte Harukan.
»Was ist?«, wollte Hereket wissen.
»Lilith sieht Senna so unglaublich ähnlich.«
Hereket war ein paar Schritte zurückgewichen. Sie wirkte auf einmal sehr blass. Nachtschwarze Tränen bahnten sich ihren Weg und hinterließen dunkle Spuren auf ihrer weißen Haut.
Bestürzt nahm Harukan ihre Hand. »Nicht weinen, jetzt wird alles wieder gut werden. Ich werde sie mitnehmen und im Reich der Diamantaner wird sie wieder gesund werden.«
Die Dämonin blinzelte ihn aus tränenverschleierten Augen an und Harukan wurde das Gefühl nicht los, dass sie nicht nur aus Dankbarkeit weinte. Ein großer Schmerz lag in ihren weichen Zügen.
Sie wischte sich die nassen Spuren aus ihrem Gesicht und flüsterte verschwörerisch: »Ich werde meinen Mann ablenken, damit ihr unbemerkt mit Senna verschwinden könnt.« Sie kraulte der Libelle den Kopf. »Du wirst ihm doch helfen, oder Libelle?«
Die Libelle hob nur träge ihren Schädel, während sie sich weiter ihrer Körperpflege widmete. »Sicher helfe ich ihm.«
»Dankeschön«, hauchte Hereket und schmiegte ihren Körper an die Libelle. Ein spöttisches Glitzern schlich sich in die Facettenaugen des Tieres, als es zirpte: »Bitteschön.« Harukan fiel sofort der gehässige Unterton auf. Nur Hereket schien es nicht zu bemerken.
Die Dämonenfürstin zupfte ihre Kleidung zurecht, setzte ein eisernes Lächeln auf und ging mit den Worten fort: »Ich werde euch nun die Zeit verschaffen, die ihr braucht, um zu verschwinden.«
Harukan runzelte die Stirn und sprach das aus, was ihm die ganze Zeit auf der Zunge lag: »Für ein unbeteiligtes Wandeltier bist du aber ganz schön hilfsbereit.«
Die Libelle kicherte: »So bin ich das?«
Harukan stemmte seine Hände in die Hüfte und sah die Libelle ärgerlich an. »Warum willst du dem Mädchen helfen?«
Das Insekt flatterte mit den Flügeln und krabbelte zu Harukan aufs Bett und beäugte ihn aus ihren großen Augen. »Warum willst du das wissen?«
»Du tust es nicht aus reiner Nettigkeit. Also warum? Hat es etwas mit der Prophezeiung zu tun?«
Die Libelle seufzte theatralisch auf: »Sie mag vielleicht ein Teil der Prophezeiung sein, aber willst du sie hier sterben lassen, nur weil du es vermutest?«
»Ein Teil der Prophezeiung«, raunte Harukan und rieb sich seine Stirn. »Ist sie das Mädchen aus der Prophezeiung?«
Die Libelle beugte sich ganz nah an ihn heran und summte: »Senna ist anders, ganz ohne Zweifel. Sie trägt einen nachtschwarzen Diamanten, aber sie ist und bleibt ein kleines Mädchen. Wer weiß schon, wer sie ist oder was sie tun wir. Aber möchtest du wirklich über ihren Tod entscheiden? Und sie wird sterben, wenn du sie hierlässt.«
Harukan verfluchte die Libelle, die ihn mit ihren sentimentalen Worten genau in die Ecke gedrängt hatte, in der sie ihn hatte haben wollen.
Er wollte nicht darüber entscheiden, ob Senna sterben musste, also holte er tief Luft, bedachte das Insekt mit einem giftigen Blick und brummte: »Gut, du hast gewonnen. Egal, warum du uns hilfst, wir werden Senna von hier fortschaffen.«
Wieder kicherte die Libelle.
Das kalte Herz des Suchers
Barrn stapfte mit schweren Schritten zu seinem Kenja. Kraftlos zog er sich in den Sattel seines Tieres und gab ihm die Sporen. Er fühlte sich dreckig und ein übler Blutgeruch hing ihm in der Nase. Mehr denn je sehnte er sich nach einem Zuber voller Wasser, obwohl nicht mal ein See ausgereicht hätte, um die Schuld von seinem Leib zu waschen. So viel Wasser gab es auf ganz Elowia nicht.
Er wischte sich über seine verklebten Hände und pulte die dicke Blutkruste herunter, die dort klebte, seit er den Torwächter erschlagen hatte. Wie widerlich das Zeug kleben konnte.
Er war so in seinen Gedanken versunken, dass er an dem Gasthaus beinahe vorbeigeritten wäre. Mit einem beherzten Griff in die Zügel stoppte er sein Tier, stieg geräuschlos ab und schlich zur Eingangstüre des Wirtshauses.
Die Pforte schwang knarzend auf und einer der alkoholisierten Wachmänner grunzte. Barrn verharrte regungslos und starrte auf den Mann, der auf dem Stuhl vorne übergebeugt hing, aber nichts geschah. Der Sucher schlief friedlich weiter.
Mit klopfendem Herzen huschte Barrn an ihm vorbei und zur Treppe, dessen Stufen unter seinem Gewicht geräuschvoll aufächzten. Bei jedem Schritt stockte ihm der Atem und er lauschte angespannt, ob sich im Gastraum etwas rührte,
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