Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
Vom Netzwerk:
meines Körpers hinab. Meine Hand bebte, das Herz des Engels schauderte zwischen meinen Fingern. Nimm das Herz. Zum Werkzeug der Zerstörung der Stadt werden … der Zerstörung von allem, was ich liebte.
    Der Engel raste brüllend auf mich zu. Das würde ich werden , ging es mir durch den Kopf. Ich würde er werden, um ihn zu vernichten.
    Ich wollte es nicht. Ich wollte eigenständig kämpfen und eigenständig sterben, aber ich wollte nicht der dunkle Engel werden, zu dem Camilla in ihren Träumen werden wollte. Das war es, wonach die Stadt trachtete – Sloane und seine Leute versuchten, die Kirche abzuschütteln, die Kirche wiederum versuchte, die Stadt mit ihrem geheimen, versteckten Mädchen unter Kontrolle zu halten. Ich wollte das nicht.
    Mit reiner Willenskraft befahl ich meiner Brust, sich zu schließen, und sie tat es. Der Engel hatte mich beinah erreicht. Ich drehte mich um und rannte mit geducktem Kopf los. Mein gesamter Körper brüllte.
    Vor mir nahm die Fackel Gestalt an. Verdammt, Wilson befand sich noch dort und versuchte, Emily aus der Vorrichtung zu befreien. Sie war nackt; die Nadeln und die halb gewachsenen Mechagene zogen ihren Körper nach unten. Wilson sah mich kommen und richtete sich mit fragendem Blick auf. Gleich darauf erspähte er hinter mir den Engel und begann, grob an Emilys Fesseln zu zerren. Es blieb keine Zeit mehr. Keine verdammte Zeit.
    Als ich den Messingkreis um die Fackel erreichte, fiel ich hin. Ich landete auf den Händen und rutschte über den Stein, riss mir die Haut auf. Selbst in jenem flüchtigen Augenblick bemerkte ich, dass sich mein Herz verausgabt hatte, dass es endgültig verbraucht war. Es hing tot in mir. Was auch immer es gewesen war, es würde mich nicht mehr reparieren, wie es das unzählige Male zuvor getan hatte. Darüber war ich froh, obwohl sich die Haut in Schichten von meinen Händen löste.
    Ich endete neben Sloanes zerfetztem Körper. Wilson brüllte und feuerte vergeblich auf das Monster, das sich dem Ring der Fackel näherte. Ich mühte mich auf die Knie. Bei der Suche nach den Schlüsseln für die Maschine hatte Wilson Sloanes Taschen geleert. Seine persönlichen Gegenstände lagen vor mir ausgebreitet: einige Fotografien, seine Lederhandschuhe, ein schmales Messer und eine Duellierpistole. Ich ergriff die Pistole.
    Der Engel bäumte sich auf und sprang über die Fackel. Sein Körper war völlig entstellt, wurde nur noch von Wut und dem verrottenden Leichnam des armen Kadetten zusammengehalten. Ich hielt die Pistole in beiden Händen, zielte sorgfältig und schoss. Die Kugel fand ihr Ziel, traf mitten hinein in das fliegende Ungetüm. Ich leerte das restliche Magazin. Was sich als unnötig herausstellte.
    Vom Engel ertönte ein knisterndes Geräusch wie brechendes Eis. Er heulte auf, heulte mit dem Wind und dem Regen, und prallte gegen die breiten Arme des Torsionspendels, das über Emilys schlaffem Körper baumelte. Sein Gesicht fiel in sich zusammen. Sein Schrei stieg in den Himmel, seine Wut entwich aus seinem Körper. Das knisternde Geräusch wurde zu einem Crescendo Tausender winziger Glocken, die mit ihrer ersten und letzten Note zerbarsten. Der Engel explodierte wie eine Salzsäule unter dem Hieb eines gewaltigen Hammers. Zahnrädchen regneten auf die Fackel herab, glitten zu Hunderten, ja zu Tausenden über den Stein und unsere Körper. Als es vorbei war, blieben nur der Regen und die Pfützen von schneeflockenartigen Räderwerken übrig, die sich auf dem Steinboden verklumpten.
    Ich blickte auf die Pistole hinab. Verderbensgeschosse. Sloane hatte Verderbensgeschosse geladen gehabt.
    Wir holten Emily von der Vorrichtung und trugen sie zusammen zum Hangar hinunter. Die Maschinen, die aus Emilys Haut wuchsen, waren schmierig und aschgrau. Wenn wir sie berührten, bröckelten sie ab, schwammig wie nasses Papier. Mir bereitete Sorgen, was sich unter der Haut befinden mochte. Das würden wir herausfinden müssen, sobald wir zurück in der Stadt wären. »Was ist passiert?«, fragte Wilson.
    »Ich glaube, ich bin gestorben. Oder etwas in der Art. Das reimen wir uns später zusammen.«
    »Du blutest stark«, stellte er fest. »Geht es diesem Ding in deinem Herzen gut?«
    »Das glaube ich nicht. Aber ernsthaft, darüber reden wir später.«
    »Und erst dein Gesicht. Mann, das gibt einige hässliche Narben.«
    »Soll das heißen, ich werde nie wieder wunderschön sein?«
    Er kicherte. »Du warst überhaupt niemals schön. Du warst immer hässlich,

Weitere Kostenlose Bücher