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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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dachte er, dass die am Stadtrand der Brücke abgebrannten Häuser nicht wieder aufgebaut worden waren, denn das Gesamtbild litt unter der klaffenden Lücke. Trotzdem war die weit über den Fluss gespannte Brücke mit ihren Häusern, Geschäften und der Kirche immer noch eines der prächtigsten Bauwerke ganz Europas. Wieder empfand Sir George schmerzliche Wehmut. Er würde den Sonnenglanz auf der Themse vermissen, das Gewimmel der Boote, das Dickicht der Masten unter der Brücke.
    «Wohin, meine Herrn?», rief ihnen ein Fährmann mit heiterer Stimme zu. Der Graf half Sir George ins Boot.
    «Privy Stairs.» Der Earl of Fleet versuchte einen Ton anzuschlagen, der anklingen lassen sollte, dass er in äußerst wichtigen Geschäften unterwegs war.
    Der Schiffer und sein Helfer legten sich in die Riemen und lenkten das Boot in den Strom. Mit Blick auf seinen Schwiegersohn fragte Sir George: «Was hast du auf dem Herzen, John?»
    «Es ist wegen Toby, Sir George.»
    «So, so.» Sir George hatte schon befürchtet, auf seinen Loyalitätswandel hin angesprochen zu werden. Stattdessen wünschte der Graf über seine, Sir Georges, andere große Sorge zu reden: über seinen Sohn. «Was hat er nun schon wieder verbrochen?»
    «Das wisst Ihr nicht?»
    Sir George schob seinen schwarzen Hut in den Nacken zurück, um sich die Stirn von der Sonne wärmen zu lassen. Rechter Hand endete die Stadtmauer Londons am Baynard’s Castle, hinter dem das alte Theater Blackfriar’s lag. Sir George entschied sich, Unwissenheit vorzutäuschen, um dem Grafen den Wind aus den Segeln zu nehmen. «Toby? Wie du weißt, hatte er eine Zulassung am Gray’s Inn. Er sollte also einiges über die Juristerei wissen, zumindest so viel, dass er mit dem Gesetz nicht in Konflikt gerät. Allerdings glaube ich, dass er sich langweilt. Vielleicht ist er deshalb manchmal ein wenig ungestüm. Das war ich früher auch.» Er schaute seinen Schwiegersohn an. «So sind junge Männer nun einmal, John.»
    Der Earl of Fleet runzelte die Stirn. Er war nie ungestüm gewesen. «Verzeiht, Sir George, aber darum geht es nicht.» Von den Rudern aufgerührt, spritzte Wasser auf seinen schwarzen Mantel, das er unsinnigerweise mit der Hand abzuwischen versuchte. «Ich fürchte, Euch betrüben zu müssen.» Der Graf fühlte sich in der Rolle des Überbringers schlechter Nachrichten offenbar nicht wohl.
    «Sei’s drum», erwiderte Sir George gelassen.
    «Nun denn …» Fleet holte tief Luft. «Euer Sohn, Sir George, ergreift aktiv Partei für unsere Feinde. Ja, das tut er, obwohl er das Gegenteil behauptet.» Der Graf stach mit dem Zeigefinger auf sein Knie ein, um seinen Worten zusätzliches Gewicht zu verleihen. «Wenn sein Treiben ruchbar wird, drohen ihm aller Wahrscheinlichkeit nach Gefangennahme, Prozess und Kerkerhaft.»
    «Ja.» Sir George schien immer noch ungerührt zu sein. Er blickte an seinem Gefährten vorbei auf die Menge, die an den Temple Stairs auf Boote wartete. Er wusste um die Aktivitäten seines Sohnes, denn er war eingeweiht. Wie aber war der Earl of Fleet in Kenntnis darüber gelangt? «Ich hoffe, du sitzt nicht bloß irgendwelchen Gerüchten auf, John.»
    «Gewiss nicht.» Den Grafen betrübte es wahrhaftig sehr, schlechte Nachrichten überbringen zu müssen. «Ich fürchte, jeder Zweifel ist ausgeschlossen.»
    «Dann solltest du mir reinen Wein einschenken.»
    Fleet fing in seinem Bericht, wie von Sir George befürchtet, ganz von vorn an und beschrieb Tobys Umtriebe mit pedantischer Ausführlichkeit. Was er sagte, entsprach der Wahrheit. Toby hatte sich in eine Konspiration der Royalisten verwickeln lassen, eine Konspiration, von der Sir George wusste, dass sie zum Scheitern verurteilt war. Es gab reiche Kaufleute in London, die in Opposition zum Parlament standen, aber aufgrund ihrer Geschäfte daran gehindert waren, die Stadt zu verlassen. Manche von ihnen hatten dem König, der in Oxford weilte, versprochen, dafür zu sorgen, dass sich, wenn es Seine Majestät wünsche, eine beträchtliche Zahl von Männern unter seiner im Zentrum Londons errichteten Standarte versammeln würde. Sie planten eine Rebellion gegen die Rebellen, einen Aufstand im Herzen der Hauptstadt, und Sir George wusste, dass Toby damit beauftragt worden war, festzustellen, wie viele Männer den königstreuen Kaufleuten folgen würden.
    Sir George wusste Bescheid, weil Toby ihn davon in Kenntnis gesetzt hatte. Vater und Sohn waren einander in Respekt und Liebe zugetan, und obwohl Sir George

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