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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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gesagt! Eine kluge Frau, deine Mutter!«
    Er fand Opalia, Vermillona Zinnober und die übrigen Frauen im Hof der einstigen Raststätte zwischen der Großen Unterwasserstraße und dem Tempel, wo sie sich im Sitzen unterhielten und die kühle, feuchte Luft genossen. Die Raststätte lag nicht nur nah bei dem Ort, den Chert für sein Unterfangen ausgewählt hatte, sie wurde auch durch Öffnungen oberhalb des Meeresspiegels belüftet, sodass es dort immer ein bisschen kühler war als auf dem restlichen Tempelgelände. Das war einer der Gründe, warum er sich dafür entschieden hatte, das Sprengpulver hier zu mischen: Selbst Mehlstaub konnte brennen und explodieren, wenn es zu heiß und zu trocken war — um wie viel gefährlicher würde also das Gemisch sein, das sie herstellen wollten?
    Opalia und Vermillona hatten den anderen im Wesentlichen erklärt, was zu tun war — dass der Salpeter sorgfältig von den anderen Zutaten getrennt bleiben musste (er war erst im letzten Augenblick hinzuzufügen), und dass es aus dem Sprengpulver pfefferkorngroße Kügelchen zu formen galt, weil es so laut Salpeter heißer, schneller und gleichmäßiger brennen würde.
    »Wir werden nur zweimal am Tag herkommen, um das Sprengpulver zu holen, das ihr Frauen hergestellt habt«, erklärte Chert. »So können wir uns unseren eigenen Aufgaben widmen, und ihr habt hier bei der Arbeit eure Ruhe.«
    »Ruhe vor Männern, die sich einmischen, meint Ihr?«, sagte Kiesel Jaspis, Wachführer Schlegels Frau, die den gleichen subtilen Humor hatte wie ihr Mann. »Sich einzumischen
versuchen,
besser gesagt.«
    »Seit wann willst du denn Ruhe vor Männern?«, rief eine andere. »Wir haben doch alle gehört, wie du unten auf der Juwelenstraße vor der Zunfthalle herumgemuht hast wie eine verirrte Kuh —
›Schlegel! Schlegelchen, mein Liebling! Komm nach Haus zu deinem Püppchen! Ich bin SOOO einsam!‹«
    Einige Frauen lachten so laut, dass Chert dachte, es müsste wehtun. Es war ihm ein bisschen peinlich, dass der Junge das mit anhören musste, obwohl von ihnen beiden nur er rot wurde. »Genug, meine Damen. Wir müssen uns jetzt alle an die Arbeit machen. Opalia, nur ganz kurz?«
    Sie sah gut aus — hatte eine gesunde Gesichtsfarbe, als ob sie in der oberirdischen Sonne gewesen wäre. Es war offenkundig, dass sie ebenso viel gearbeitet wie geschwatzt und gelacht hatte. »Du gehst jetzt also?«, fragte sie.
    »Ich muss, mein alter Liebling. Wir kommen zur Abendessenszeit wieder, um zu schauen, wie es euch geht, und mitzunehmen, was ihr bis dahin fertig habt. Hat euch Salpeter alle Tricks gezeigt?«
    »Es ist nicht viel schwieriger, als einen Eintopf zu kochen«, sagte sie abschätzig. »Wir haben alles aufgeschrieben — Vermillona hat eine wunderschöne Handschrift. Wie die Schrift in einem von den Büchern hier im Tempel.« Die ganze Tüchtigkeit wich plötzlich aus ihrem Gesicht, und sie sah ihm direkt in die Augen. »O mein Alter, du steckst wirklich voller verrückter Ideen! Willst du ernsthaft so viel Gestein mit diesem Sprengpulver zum Einsturz bringen? Und wenn nun die ganze Welt zusammenbricht? Manchmal machst du mir richtig Angst. Immer schon.«
    »Was soll das heißen?« Er musste zugeben, dass es ganz schmeichelhaft war, für einen Ausbund an verrückten Ideen gehalten zu werden. Auf jeden Fall war es besser, als Magister Knoll Blauquarz' weniger erfolgreicher Bruder zu sein.
    Sie schaute sich um, ob vielleicht jemand zuhörte, aber die Frauen waren ganz damit beschäftigt, Cherts Männer zu beaufsichtigen, die die verschiedenen Pulver von dem Eselswagen und ihren Schubkarren abluden. Die Frauen achteten darauf, dass jeder Sack an den richtigen Platz gebracht wurde, und nutzten die Gelegenheit, mit den Neuerungen anzugeben, die sie ersonnen hatten, was die Männer natürlich veranlasste, mit ihnen zu diskutieren.
    »Du bist mein Ehemann«, sagte Opalia so leise, als wäre das ein Geheimnis. »Ich liebe dich von Herzen, alter Narr, trotz allem, worein du uns in der Vergangenheit verwickelt hast — und ich mag gar nicht daran denken, was du dieses Mal wieder mit uns angestellt hast.« Sie lachte, aber ihre Augen glänzten, und Chert bemerkte zu seiner Überraschung, dass sie tränenfeucht waren. »Vergiss das nicht, wenn du da draußen herumrennst mit deinen ... Strategien und Kriegen.« Bei ihr klang beides wie ein Spielzeug nichtsnutziger Jungen. »Komm heil zu mir zurück. Das
verlange
ich von dir. Versprichst du's?«
    Er blickte ihr ins

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