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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Trossfuhrwerk, mit sechs dick gepanzerten Beinen und zwei Scherenarmen. Fast ein Dutzend Männer zogen und zerrten mit Seilen an ihm, vermochten es aber dennoch nicht aus dem Käfig zu bewegen, der am unteren Ende der Rampe stand: ein übermannshohes Behältnis aus dicken, wie Korbweidenruten verflochtenen Ästen.
    »Bei den Göttern, was ist das Schreckliches?«, fragte Olin entsetzt. Selbst seine Wachen hatten ihm den Rücken zugekehrt und sahen zu, wie das wütende Etwas die ochsenjochgroßen Scheren gegen seine Wärter schwang, die bei aller Erfahrung mit solchen Kreaturen ihre Aufgabe auch nicht viel lieber zu erfüllen schienen, als es jeder andere getan hätte. Ihre Gesichter waren bleich und furchtsam.
    »Habt Ihr noch nie einen Askorab gesehen?« Vash bemühte sich um einen sachlich-nüchternen Ton, aber das war nicht so leicht, wenn nur ein paar Dutzend Schritte weiter ein fauchendes Monstrum wie dieses unter so heftiger Gegenwehr aus seinem Käfig gezerrt wurde, dass der aufgeschleuderte Sand bis auf die Füße des Obersten Ministers flog. »Ich glaube, im Süden Eions gibt es sie auch. Die Hierosoliner nennen sie ...«
    »Skorpas«, vervollständigte Olin, der wie gebannt hinstarrte. »Ja, ich habe schon welche gesehen, aber noch nie einen von der Größe eines Fuhrwerks ...«
    »Bei meinem Blut, ist das ein hübsches Exemplar?«, sagte der Autarch lachend. »Kennt Ihr eine prächtigere Maschine?«
    »Maschine? Das ist ein lebendes Wesen, wenn mich nicht alles täuscht«, erwiderte Olin. »Ich höre doch seinen pfeifenden Atem.«
    Sulepis gluckste vergnügt. Der Gottkönig war guter Laune. »Mit ›Maschine‹ will ich nur ausdrücken, dass es erschaffen wurde, um eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen, so wie ein Pflug die Erde wendet oder eine Windmühle einen Mühlstein dreht. Die Vorfahren dieser Bestie, die in den Hügeln der Sanischen Wüste lebten, waren weit weniger eindrucksvoll — kaum größer als ein Jagdhund. Der da und seine Vettern wurden einzig und allein für diese spezielle Aufgabe gezüchtet.«
    »Und welche Aufgabe rechtfertigt es, einen so abscheulichen Dämon in die Welt zu setzen?« Falls Olins Frage herausfordernd oder angeekelt klingen sollte, misslang dies völlig: Selbst Vash konnte hören, wie erschüttert der Mann vom Anblick dieses Untiers war, das gerade mit einer schwingenden Schere einen seiner Wärter gepackt hatte und jetzt damit beschäftigt war, das Leben aus ihm herauszuquetschen, während die übrigen Männer mit aller Kraft die Seile festzuhalten suchten und, vergebliche Verwünschungen ausstoßend, ihre Stöcke an der harten Schale des Monstrums zerschlugen.
    »Oh, in die Felsgänge unter Eurem einstigen Wohnsitz einzudringen und sie für uns zu säubern«, erklärte der Autarch. »Die Askorabi sind Jäger. Der da wird mit allem, was ihm dort unten begegnet, kurzen Prozess machen. Und er ist nur einer von einem Dutzend?« Sulepis richtete sich höher auf. »Ach, seht doch — endlich haben sie ihn herausgelockt?«
    »Herausgelockt« war vielleicht nicht das Wort, das Pinnimon Vash gewählt hätte, denn ein weiteres Dutzend Askorab-Wärter hatten sich gezwungen gesehen, ihren Kollegen zu Hilfe zu eilen, um das Monstrum an der Flucht zu hindern, und all den vielen Armen war es schließlich gelungen, das zischende schwarze Biest ins Sonnenlicht hinauszuzerren. Vash bemerkte, dass der Schwanz der Bestie proportional dünner war als bei ihren kleineren Wüstenbrüdern, aber er war dennoch eine furchtbare Waffe, wie er sich so über den Rücken des Monstrums bog, zitternd vom Drang, die mit Widerhaken versehene Spitze in die Wärter zu rammen, die jedoch so schlau waren, außer Reichweite von Schwanz und Klauen zu bleiben.
    Die meisten jedenfalls, korrigierte sich Vash, als plötzlich ein weiterer Wärter in einer der riesigen Scheren hing, halb durchgezwackt und zwischen die klickenden Kiefer der Kreatur geführt, noch während er zum Schrei ansetzte. König Olin wandte sich ab, sichtlich gegen die Übelkeit kämpfend, während Sulepis begierig hinsah.
    »In die unterirdischen Gänge mit ihm!«, rief der Autarch. Er wandte sich an Olin und Vash. »Dann verschließen wir den Eingang mit einem großen Stein.« Er klang so begeistert wie ein Kind, das ein neues Spiel erklärt. »Sie sind nämlich so gut wie blind — das Biest wird auf der Suche nach Futter immer weiter hinabwandern.« Er runzelte die Stirn. »Man hätte ihn diesen Sklaven nicht fressen lassen dürfen. Das

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