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Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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versagen, wir werden beide sterben, und diese Schlampe Camilla bleibt in der Stadt. So wird es ablaufen.«
    Er ignorierte mich und schlug kräftig mit den Flügeln. Langsam stiegen wir auf. Ich klammerte mich an seinem Rücken fest, eingepfercht zwischen den Schwingen, und drosch mit blutigen Fäusten auf seinen Schädel ein. Mein Herz brannte vor neuer Energie. Ich spürte, dass sich das Loch in meiner Seite ebenso schloss wie meine zerfetzte Wange.
    »Ich kann nicht sterben, du verdammtes Monster! Das schaffst du nicht. Du kannst mich nicht töten, und du kannst die Stadt nicht töten. Dafür sorge ich.«
    »Du bist unglaublich lästig«, stieß er grunzend hervor, als wir den Felshang erreichten.
    Wir stiegen höher, hoch über das Fackellicht. Dann drehte er mir den Kopf zu und starrte mir in die Augen.
    »Flieg, Pilot. Flieg, wenn du kannst.«
    Er legte die Flügel an, und wir fielen. Ich klammerte mich weiter an ihm fest. Ließe ich los, würde er die Schwingen ausbreiten und wegfliegen.
    »Du wirst auch sterben!«, brüllte ich.
    »Ich werde mich regenerieren.«
    »Nicht ohne das Herz! Nicht ohne einen Körper, den du übernehmen kannst.«
    Er dachte darüber nach. Kurz bevor wir aufschlugen, breitete er die Flügel aus. Ich krachte gegen einen Baum – jenen uralten, hohen Baum, hinter dem ich mich versteckt hatte, als ich vorher in den Wald gerannt war. Der Engel löste sich von mir und überschlug sich im Fallen. Ich stürzte durch die federnden, fasrigen Zweige des Baums ab. In mir brach Verschiedenes, aber mein Fall wurde gebremst. Dem Engel erging es weniger gut.
    Nachdem ich auf dem Boden gelandet war, lag ich da und spuckte Blut. Mein linkes Knie war ruiniert. Rot verschleierte meine Sicht. Das Ding in mir brüllte und bäumte sich gegen die gewaltigen Schäden von dem Absturz auf. Mühsam rappelte ich mich erst auf die Hände und Knie, dann wackelig auf die Beine.
    Der Engel lag drei Meter entfernt, völlig reglos. Seine Glieder bestanden aus verschwommenen Pfützen brodelnder Räderwerke. Seine Flügel rührten sich nicht. Er starrte in den Regen empor.
    Ich stolperte zum Abgrund und holte vorsichtig das Mechagen. Mit einem Stock als Krücke humpelte ich zurück den Hang hinauf.
    Das Erklimmen des Hügels gestaltete sich schwierig. Kaum hatte ich den Wald hinter mir, bestürmte mich der Wind, und der Regen beeinträchtigte meine Sicht. Ich hinkte entsetzlich, und meine Knochen knirschten. Ich stand unter Schock. Der Fels unter meinen Füßen war rutschig. Aber ich war frei, hatte es geschafft. Ich hielt das Mechagen in den Händen und blickte darauf hinab, während mir ein leises Gemurmel der Ungläubigkeit durch den Kopf ging. Dann ertönte hinter mir ein Knacken. Und ein weiteres. Ich drehte mich um. Der Engel erhob sich, stürmte aus dem Wald, knickte unterwegs Bäume um.
    Ich ließ meinen Stock fallen, kippte vor Schreck beinah um. Halb zerlegt preschte er aus der Baumlinie hervor. Seine Brust klappte auf, seine Flügel spreizten sich. Er gab jede Menschenähnlichkeit auf. Aus seinen beiden Schwingen wurden vier, sein Kopf glich kaum mehr als einem heulenden Mund. Ich sah den menschlichen Körper hindurchscheinen, den er übernommen hatte, die halb verweste Leiche eines jungen Piloten, das Gesicht grauenhaft entstellt. Die Arme baumelten aus dem sich verändernden Rumpf des Engels.
    Ich hielt das Mechagen wie einen Talisman. Der Engel befand sich noch einige Meter entfernt. Ich spürte, wie mein Knie verheilte, wie die unmögliche Gesundheit meines Herzens Knochen zusammenwachsen ließ. Meine letzten Kraftreserven gingen dafür drauf. Ich konnte kaum noch stehen. Mein Blick senkte sich auf das Mechagen. Es funkelte in meiner Hand.
    Was hatte Camilla gesagt? Nimm das Herz. Sie wollte, dass ich zum Werkzeug der Zerstörung der Stadt würde, dass ich die Dinge vernichtete, die ich hasste, und diejenigen rettete, die ich liebte. Ich schaute den Hügel hinauf. Die Fackel zeichnete sich als verschwommener Schatten hinter mir ab. Ob Emily von Wilson aus der Maschine befreit worden war, vermochte ich nicht zu sagen. Ich betrachtete wieder das Mechagen. Wie sollte ich es tun, wie würde es geschehen?
    Mein Körper antwortete für mich. Meine Brust brach ohne zu bluten auf, meine Rippen klappten zur Seite. Aus meinem Herzen kam eine rotierende Stahlblume hervor. Pulsierend entfaltete sie sich, gierte nach dem Mechagen in meiner Hand. Ich stand zitternd im Regen und starrte auf die gepeinigte Karikatur

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