Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)
ohne jegliche Vorbereitung in den Patienten injiziert. Das ist eine erheblich chaotischere Vorgehensweise, weil man nicht weiß, wie der Fötus mit dem Körper interagiert. Knochen können brechen, Haut kann aufplatzen, doch der Fötus bemerkt es nicht.
Das war mit Emily passiert. Sie hatte sich in einen Tumor aus Metall und Drähten verwandelt. Metallblasen überzogen ihre Arme und Schultern. Ein dünner Messingkäfig bedeckte ihr Gesicht, und aus ihrer Brust und ihrem Hals war ein Gebilde aus Rohren und Kesseln hervorgebrochen. Diese Gerätschaft spie Rauch in die Luft, einen schwarzen, rußigen Ausstoß, der sich auf den Mauern in der Nähe festsetzte. Ihre Arme und Beine wurden gespreizt gehalten, steckten in Metallfesseln, die vor Räderwerken und Rohren strotzten. Aus Hunderten Nadeln wurde etwas in ihr Blut gepumpt; die intravenösen Leitungen ragten aus ihrer nackten Schulter und Brust. Schiefergraues Fötalmetall tropfte von den wenigen Nadeln, die sich gelöst hatten. Ein um ihre Rippen und ihren Bauch gespannter Ledergürtel war mit einer Kette und einem Vorhängeschloss gesichert.
Sloane stand neben ihr und grinste wie die Schneide eines Messers mit Wellenschliff. Er hielt ihr eine Pistole an die Schläfe. Über ihr schaukelte ein träges Torsionspendel. Sie starb, wurde für die Übernahme durch den Engel vorbereitet.
»Sie zeigen viel Kampfgeist, Jacob«, presste Sloane zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Viel Ärger in den vergangenen paar Tagen.«
»Lassen Sie Emily gehen, Sie Scheißkerl.« Meine Stimme klang unglaublich müde. »Sie haben uns hier. Lassen Sie Emily jetzt gehen.«
»Noch nicht. Wohl kaum. Außerdem glaube ich, sie gewöhnt sich allmählich daran.« Er fuhr ihr mit der Pistole über die Wange und berührte damit ihre Lippen. »Und ich denke, sie könnte ohnehin nicht überleben. Ich fürchte, dafür ist zu viel Schaden angerichtet worden. Möchten Sie es herausfinden?«
»Ich werde dich aufschlitzen, Sloane«, presste Wilson knurrend hervor. »Dich so lange aufschlitzen, bis dein Blut schwarz fließt.«
»Sie sind ein tapferes Insekt, Mr Wilson. Mich überrascht ein wenig, dass Sie unseren Besuch in der Kanalisation überlebt haben. Unabhängig davon freue ich mich, dass Sie jetzt bei uns sein können. Unser Freund sollte jeden Moment hier sein. Das Mechagen bitte, Jacob.«
»Sie brauchen Emily nicht mehr. Sie haben mich«, gab ich zurück, holte das Mechagen hervor und hielt es hoch. »Und ich habe das hier.«
»Ah, aber dieser fliegende Mistkerl ist noch in der Gegend. Und ich glaube kaum, dass er uns gehen lässt, bevor wir eine Art … Lösung gefunden haben.«
»Was für eine Lösung?«
»Wir haben eine Vereinbarung getroffen, er und ich. Das Mechagen für Camilla. Ein ungemein edelmütiger Haufen, diese Strahlenden. Wissen Sie, so nennt die Kirche sie.«
»Sie können ihm Camilla nicht geben. Sie haben sie nicht. Und er kann ohne das Mechagen nicht überleben.«
»Aber wir können ihm den Weg weisen und ihm Ihre Freundin hier in ihrer verbesserten Form geben. Damit kann er Jahre überdauern. Lang genug, um dorthin zurückzukehren, von wo er gekommen ist. Und auf jeden Fall lang genug, um die kostbare Camilla zu holen. Sobald wir ihm sagen, wo sie ist.«
»Sie wollen, dass er die Kirche für Sie zerstört.«
Sloane lächelte. »Hervorragend. Und ja, anschließend behalten wir das Mechagen und etablieren einen neuen Gott. Ich denke, eher eine Fabrik als eine Kirche. Mit Wundern lassen sich ausgezeichnete Geschäfte machen.«
»Fahr zur Hölle«, stieß Wilson hervor.
»Ja«, erwiderte Sloane. »Letzten Endes werde ich das. Vorerst jedoch legen Sie bitte die Waffen nieder, oder ich töte das Mädchen.«
»Wenn sie stirbt, haben Sie nichts, was Sie dem Engel anbieten können.«
»Mag sein. Aber ich bin sicher, es lässt sich ein Arrangement treffen.« Er spannte den Hahn und drückte die Pistole erneut gegen Emilys Schläfe. »Ihre Waffen bitte, und das Mechagen.«
Sloanes Augen blitzten. Wilson glotzte mich an und drehte sich leicht. Sein Messer sank Richtung Boden. Ich ließ mein Kurzgewehr fallen.
»Sehr gut, Mr Burn. Eine gute Entscheidung. Wenn Sie jetzt so freundlich wären …« Er trat einen Schritt vor.
Ich nahm nur einen flüchtigen Eindruck von Flügeln wahr, das Stahlgrau von elektrischem Blau gesäumt, als er vom Himmel herabschwebte. Der Engel landete hinter Sloane. Dessen Augen rollten erschrocken nach oben, dann hoben sich die
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