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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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Parlament nicht mehr und fürchtete, dass es, wenn der König geschlagen wäre, außer Kontrolle geriete.
    Die Fanatiker schürten die Rebellion und münzten sie um. Sie sprachen inzwischen nicht mehr nur davon, die Bischöfe abzuschaffen, sondern auch den König. Sie beschworen das Ende von Besitz und Privilegien, und Sir George erinnerte sich mit Schrecken an einen Vers, der im vergangenen Jahr in aller Munde war:
Wir lehren den Adel, sich zu ducken,
und halten die Junker in Schranken.
    Nun, Sir George war ein Gentleman, und Anne, seine älteste Tochter, hatte den Earl of Fleet geheiratet, ein Mitglied des Adels und selbst von puritanischer Gesinnung. Er glaubte, dass sich die Fanatiker in Schach halten ließen, wovon Sir George jedoch längst nicht mehr überzeugt war. Er konnte nicht gutheißen, was ihm und seinen Kindern letztlich schaden würde, und so hatte er zähneknirschend beschlossen, das Lager zu wechseln. Er würde London verlassen, seine kostbaren Bücher, sein Silber, das Zinngerät und die Möbel zusammenpacken und nach Lazen Castle zurückkehren.
    Natürlich würde er London vermissen. Er blickte von seinem Buch auf und schaute wehmütig in die Runde. Hier, unter dem Kreuz der Kathedrale, versammelte sich beschäftigungsloses Dienstpersonal auf der Suche nach Arbeit, hier bauten Buchhändler ihre Stände auf. Es war ein Ort voller Leben, Farbe und Bewegung, und Sir George hatte Gefallen daran. Er liebte die überfüllten Straßen, das lärmende Treiben, die Gespräche mit anderen und die vielen Hinweise darauf, dass sich die Dinge entwickelten, weil es keinen Stillstand geben konnte. Ihm würde die Politik fehlen, das Amüsement und nicht zuletzt auch sein Haus in der Nähe von Charing Cross, von dem er zur einen Seite hin auf grüne Felder blicken konnte und zur anderen das von Rauch verhangene Herz der großen Stadt sah. Aber London war eben auch das Zentrum der Rebellion. Als jemand, der das Lager wechselte, konnte er hier nicht bleiben.
    «Sir George! Sir George!», rief eine Stimme aus Richtung Ludgate Hill.
    Widerwillig legte er das Buch zurück in die Auslage. Dadurch, dass er zu lesen vorgab, ließ sich der Mann, der da auf ihn zulief, nicht abwimmeln. «Mein lieber John!»
    Soeben noch hatte Sir George an seinen Schwiegersohn, den Earl of Fleet, denken müssen, jetzt drängte der, schwitzend und mit gerötetem Gesicht, durch die Menge auf ihn zu. «Sir George!», rief er wieder, offenbar in Sorge, dass ihm der Schwiegervater entkommen könnte.
    Mit seinen fünfundfünfzig Jahren galt Sir George unter seinen Kollegen als alter Mann, obwohl er immer noch durchaus rüstig und agil war. Trotz der weißen Haare wirkte sein Gesicht fast jugendlich. Dagegen schien der Earl of Fleet, obwohl zwanzig Jahre jünger als Sir George, vorzeitig gealtert zu sein. Er war ein ernsthafter und, wie Sir George fand, geradezu nervtötend langweiliger Zeitgenosse. Wie so viele andere Aristokraten puritanischer Gesinnung kämpfte er für das Parlament. «Wusst’ ich’s doch, dass ich Euch hier antreffe, Schwiegervater. Ich komme gerade von Whitehall.»
    Sir George lächelte. «Es ist mir immer ein Vergnügen, dich zu sehen, John.»
    «Wir müssen reden, Sir George. Über eine Sache äußerster Dringlichkeit.»
    «Ah.» Sir George schaute sich in der Menge um. Er ahnte, dass der Graf nicht Gefahr laufen wollte, belauscht zu werden, und schlug darum vor, gemeinsam in einem Boot nach Whitehall zurückzufahren. Seltsam, dachte Sir George, dass den Schiffern kaum jemand zu misstrauen schien.
    Sie gingen die steile Straße hinunter, die zur Anlegestelle von St. Peter’s führte, durch ein Spalier von Marktständen und unter frisch gewaschener Wäsche hindurch, die an quer über die Straße gespannten Leinen hing. Am Pier angelangt, reihten sie sich in die Schlange derer ein, die wie sie auf ein Fährboot warteten. Es würde noch eine Weile dauern, bis die beiden an die Reihe kämen, was den Earl sichtlich verdross. Er war ein vielbeschäftigter Mann und bereitete sich darauf vor, in einer Woche in den Westen des Landes zu ziehen, um am Krieg teilzunehmen. Sir George konnte sich seinen beleibten, selbstgefälligen Schwiegersohn so gar nicht als Anführer einer Truppe vorstellen, ließ seine Belustigung über diesen Gedanken aber nicht durchblicken.
    Langsam rückten sie mit der kürzer werdenden Schlange weiter vor. Sir George blickte nach links auf die London Bridge, die im hellen Sonnenlicht strahlte. Schade,

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