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Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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Ich stellte mich an den Kamin und wärmte mich. Bei solchem Wetter wurden meine Lungen kalt. Ich konnte das Knarzen der Kolben und den metallischen Frost fühlen, wo sie Knochen und Haut berührten. Abwechselnd ballte ich die Hände zu Fäusten und wechselte das Glas dabei zwischen der Linken und der Rechten hin und her, während ich versuchte, meine Wut abzubauen. Bei dem Kommodore hatte ich die Beherrschung verloren, was dumm gewesen war. Und hier, auf diesem Gebiet, konnte ich mir Dummheit nicht leisten.
    »Achten Sie gar nicht auf die«, sagte eine Stimme in meiner Nähe. Ich drehte mich um und erblickte einen Offizier, einen Obermaat, der sich neben mir behaglich auf den Kamin stützte. Grau sprenkelte seine Schläfen, und seine Finger wirkten außergewöhnlich knochig. »Die Jungen. Sie sind voll Wein und geblendet vom polierten Glanz ihrer Schuhe.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Sie sollten nicht mit mir reden.«
    »Wie bitte?« Sein Tonfall wurde noch beiläufiger, hörte sich beinah schläfrig an.
    Ich musterte ihn eingehend. Die bedachte Ungezwungenheit seiner Haltung, die bemerkenswerte Lässigkeit, die er zur Schau stellte.
    »Registrar Prescott, richtig?«, fragte ich. Er wirkte ein wenig überrascht, was er jedoch gut überspielte. »Sie sollten nicht mit mir reden. Ein dummer Einfall.«
    »Wie das Anzetteln eines Streits mit dem Kommodore – meinen Sie die Art von Dummheit?«, raunte er in vollkommen unverbindlichem Tonfall. »Oder eher die Art von Dummheit, überhaupt hier ein Treffen zu vereinbaren?« Er schwenkte eine Hand in Richtung des Saals voll Korpsmitgliedern, als redete er über das Wetter oder die Menge. »Die Hälfte der Leute hier gehört zum Korps. Die andere Hälfte sind Ratsmitglieder oder deren Handlanger. Meinen Sie etwa diese Art von Dummheit?«, fragte er mit einem kalten Lächeln.
    Ich sah ihn unverwandt an. »Das habe nicht ich arrangiert.«
    »Was?«
    »Das Treffen – ich habe es nicht arrangiert. Es war nicht meine Idee.« Ich trank einen Schluck und ließ den Blick über die Uniformen und Abendkleider wandern. »Ich dachte, der Vorschlag wäre von Ihnen gekommen. Meine Kontaktperson meinte, Sie würden sich auf neutralem Boden wohler fühlen.«
    »Mein Vorschlag?« Er beugte sich vor und ließ kurz die Maske der Gleichmütigkeit sinken. »Meine Kontaktperson hat darauf bestanden, dass es hier stattfindet. Sie meinte, es wäre der einzige Ort, an dem Sie die Übergabe vornehmen könnten.«
    Ich schnaubte. »Faszinierend. Sie wollen nicht zufällig die Namen der Ansprechpersonen austauschen?« Er schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, dachte ich mir. Trinken Sie aus, Registrar. Holen Sie sich noch etwas und reden Sie nicht mehr mit mir.« Einen Atemzug lang begegnete ich seinem Blick. »Ich gebe Ihnen Bescheid, wann und wo.«
    Er richtete sich auf, trank aus und ging weg. Seine Miene sah aus, als hätte er Pisse getrunken. Vielleicht war es gespielt, damit er mich den Rest des Abends ignorieren konnte. Vielleicht gefiel ihm bloß die Situation nicht. Mir jedenfalls gefiel sie überhaupt nicht, so viel stand fest.
    Emily schien mir ziemlich deutlich zum Ausdruck gebracht zu haben, dass dieses Treffen von außerhalb gewünscht wurde. Ob das von höherer Stelle in Valentines Organisation oder von Prescotts Seite des Handels bedeutete, spielte keine Rolle. Es war ein schlechter Treffpunkt, doch wir mussten damit leben. Nun jedoch wusste ich, dass er nicht vom Kunden ausging. Prescott war dieser Ort aufgezwungen worden, und zwar nicht von seinen Leuten, sondern von jenen Valentines. Und mir hatte man gesagt, der Wunsch käme von Prescotts Seite. Was bedeutete, dass irgendjemand nicht ehrlich war, irgendjemand kein Vertrauen hatte. Ich befand mich dadurch in einer schlechten Lage, was mir kein bisschen gefiel.
    Ich trank und wartete, entweder darauf, dass die Vorstellung begann oder dass sich bei dieser zunehmend merkwürdigen Mission irgendetwas ergab. Die Vorstellung kam zuerst. Ein Butler mit hoch aufragendem, lichtem Haar und makellosen Manschetten trieb uns zusammen und führte uns durch einen Steinbogen im Saal zum Privattheater des Anwesens.
    Es erwies sich als zu klein. Die meisten Anwesen besaßen ein Theater, zumindest die begüterten, doch sie waren für den erweiterten Familienkreis gedacht, um gesellig zu trinken und eine kleine Oper zu genießen. Wir wurden hineingepfercht. Die Luft war heiß, und durch die Akustik des Theaters wurde selbst das leise Flüstern

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