Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)
des Windes.
Auf dem Abhang gegenüber der Stadt befand sich ein kleiner Wald. Er bestand aus eisenharten Bäumen, die aus dem Felsen wuchsen, deren Wurzeln sich tief in die uralten Spalten gegraben hatten und sich von kargstem Boden ernährten. Die Blätter waren hellgelb, die Stämme dünn und biegsam. Der Zorn des Unwetters peitschte sie wie Brecher an einer Küste. Ich warf mich nur wenige Meter vor dem Engel zwischen sie. Ich stürzte, fiel über die Bäume zu Boden und schürfte mir die Knie auf, als ich den Hang hinunterschlitterte und immer wieder von der rauen Rinde ihrer Stämme abprallte.
Schließlich kam ich am Stamm des größten dieser Bäume zum Liegen. Seine Wurzeln breiteten sich über einen weitläufigen Bereich aus wie ein über den Fels ausgebreiteter Teppich aus Knöcheln. Empfindungslos lag ich da und starrte in den herabprasselnden Regen empor.
»Wir hatten eine Abmachung, dieser Sloane und ich.« Die Stimme des Engels übertönte den Sturm. Ich rollte mich auf den Bauch. Der Engel war nirgends zu sehen. »Ein anständiger Wirt und der Aufenthaltsort derjenigen, die er Camilla nannte. Und dann sollte ich dich töten. Anschließend wollte er mir das Mechagen zurückgeben.«
»Mir gefällt nicht, wie sich das anhört«, brüllte ich und verlagerte rasch meine Position, obwohl ich nicht glaubte, dass er allein durch meine Stimme feststellen konnte, wo ich mich aufhielt. Der Wind heulte und schien aus allen Richtungen zu kommen. Seine Antwort vermittelte den Eindruck, vom Himmel zu stammen.
»Er hätte es mir nie gegeben. Er wusste, was es ist, woher es kommt. Vor der Übergabe hätte er mich verraten.«
»Klingt richtig.«
»Allerdings warst du im Begriff, ihm das Herz zu geben.«
Ich steckte das Mechagen in meine Tasche. Waffen hatte ich keine mehr. Ich hatte den Engel schon kämpfen sehen und wusste, dass ich keine Chance hatte. Ich konnte nur auf Zeit spielen und versuchen, zu verschwinden.
»Das war ein Teil meines Plans«, brüllte ich über den Sturm. »Ich hätte es ihm wieder abgenommen.«
»Weil auch du weißt, was es ist.«
»Ja«, bestätigte ich.
»Ich frage mich, ob du die wahre Macht kennst, die es birgt. Ich weiß, was in dir steckt, Burn. Ein Teil von ihr. Auch den werde ich mitnehmen müssen.«
»Du bist ein beschissener Verhandler«, stellte ich fest.
»Ich … verhandle nicht. Aber ich biete dir eine Wahl. Du kannst ohne das Mechagen leben. Ich kann das nicht. Und du kannst ohne das Ding in dir leben. Ich kann es dir zeigen, dich heilen.«
»Gehen wir noch mal zurück zu dem Teil, dass du ohne das Mechagen nicht leben kannst. Wie können wir deinen Abgang beschleunigen?«
Ein tiefes Donnergrollen hallte durch den Wald. Der Engel lachte.
»Du bist ein bewundernswerter Mann, Jacob Burn. Tapfer. Aber du bist von dieser Stadt und ihren Herrschern grausam benutzt worden. Lass dich von ihnen nicht dazu bringen, an ihrer Stelle zu sterben. Gib mir das Mechagen und lass diese Geschichte hinter dir.«
Ich kauerte mich hinter den großen Baum und starrte auf meine Hände. Natürlich hatte er recht. Ich war wegen des Rats hier, und wegen der Entscheidungen, die seine Mitglieder getroffen hatten. Er würde mich versteckt hinter einem Baum finden, und dann würde er mich töten. Ich holte das Mechagen hervor und betrachtete es im trüben Licht des Waldes. Es flackerte in meinen Händen wie ein kleiner Blitz.
»Sloane hat mir das Mädchen versprochen. Das an dem Stock dort hinten. Er wollte aus ihr einen Wirt für mich machen, bis das Mechagen gesichert werden könnte.«
»Würdest du wohl die Klappe halten?«, schrie ich. »Ich hab’s satt, dir zuzuhören, und dieses verfluchte Mechagen hab ich auch satt!«
Er trat hinter einem Baum hervor und schlang die Finger seiner unversehrten Hand um meinen Kragen. Die andere hing zerstört an seiner Seite. Ohne das Mechagenherz wurde er zusehends schwächer. Er regenerierte sich nicht mehr.
»Dann gib es mir. Du weißt, dass es so sein soll.«
»Was geschieht dann? Wenn ich es dir gebe?«
»Das Mädchen kommt frei, und wir verschwinden.«
Ich sackte in seinem Griff zusammen. Mein Rücken befand sich am Stamm des Baums. Ich holte das Mechagen wieder aus der Tasche und nahm es in beide Hände.
»Welches Mädchen?«, hakte ich nach.
»Das vergrabene Mädchen. Das verborgene Mädchen. Das Mädchen, das von dieser Stadt entweiht wurde.«
»Camilla«, sagte ich. Er nickte. »Sie wird Veridon nicht unversehrt lassen.«
Er
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