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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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Katholikin war, würde er damit die Massen aufrühren können. Auf der Welle ihrer Empörung wollte er zu Ruhm gelangen.
    Der Mercurius Britanicus bezeichnete Dorcas Scammell als Katholikin und führte als Beleg an, dass sie ein Kruzifix am Hals trug, «jenes teuflische Emblem, das Hexen auszeichnet. Sie gab sich alle Mühe, es in einem mit Edelsteinen verzierten Amulett zu verbergen, damit niemand seine wahre Natur erfahre. Dank des Allmächtigen aber konnte sein Diener Treu-bis-in-den-Tod Hervey das Böse in seiner Arglist überführen, was ihm auch weiterhin gelingen möge. Darum beten wir.»
    Pfarrer Treu-bis-in-den-Tod Hervey war zufrieden mit seinem Werk. Er hatte die Hexerei mit dem Katholizismus in Verbindung gebracht, beides den Royalisten zugeschrieben und sich damit selbst als Teufelsaustreiber ersten Ranges in Szene gesetzt. Der Herausgeber des Mercurius ahnte, dass diese Geschichte hohe Wellen schlagen würde und verfasste einen eigenen Kommentar. Er pries den Pfarrer, warnte das protestantische England vor den Tücken des Teufels und rief Treu-bis-in-den-Tod dazu auf, alle Hexen dingfest zu machen, die das Königreich Gottes zu beschmutzen versuchten. Auf Herveys Drängen hin fügte er noch einen Absatz hinzu und schrieb, dass sich dieser aus Sorge um das Seelenheil der weiblichen Bevölkerung bereiterklärt habe, jede Frau, sei sie arm oder reich, in seinem Haus an der Seething Lane zu empfangen und auf Herz und Nieren zu überprüfen. Gegen eine geringe Summe Geldes werde er ihr ein Zeugnis ausstellen, das sie freispreche von der Macht des Bösen. Mit einem solchen Zeugnis ausgestattet, brauche sich keine Frau mehr zu fürchten.
    Gleich nach Erscheinen dieser jüngsten Ausgabe des Mercurius wurde Herveys Haus von Frauen belagert, die sich von ihm untersuchen lassen wollten, und so wurde er über Nacht zur Berühmtheit. Er wurde gebeten, in der Stadt, in Westminster und in einigen Gemeinden außerhalb Londons zu predigen, und erhielt so viele Einladungen, dass er nur einem geringen Teil nachkommen konnte. Mit den Frauen, die ihn um Rat ersuchten, arbeitete er Tag und Nacht. Gründlich und gewissenhaft erforschte er ihre Körper auf der Suche nach Hexenmalen, und wirkte somit überaus segensreich in Gottes Weingarten – endlich ein glücklicher Mann.

    «Himmelherrgott! Wer um alles in der Welt ist dafür verantwortlich?» Sir Grenville, gerade nach London zurückgekehrt, war außer sich. Ebenezer hatte ihn noch nie so wütend erlebt. Der kleine Mann schlug mit der Faust auf die Zeitung und schrie: «Sind in dieser Stadt alle verrückt geworden? Kaum bin ich einmal zwei Wochen nicht zur Stelle, schon geht alles drunter und drüber.» Seine Arme umklammerten seinen großen Wanst. «Um Himmels willen, wer, Ebenezer?»
    Ebenezer zuckte mit den Achseln. Er stand am Fenster und starrte auf das Lambeth-Moor jenseits des Flusses. «Hervey, wenn mich nicht alles täuscht.»
    «Hervey! Dieser verdammte Kerl. War er nicht gewarnt?»
    «Nicht ausdrücklich.»
    «Himmel! Warum nicht?»
    Ebenezer wandte sich mit ausdrucksloser Miene seinem Gegenüber zu. «Es war meine Schuld.»
    Dieses Eingeständnis schien Sir Grenville milder zu stimmen. Er nahm den Mercurius zur Hand und starrte auf den grob geschnitzten Holzschnitt. «Du musst immer darüber informiert sein, was deine Leute tun, immer. Herr im Himmel! Die Menschen sind so dumm. Wenn man ihnen nicht zeigt, wie’s geht, pissen sie am Ende aus den Nasenlöchern. Gott verdammt nochmal, Ebenezer.»
    Ebenezer konnte Sir Grenvilles Wut gut nachvollziehen. Der Mercurius Britanicus zirkulierte als das wichtigste Nachrichtenblatt der Rebellen auch außerhalb von London, nicht zuletzt auch in den großen Städten des europäischen Festlands. Die Bankiers aus Florenz, den Niederlanden und Venedig waren überaus interessiert am Verlauf des Krieges, in den sie viel Geld investiert hatten. Sieg oder Niederlage der einen oder anderen Seite bedeutete für sie Gewinn oder Ruin. Sir Grenville hatte schon bei anderer Gelegenheit ausführlich darauf hingewiesen, dass der Mercurius in Amsterdam gelesen wurde, noch bevor er das Parlamentsheer im Norden erreichte. «Und wer hält sich in Amsterdam auf?», hatte er geschrien.
    «Lopez.»
    «Lopez! Dieser verdammte, dreckige Jude. Lopez!»
    Sir Grenvilles Stimme war jetzt nur noch ein klägliches Winseln. Er schüttelte den Kopf und sagte: «Dieser verfluchte Pfaffe hat das Siegel beschrieben. Um Himmels willen. Das

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