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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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gegen Ende Mai werden wir sie nur noch von hinten sehen.»
    Toby stellte sich neben Campion, die sichtlich nervös war. «Du hast den Oberst gehört, meine Liebste», versuchte er sie zu beruhigen. «Ende Mai sind wir sie los.»
    Sie ergriff seinen Arm und spürte das steife Leder kalt in ihrer Hand. Mit der Linken berührte sie das Siegel an ihrer Brust und fragte sich, ob womöglich dieser goldene Talisman die geharnischten Männer nach Lazen gelockt hatte.
    Der Krieg war nach Lazen gekommen, der Feind stand vor den Toren. Sie fühlte sich bedroht und glaubte körperlich spüren zu können, wie der Fluss ihres Lebens sie mitriss, aus den stillen Gewässern hinwegschwemmte und unbekannten Ufern entgegenführte. Sie hielt an Toby fest wie an einem Anker.
    Lazen Castle war belagert.

16
    Ende Mai waren die Rundköpfe immer noch da, ohne allerdings etwas zu unternehmen, um die Burg einzunehmen. Selbst auf Campion, die in diesen Dingen keinerlei Erfahrung hatte, wirkte dieses Verhalten stümperhaft.
    Die Soldaten konzentrierten sich auf den Norden, wo sie aus Holz und Erde eine große Schanze für ihre Geschütze gebaut hatten. Eines Morgens war aus einem dieser Geschütze gefeuert worden. Der laute Knall hatte sämtliche Vögel in der Umgebung aufgeschreckt. Eine schwere Kugel war mit ungeheurer Wucht auf die Nordmauer geprallt, allerdings ohne größeren Schaden anzurichten. Oberst Washingtons Hauptsorge galt einer anderen Waffe des Feindes, einer Büchse, die er als einen «heimtückischen Kochtopf» bezeichnete. Sie schleuderte ihre Geschosse hoch in die Luft und über alle Schutzwälle hinweg. Diese Waffe, auch Mörser genannt, forderte das erste Opfer von Lazen, eine Küchenmagd, die gerade Geschirr spülte, als die Kugel einschlug und ihren Schädel zerschmetterte. Oberst Washington ließ dem Feind einen Brief zukommen, überbracht von einem Boten unter weißer Flagge, und gratulierte ihm mit beißendem Spott zum Abschuss der Magd. Außerdem teilte er ihm den Zeitpunkt ihrer Beisetzung mit und verlangte, dass während des Gottesdienstes die Waffen ruhten. Die Rundköpfe kamen seiner Forderung nach und stellten das Feuer ein.
    Die feindlichen Krieger lagerten in Zelten oder hausten in den verlassenen Hütten des Dorfes, während sie mit Wachposten und Patrouillen das gesamte Anwesen umstellten. Zahlenmäßig waren sie der Garnison mindestens um das Dreifache überlegen, was Oberst Washington aber kaum zu beeindrucken schien; er schaute mit Verachtung auf den Feind herab. In der ersten Maiwoche hatte er mit einem kleinen Trupp einen Ausfall gewagt und im Schutz der anbrechenden Dunkelheit und des neuen Walls am Torhaus die Schanze gestürmt. Vom Bergfried aus hatten Campion und Lady Margaret zugeschaut und gesehen, wie das Lazender-Banner über dem feindlichen Bollwerk gehisst worden war. Sie hatten die Jubelrufe der Königstreuen vernommen und auch deutlich die Hammerschläge gehört, mit denen die Zündlöcher der feindlichen Kanonen vernagelt worden waren. Campion sah das Mündungsfeuer der Musketen und lauschte dem Gebrüll der Verteidiger des Schlosses: «König Charles! König Charles!»
    «Zurück! Zurück!» Hoch zu Pferde winkte Oberst Washington seine Männer zu sich. Eine letzte Musketensalve richtete sich gegen den Feind, der zum Gegenangriff blies; dann sprangen die Royalisten über die Palisaden, die sie eingerissen hatten, und rannten zurück zur Burg. Campion sah Toby mit gezogenem Schwert seine Männer antreiben, und plötzlich erblickte sie am Nordhimmel ein Wetterleuchten, das den Horizont in Flammen aufgehen ließ. Über der Schanze stieg eine riesige Rauchwolke auf, gefolgt von gewaltigen Donnerschlägen. Das Pulvermagazin der Feinde war explodiert. «König Charles! König Charles!»
    Zehn Tage lang schwiegen die Waffen. Der Feind zog sich ein Stück zurück, baute eine neue Schanze und musste eine weitere Schlappe erleiden, die er sich allerdings selbst zuzuschreiben hatte. Der Wassergraben von Lazen wurde von einer Quelle im Nordosten der Burg gespeist, die der Feind nun abzugraben versuchte, was ihm schließlich auch gelang, obwohl er von Oberst Washingtons Falken mit Beschuss belegt wurde. Der Erfolg schien einen Sieg der Parlamentarier zu verheißen, denn schon nach vier Tagen war das Wasser der Gräben im Norden und Südwesten versickert, und wo sonst prächtige Seerosen gediehen, war nur noch stinkender Schlamm übrig geblieben. Der bildete zwar ein kaum überwindliches Hindernis,

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