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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Unterwelt in die Sonne hinaustrat. Doch dann blickte Zoria hinab und erkannte, dass ihre Hand nichts weiter hielt als einen von Adis' hölzernen Armen ...«
    Der Waisenknabe, sein Leben und Sterben und himmlischer Lohn — ein Buch für Kinder
    Barrick Eddon hörte Aesi'uahs Fragen kaum, als sie durchs Rabentor in die Vorburg hinausgingen. Die Wachen im Torhaus blickten geflissentlich in die andere Richtung, als die kleine Prozession vorbeizog, doch in ihrer Körperhaltung erkannte Barrick sowohl Furcht als auch Neugier. Es hätte schlimmer sein können, aber Barrick hatte ja auch nur die menschenähnlichsten Qar zu seiner Begleitung auserwählt.
    »Seid Ihr ärgerlich auf uns oder auf Eure anderen Leute, Barrick Eddon?«, fragte ihn die Eremitin.
    Sie haben Sanasu gestohlen — die Tochter, die die Feuerblume hätte erhalten sollen,
erinnerten ihn die Feuerblumenstimmen — als ob er der Erinnerung bedurft hätte.
Sie haben ihren Bruder getötet, der ihr Gemahl hätte werden sollen.
    »Das spielt keine Rolle.« Er wusste keine Antwort und hatte im Moment Dringenderes im Kopf. Als er das Mädesüß und den Mistelzweig auf den Sarg seines Vaters gelegt hatte, war ein stechender Schmerz durch seine Hand gefahren — ein Schmerz, den er so lange nicht verspürt hatte, dass er ganz vergessen hatte, wie schlimm er war. Es hatte wieder nachgelassen, aber Barrick musste die ganze Zeit daran denken. Warum war dieser Schmerz jetzt, nach so langer Zeit, plötzlich zurückgekehrt?
    Barrick und die Qar zogen schweigend durch die Vorburg in den Schatten der Hafenmauer zwischen Westlagune und Neuer Mauer. Am Tor nach Funderlingsstadt wachten ebenfalls Männer von Vansens Garde, aber Barricks einstiger Weggefährte hatte die Soldaten gut vorbereitet, und sie salutierten nur respektvoll, als die Qar vorbeigingen. Ganz kurz dachte Barrick sogar, ob seine beiden Völker vielleicht doch wieder in Harmonie zusammenleben könnten, wie sie es vor Jahrhunderten getan hatten, doch als er sich umdrehte und das Misstrauen und die Angst auf den Gesichtern der Soldaten sah, war ihm klar, welch törichter Traum das war.
    Barrick bewegte die schmerzenden Finger und dachte an Briony.
    Der Schmerz in seiner linken Hand war wieder da, und auch die Muskeln selbst schienen sich wieder zusammengezogen zu haben wie trocknendes Leder, sodass sich seine Hand wie von einem Krampf krümmte. Es hatte angefangen, als er den Sarg seines Vaters berührt hatte ... nein, kurz danach, als eine Erinnerung an seinen Vater ihn hoch emporgehoben und ihm vom obersten Ausguck des Sommerturms das Meer gezeigt hatte. Mit der Erinnerung war eine Welle von Traurigkeit gekommen, von Sehnsucht nach dem Mann, den er so oft verflucht hatte und der jetzt nicht mehr da war. Und mit der Erinnerung war auch der Schmerz gekommen.
    Er versuchte, die Hand zu öffnen. Warum sollte das jetzt wieder passieren? Einfach nur deshalb, weil es ihm schwerfiel, wieder hier unter den Menschen von Südmark zu sein? Oder weil er sich mit seiner Schwester streiten musste, die so viel mehr von ihm wollte, als er geben konnte ... Aber das war immer schon so gewesen, sie hatte immer schon Liebe von ihm gefordert, auch wenn er des Lebens viel zu müde gewesen war, um so etwas aufbringen zu können.
    Der Schmerz überfiel ihn so jäh, dass er in die Knie ging.
    Sie ist deine Vergangenheit,
erklärten ihm die Feuerblumenstimmen, aber sie klangen fast schon ängstlich.
Vergiss sie. Vergiss diesen Ort. Sei stark für dein neues Volk ...
    Barrick hockte auf dem Felsboden und rieb sich die schmerzende Hand.
    Die Schläfer haben mir doch etwas genommen, um mich zu heilen?
    Saqris schlafendes Gesicht zeigte nichts — sie war jetzt viel zu weit weg, fast so leblos wie Qinnitan —, aber er fühlte ihre Worte in seinem Denken, so leise wie einen Lufthauch.
Alles hat seinen Preis — das Leben, die Liebe, ja selbst der Tod. Das weißt du doch. Du weißt es doch besser als irgendein anderer Mensch.
    Aber der Preis war meine Familie! Meine Liebe zu meiner Schwester!
Das begriff er jetzt, obwohl seine Gefühle für Briony immer noch seltsam fern waren.
Sie haben sie mir genommen, ohne mich zu fragen!
    Sie haben sie dir nicht genommen.
Ihre Gedanken wurden schon wieder schwächer.
Sie haben sie benutzt. So wie ein Fluss, den man mit Steinen staut, ansteigt und sich andere Wege sucht, haben sie nur die Fließrichtung geändert. Liebe kann man nicht zerstören, nur umlenken . .
    Barrick wusste, dass er nicht länger

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