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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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starrte sie aus seinen Froschaugen an. «Wisst Ihr, wer Narziss war, Miss Slythe?»
    «Nein, Sir.»
    «Natürlich nicht. Ihr seid ja eine Puritanerin. Aber die Geschichten aus der Bibel kennt Ihr gut, oder?»
    «Das will ich hoffen, Sir.» Sie fühlte sich von ihm verspottet. Er lächelte.
    «Narziss war ein junger Mann von solcher Schönheit, dass er sich in sich selbst verliebte. Stundenlang betrachtete er sein Spiegelbild und wurde zur Strafe in eine Blume verwandelt, die Blume, die wir Narzisse nennen. Findet Ihr nicht auch, dass er sehr schön ist, Miss Slythe?»
    Seine Frage brachte sie in Verlegenheit. Sie nickte. «Ja, Sir.»
    «So ist es, Miss Slythe, so ist es.» Sir Grenville Cony starrte auf sein Gemälde. «Auch dieses Bild ist eine Strafe.»
    «Eine Strafe, Sir?»
    «Der dargestellte junge Mann war mir bekannt. Ich habe ihm meine Freundschaft angeboten, doch er wollte lieber mein Feind sein. Um mich an ihm zu rächen, habe ich sein Gesicht auf Leinwand bannen lassen. Alle, die es sehen, sollen glauben, dass er mein Freund ist und für mich Modell gestanden hat.» Er schaute sie an und lächelte. «Ihr wisst wahrscheinlich nicht, wovon ich spreche, oder?»
    «Nein, Sir.»
    «Süße Unschuld. Ihr braucht nur zu wissen, dass ich als Freund sehr großzügig bin, als Feind aber fürchterlich. Was ist?»
    Die Frage war nicht an Campion gerichtet, sondern an einen großgewachsenen, stattlichen jungen Mann, der in den Raum getreten war und mit einer Hand voll Papiere vor dem Schreibtisch wartete.
    «Die Sache Manchester, Sir Grenville.»
    Sir Grenville Cony hob den Kopf. «Ah! Das Darlehen für den Lord. Ich dachte, ich hätte die Papiere bereits unterzeichnet, John.»
    «Nein, Sir Grenville.»
    Sir Grenville ging an den Tisch, nahm seinem Angestellten die Papiere aus der Hand und blätterte sie durch. «Zwölf Prozent, nicht wahr? Wie teuer unser Geld geworden ist! Ist er aufdringlich?»
    «Ja, Sir Grenville.»
    «Gut. Mir gefällt es, wenn meine Schuldner aufdringlich sind.» Er griff nach einer Schreibfeder, tunkte sie in Tinte und unterschrieb. Dann, ohne sich zu ihr umzudrehen, sagte er: «Ist Euch nicht zu warm in dem Umhang, Miss Slythe? Mein Sekretär nimmt ihn Euch ab. John?» Der junge Mann eilte zu Hilfe.
    «Ich behalte ihn lieber an, Sir. Wenn ich darf», fügte sie zaghaft hinzu.
    «Oh, natürlich, Miss Slythe, Ihr dürft.» Sir Grenville blickte immer noch auf die Papiere. «Ihr dürft alles, wie es scheint.» Er nahm eines der Papiere zur Hand. «John, richte dem Lord von Essex aus, dass er kein Pulver mehr für seine Kanonen bekommt, falls der Salpeter besteuert werden sollte. Ich finde, wir sollten ihn wie einen einfachen Soldaten behandeln. Er scheint sich in dieser Rolle wohl zu fühlen.» Er reichte seinem Sekretär die Dokumente. «Gut. Und nun lass uns allein. Miss Slythe und ich wünschen nicht gestört zu werden.»
    Der Sekretär ging und zog die Tür hinter sich zu. Zu ihrem Befremden hörte Campion, wie wieder ein Schlüssel im Schloss bewegt wurde, was Sir Grenville Cony nicht zu beachten schien. Er quetschte seinen massigen Körper durch die Lücke zwischen Tisch und Wand und nahm in dem großen Ledersessel Platz. «Ihr seid also Miss Dorcas Slythe.»
    «Ja, Sir.»
    «Und ich bin, wie ihr zweifellos schon erraten habt, Sir Grenville Cony. Ich bin ein vielbeschäftigter Mann. Aus welchem Grund seid Ihr zu mir gekommen?»
    Dass er so unvermittelt zur Sache kam, verunsicherte sie ebenso sehr wie sein außergewöhnlich hässliches Gesicht. Sie und Toby hatten sich dieses Treffen ganz anders vorgestellt.
    «Ich möchte Euch ein paar Fragen stellen, Sir.»
    «Das heißt wohl, Ihr erhofft Euch Antworten von mir. Worum geht’s?»
    Der kleine, fette Mann machte ihr Angst, doch wollte sie ihm gegenüber keine Schwäche zeigen und sagte klar und deutlich: «Es geht um das Testament meines Vaters, Sir, um den Bund.»
    Er lächelte, und sein breiter Mund kräuselte sich tückisch. «Nehmt doch Platz, Miss Slythe, ich bitte Euch.» Er wartete, bis sie auf dem Rand des zerbrechlich aussehenden Stuhls Platz genommen hatte. «Ihr wünscht also, Antworten von mir zu erhalten. Nun, warum auch nicht? Dafür sind Advokaten schließlich da. Prediger sind für Glaubensfragen da, Poeten für Phantasien und Advokaten für Tatsachen. Stellt mir Eure Fragen.»
    Sir Grenville legte ein seltsames Verhalten an den Tag, während er sprach. Seine Hand kroch wie ein Krebs langsam über die Tischplatte auf eine

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