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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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versprecht ihr, dass sie mich wiedersieht.«
    Ehe Giebelgaup versuchen konnte, sich einen Reim auf das alles zu machen, wirbelte er bereits in einem Geflatter von ledrigen Flügeln ins Dunkel empor.

42

Die helle Klinge
    »... Die Gebete der Trauernden erreichten schließlich das Ohr Zoriens, der mildherzigsten aller Göttinnen. Sie erschien den Menschen von Tessis und fragte sie, was sie von ihr erbäten, und sie erzählten ihr von dem Waisenknaben und wie er sein Leben gegeben hatte, um die Sonne zurückzubringen ...«
    Der Waisenknabe, sein Leben und Sterben und himmlischer Lohn — ein Buch für Kinder
    Mockel konnte die Flügel kaum noch bewegen, als er sie schließlich auf den improvisierten Steintisch hinablenkte, an dem der Funderlingsmönch Antimon saß und auf eine Reihe in Schiefer geritzter Pläne starrte. Die Flattermaus landete schwer und zog die Flügel eng an den Körper, nur noch darauf bedacht zu atmen, ganz gleich was ansonsten geschah. Giebelgaup wälzte sich aus dem Sattel und ließ sich auf die Steinplatte hinab.
    »Bei den Alten der Erde!«, sagte Antimon erschrocken. »Was ist das ...?«
    »Giebelgaup der Bogenschütz bin ich, Bruder — wir sind uns schon mal begegnet.« Er nahm den Rucksack ab und hievte mit zitternden Armen den Astion heraus. »Hier, von Zinnober. Lässt sagen, selbger, der Stein muss
jetzt
fallen — die Schlacht in der Tiefe ist verloren.«
    »Aber ... aber ...« Antimon war sichtlich schockiert. »Verloren? Ist das wahr?«
    »War selbst nur eine kurze Weile dort. Sag Euch nur, was selbger mir gesagt hat.« Jetzt, da der Astion übergeben war, verließen Giebelgaup die Kräfte. »Habt Ihr vielleicht ein wenig Wasser? Ich teil's mit meinem Tier.«
    »Was? Oh, natürlich.« Antimon stand auf »Aber zuerst muss ich die Nachricht weitergeben. Die Männer warten. Sie haben Zeit geschunden, in der Hoffnung, dass Chert es schafft ...!« Er schüttelte den Kopf »Bei den Alten! Welch schreckliche Stunde! Aber wir müssen tun, was wir versprochen haben ... wir müssen ...!« Noch immer vor sich hinmurmelnd, lief der Funderlingsmönch in den Hauptteil der Höhle hinaus, wo die Arbeiter versammelt waren.
    Giebelgaup kroch über die Steinplatte, bis er sich an Mockel lehnen konnte, die immer noch ganz damit beschäftigt schien, wieder zu Atem zu kommen. »Bist ein feines Tier, Lederschwinge«, erklärte er der Kreatur. »Hast deine Sache gut gemacht. Hast dich tapfer geschlagen.« Er tätschelte sie. »Bist mein braves Mädel. Und Wasser kommt gleich.«
    Und das Ende der Welt auch, wie es schien. Aber wenigstens würden sie vorher noch etwas zu trinken bekommen.

Gott der Dichter, Diebe und Trinker.
Gott der Feuer.
Gott der Lügen.
    Die Namen und Geschichten erschienen in Barricks Kopf wie im Schlaglicht von Blitzen — Zosim der Trickster, der den Streitwagen des Volios stahl, Zosim, der sich mit Blumen bedeckte, um Morna die Wintergöttin beim Bade zu beobachten und anschließend zu schänden. Einmal hatte er seine Stimme verstellt, um dem Zorn des Himmelsherrn zu entgehen, hatte sich für Perins Vater Sveros ausgegeben, der aus der Leere zurückgekehrt sei. Jetzt hatte Zosim sich wieder verstellt, hatte so getan, als ob er Kernios wäre, um den Autarchen von Xis zu verleiten, ihn wieder in die Welt hinauszulassen.
    Der Trickster war zurückgekehrt, und die Feuerblumenstimmen in Barrick waren entsetzt: Nur die überlegenen Kräfte der anderen Götter hatten Zosim in den alten Tagen gezügelt und seine grausamsten Launen unterbunden. Jetzt war er allein in der Welt, der letzte der Götter. Er war nicht aufzuhalten.
    Niemand außer dem Autarchen und den letzten seiner Leoparden stand Zosim Salamandros noch entgegen. Die gewöhnlichen Soldaten des Autarchen waren in Panik geflohen; viele stürzten sich in Kupilas' silbernes Blut, um schwimmend von der Insel zu entkommen, fanden sich aber von der seltsam zähen Flüssigkeit gepackt und hinabgezogen. Andere hatte Zosim für ein grausames Spiel ausgewählt: Sobald er mit dem Finger auf sie zeigte, gingen sie mit einem leisen Knall in Flammen auf, und das laute Lachen des Gottes übertönte ihre Todesschreie.
    Auch die verbliebenen Qar und Funderlinge drüben am anderen Ufer suchten ihr Heil in der Flucht. Die Xixier, die eben noch gegen sie gekämpft hatten, rannten mit, nur noch darauf bedacht, ihr Leben zu retten. Menschen und Zwielichtler kämpften um die herabhängenden Seile, versuchten irgendwie wieder hinauf ins Labyrinth und die

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