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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Schritte, wodurch er Briony die Sicht auf Hendon Tolly verstellte. Stephanas ließ sein Schwert fallen, seine Knie knickten weg, und er sackte zu Boden. Aus seiner einen Augenhöhle strömte Blut. Sofort wandte Hendon sich wieder dem Säugling zu ... aber der Behelfsaltar war leer.
    »Was...?« Er sah Briony und stutzte. Seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen, das diesmal jedoch wenig überzeugend geriet. »Guter Trick, Mädchen. Ihr Eddons seid verdammt hartnäckig, das muss man euch zugestehen. Und jetzt lasst den Blödsinn und gebt mir das Kind!«
    Alessandros war erstaunlich schwer und schrie und strampelte obendrein. Briony erhob ihr Schwert und bewegte sich langsam so im Bogen, dass sie nicht nur zwischen Tolly und der Tür zu stehen kam, sondern auch zwischen ihm und dem zweiten Syanesen, der mit großen, schockierten Augen Stephanas' letzte Atemzüge verfolgte.
    »Nehmt das Kind«, befahl sie dem jungen Soldaten. »Schnell!«
    »Nein!« Hendon machte einen Schritt auf Briony zu, aber sie trat einen Schritt zurück und erhielt den Abstand aufrecht. »Nehmt das Kind, verflucht!«, fauchte sie den Tempelhund an. »Nehmt es und lauft zum Palast. Das ist der Sohn des Königs! Bringt ihn in Sicherheit!«
    Der Soldat streckte die Hände aus, starrte aber Tolly an wie ein Kaninchen die Schlange. Briony drückte ihm Alessandros in die Arme und seufzte förmlich auf, als der junge Soldat das Kind endlich hatte. »Lauft, sagte ich — los!«
    Hendon schien etwas sagen zu wollen, führte dann aber plötzlich einen heimtückischen Stoß — und wenn Briony ihre Klinge nicht schon so gehalten hätte, dass sie mit einer Bewegung aus dem Handgelenk Tollys Attacke parieren konnte, hätte er sie durchbohrt. Wieder und wieder stieß er zu, so schnell, dass sie nur zurückweichen, zwischen Tolly und der Tür bleiben und sich durch unablässiges Parieren schützen konnte.
    »Lauft!«, schrie sie.
    Endlich reagierte der Syanese. Im Nu war Brionys letzter Soldat mit dem Kind aus der inneren Gruftkammer verschwunden. Erst als Briony seine Schritte auf der Ausgangstreppe hörte, atmete sie auf. »Das Kind ist jetzt vor Euch sicher, Hendon.«
    »Miststück.« Jetzt grinste Tolly nicht mehr. »Dafür werdet Ihr einen langsamen Tod sterben. Und letztlich taugt Euer Blut genauso gut für mein Opfer wie seins ...« Er wandte sich an seinen Wachsoldaten, der immer noch Elan M'Cory festhielt. »Lasst die Hure da los. Helft mir mit diesem Mannweib von Prinzessin.«
    Ein wenig zu viel Nachdruck in seiner Stimme warnte sie. Briony wandte den Blick gerade noch rechtzeitig von Elan und dem Soldaten, um Tollys nächstem Überraschungsangriff entgehen zu können.
    Er trieb sie rasch zurück, ließ sie aber nicht zum Ausgang der inneren Gruftkammer gelangen, sondern drängte sie auf seinen Wachsoldaten zu. Noch während ihr die Gefahr bewusst wurde, hörte sie einen verblüfften Schrei. Sie riskierte einen kurzen Blick und sah, dass Elan M'Cory dem Soldaten auf den Rücken gesprungen war und ihm mit den Fingernägeln das Gesicht zerkratzte. Der Soldat schrie und fluchte, während er sie abzuschütteln versuchte.
    Die Ablenkung gab Briony die Möglichkeit, an dem Soldaten und Elan M'Cory vorbei bis an die Wand der sechseckigen Gruftkammer zurückzuweichen, wobei sie gleichzeitig versuchte, Hendon jenseits des in der Raummitte postierten Bleisargs zu halten. Briony erkannte, dass er sie in eine ausweglose Position manövriert hatte und Elan M'Cory rasch von dem Soldaten im tollyschen Eber-und-Speer-Wappenrock überwältigt werden würde. Dann wären sie zwei gegen eine. Sie machte eine Doppelfinte und führte dann einen schwungvollen Hieb nach Hendons Kopf, dem er mühelos auswich, aber sie hatte aufgepasst, dass sein nächster Stoß nicht ihren ungedeckten Leib traf. Als Hendon einen Schritt zurück machte, um neu anzusetzen, zog Briony mit einer überraschenden Drehung dem tollyschen Wachsoldaten die Klinge quer durchs Gesicht. Der Mann ließ sein Schwert fallen und griff sich an die blutende Mund- und Wangenpartie, während sie ihren langen Yisti-Dolch aus dem Gürtel riss und ihm die schmale Klinge durchs Kettenhemd tief in den Leib trieb.
    Der Mann strauchelte, gab gurgelnde Geräusche von sich und fiel dann auf den Bleisarg.
    »Da habt Ihr Euer Blutopfer oder was auch immer das werden sollte, Hendon«, sagte sie, während sie, den Leichnam zwischen sich und ihm, wieder zu Atem zu kommen suchte. »Jetzt wird es mir ein Vergnügen sein, Euch

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