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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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den blaugrauen Helm verloren; sein Haar war fast so leuchtendrot wie der Fleck, der jetzt beinahe das gesamte silbrige Meer ausfüllte.
    Qinnitan erkannte ihn sofort, obwohl sie ihn noch nie leibhaftig gesehen hatte, und schöpfte wieder ein wenig Kraft. Sie konnte noch nicht sterben, durfte sich noch nicht der Verzweiflung überlassen. Irgendwie musste sie wenigstens noch ein bisschen am Leben bleiben.
    Barrick war gekommen, um sie zu retten.

    Der Prinz hatte kaum etwas gesagt, während sie über das seltsame Meer trieben, und bewegt hatte er sich nur, um sich dann und wann kurz über die Bootswand zu beugen und mit der Hand zu paddeln. Als das Boot über die Steine in Ufernähe schrappte, ging er in die Hocke empor und setzte seinen Helm auf.
    Sobald das Boot anlandete, befahl er Vansen nur: »Mir nach?«, und schwang sich über die Bootswand ins flache Wasser. Als der Prinz — durch die silbern glänzende Flüssigkeit watend wie Perin persönlich durch die Wolken — ans Ufer gelangte, rannten bereits Dutzende xixischer Soldaten über den felsigen Strand auf sie zu.
    Die ersten erreichten sie, als Vansen gerade zu Barrick aufschloss, doch während der Gardehauptmann noch mit abwehrend erhobener Zunftwächteraxt sein Leben zu schützen versuchte, hatte Barrick es irgendwie geschafft, mehrere Angreifer außer Gefecht zu setzen und die übrigen zurückzuwerfen — so leicht wie ein Vater, der sich einen spielerischen Kampf mit seinen Kindern liefert. Jemand bekam Barricks Helm zu fassen und riss ihn dem Prinzen vom Kopf, aber der Anblick seines ungeschützten Hauptes ermutigte die Xixier nicht, im Gegenteil, sein entschlossener Blick und sein breites Grinsen schreckten sie erst recht. Barrick tanzte mit blitzender Klinge durch sie hindurch, und nahezu jeder Hieb oder Stich ließ einen Xixier zu Boden sinken.
    Bei den Göttern, was ist mit dem Jungen passiert?,
fragte sich Vansen staunend.
Das ist ja die reinste Magie!
    Doch Ferras Vansen selbst hatte keine magischen Kräfte und auch keine Zeit, länger über die Verwandlung des zornigen, verkrüppelten Jungen nachzudenken: Er war vollauf damit beschäftigt, sich gegen die Xixier zu wehren, die ihn sofort als den weniger gefährlichen Gegner eingestuft hatten. Zu seiner Beschämung musste Vansen rasch einsehen, dass seine Überlebenschancen dann am größten waren, wenn er sich dicht bei Barrick hielt, also machte er es sich zur Aufgabe, dem Prinzen den Rücken zu decken.
    Es sah allerdings nicht so aus, als bräuchte Barrick Eddon viel Beistand. Nach der Wut der ersten Attacke nahm das blasse Gesicht des Prinzen einen abwesenden, fast schon entrückten Ausdruck an, dem Ausdruck ähnlich, den auf Gemälden, die Vansen gesehen hatte, bedeutende Orakel im Zwiegespräch mit dem Himmel zeigten. Doch in dem, was er tat, war Barrick ganz im Hier und Jetzt. Seine Bewegungen waren von größter Ökonomie, kein Hieb hatte mehr Wucht als nötig. Der Prinz konnte nach der einen Seite einen Stich parieren und doch stabil und locker genug stehen, um die Klinge nach der anderen Seite zu kehren und einen Mann auszuschalten, der ihm von dort einen Schritt zu nah gekommen war.
    Barrick kämpfte sich jetzt über den Strand in Richtung des Autarchen, der ein paar hundert Schritt weiter auf einer Art Aussichtsplattform stand. Doch mit jedem Hieb, jeder Parade, jedem beiseitegeschleuderten Feind geriet er tiefer zwischen die Xixier.
    Die Zeit, die für Ferras Vansen ohnehin schon aus den Fugen war, schien jetzt fast gänzlich zum Stillstand zu kommen. Ob sie sich schon seit Stunden über diesen Strand vorankämpften oder ob es nur Augenblicke waren, hätte er nicht sagen können — jeder Schritt schien die Anstrengung eines Lebens zu kosten. Die Gesichter der xixischen Soldaten strömten an ihm vorbei wie die Wasser eines Flusses.
    In der Nähe knallte ein Gewehr; Vansen fühlte die Hitzespur der Kugel. Eine Klinge schnellte durch seine Deckung, und sengender Schmerz durchzuckte seinen ohnehin schon verletzten Oberschenkel. Während er sich noch zu fangen versuchte, krachte eine schwere xandische Kriegskeule mit solcher Wucht auf seinen Schild, dass einer der Riemen riss. Vansen warf den Schild weg, damit er ihn nicht behinderte, und benutzte dann den dicken Stiel seiner Kampfaxt, um gegnerische Klingen abzuwehren. Er versuchte gar nicht mehr, selbst auszuteilen, sondern bemühte sich nur noch, die gefährlichsten Schwertstreiche von Barrick abzuwenden.
    Von den hintersten Xixiern kam

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