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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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ihr offenbar die Sprache verschlagen.»
    «‹Unser Vater im Himmel!›», hob Campion an und brachte ihn damit zum Schweigen. Sie sprach mit laut vernehmlicher Stimme, die ihr verliehen wurde von einer inneren Kraft und der Entschlossenheit, sich gegen dieses Verfahren zu wehren. Im Stillgebet hatte sie diese Kraft von Gott erfleht, und nun hallte ihre Stimme klar und deutlich durch den Raum. «‹Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden.›» Sie sprach aus voller Seele, mit Sinn und Verstand. Die Augen geschlossen und den Kopf hoch erhoben, richtete sie die Worte nicht an das Tribunal, sondern an ihren Heiland, der wie sie von Priestern und Rechtsgelehrten verfolgt worden war. «‹Unser täglich Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.›» Keiner der Anwälte rührte sich. Auch die Schreiber waren wie erstarrt. «‹Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.›» Treu-bis-in-den-Tod Hervey wurde nervös. Er rückte noch dichter an sie heran und stach ihr das Messer in die Haut über den Rippen, sodass sie plötzlich laut aufschrie und die Augen aufriss.
    «Da habt Ihr’s!» Er ließ das Messer in der Tasche verschwinden. «Sie kann die Worte nicht aussprechen. Es gelingt ihr nicht. Seht Ihr, wie sie sich windet? Seht Ihr, wie sich der Teufel in ihr wehrt?» Er nahm die Bibel von ihrem Schoß. «Sie ist eine Hexe!»
    «Nein!»
    Treu-bis-in-den-Tod wich zurück und zeigte mit dem Finger auf sie. «Eine Hexe!»
    «‹Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden …›» Trotzig wiederholte sie das Gebet des Herrn, doch Hervey schlug ihr wuchtig ins Gesicht.
    «Sie lästert Gott!», brüllte er.
    Das Publikum geriet in Aufruhr und klatschte Hervey Beifall. Campions Wange schmerzte. Der Tumult hinter ihr nahm eine bedrohliche Lautstärke an. Caleb Higbed fürchtete, dass ihm die Verhandlung außer Kontrolle geriet, und hämmerte mit der Faust auf den Tisch. «Ruhe! Ruhe!» Er wartete, bis sich der Lärm gelegt hatte und sagte lächelnd: «Ich glaube, wir haben genug gehört. Nicht wahr?» Die Kollegen nickten. Caleb Higbed suchte seine Papiere zusammen. «Ich möchte mich bei Pfarrer Treu-bis-in-den-Tod Hervey bedanken und natürlich auch bei Pfarrer Palley.» Die beiden Geistlichen verbeugten sich artig. Mit Blick auf Campion sagte Caleb Higbed: «Es war ein interessanter Vormittag. Wir werden unsere Erkenntnisse den Geschworenen unterbreiten, die dann entscheiden, ob dieser Fall vor dem Strafgericht verhandelt wird.» Er lächelte ihr zu und winkte die Soldaten herbei. «Ihr könnt sie abführen.»
    Man brachte sie ins Gefängnis zurück, stieß sie in ihre kalte, stinkende Zelle und verriegelte die Tür. Sie hockte sich aufs Strohlager, beinahe froh darüber, wieder allein zu sein, und scheuerte mit dem Sackleinen die Brüste ab, bis ihr die Haut wund wurde. Doch das Gefühl, besudelt und geschändet zu sein, blieb. Sie lehnte den Kopf an die kalte, feuchte Steinmauer und weinte. Sie war verloren.

    Ebenezer Slythe hatte die Demütigung seiner Schwester mitangesehen. Er hatte in der letzten Bankreihe gesessen und war sich sicher, dass sie ihn nicht gesehen hatte. Er dachte an die unerschütterliche Zuversicht, die sie als Kind auch dann noch beibehalten hatte, wenn ihre Eltern sich gegen sie zusammengetan hatten. Ihm, Ebenezer, war ihre Lebensfreude stets ein Dorn im Auge gewesen. Sie hatte laufen, springen und lachen können, während er in einem verkrüppelten Körper gefangen war. Doch jetzt hatte sich das Blatt gewendet, und er empfand eine tiefe Genugtuung darüber, dass ihr Lebensmut gebrochen zu sein schien.
    Er wartete, bis sich der Saal geleert hatte, und folgte dann den Anwälten nach draußen auf ein kleines Rasenstück vor der Kapelle des Towers. Als Caleb Higbed ihn sah, entschuldigte er sich bei seinen Kollegen und kam auf ihn zu. «Mr   Slythe, seid Ihr zufrieden?»
    «Zufrieden und dankbar, Sir.» Ebenezer wollte Caleb Higbed, diesen erfolgreichen und einflussreichen Mann, nicht brüskieren. «Es wird doch wohl keine Probleme geben, oder?»
    «Probleme?» Caleb Higbed reckte sich und wandte sein freundliches Gesicht der Sonne zu. «Ein herrlicher Tag! Ist Euch bekannt, dass bei Houndsditch Mohnblumen blühen? Ich kam gestern dort vorbei, es war eine Pracht. Es erstaunt mich immer wieder, wie viele

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