Das Hexen-Amulett (German Edition)
abgemacht, dass er den Engländer über alles unterrichtete, was sich über Mordecai Lopez in Erfahrung bringen ließ, wie unwichtig die Information auch scheinen mochte. Zwei Jahre lang hatte es keine Nachrichten über ihn gegeben. Und nun dies. Lopez war auf seinem Schiff, der Wanderer , nach Amsterdam zurückgekehrt und hatte dort wieder sein altes, prächtiges Haus bezogen. Laut Cottjens deutete alles darauf hin, dass Lopez für längere Zeit zu bleiben gedachte, denn er hatte ein Gutteil seiner Habe aus Venedig mitgebracht und die Wanderer zu Reparaturzwecken abtakeln lassen.
Sir Grenville Cony führte seinen Sekretär in einen stillen Winkel vor dem alten Jewel Tower. «Warum? Warum? Warum ist dieses jüdische Miststück ausgerechnet jetzt zurückgekehrt?» Ein Bettler kam auf verkrüppelten Beinen herbeigehumpelt und behauptete, im Dienst des Parlaments verwundet worden zu sein. Sir Grenville kehrte ihm den Rücken.
Gütiger Himmel! Diese Nachricht hatte dem Advokaten gerade noch gefehlt. Das Mädchen war verschwunden, Grimmett, sein treuer Grimmett, tot, und zu allem Überfluss hatte es Scammell, dieser feiste Narr, versäumt, seine Braut rechtzeitig zu entjungfern. Immerhin gab es die Heiratsurkunde, die in Scammells festem Ziegelhaus vom Feuer auf der Werft verschont geblieben war und bis zum Beweis des Gegenteils gültig sein würde. Conys einziges Vergnügen an der ganzen Sache hatte darin bestanden, Scammell heulen und die Hände ringen zu sehen, als er ihm die Leviten gelesen hatte.
Und nun dies! Lopez war nach Amsterdam zurückgekehrt. Sir Grenville versetzte dem Bettler, der an seiner Robe zerrte, einen heftigen Tritt. «Er weiß Bescheid, John! Er weiß Bescheid.»
Der Sekretär zuckte mit den Achseln. «Glaubt Ihr wirklich, Sir Grenville?»
«Natürlich! Wieso wäre er sonst gekommen? Das Mädchen wird ihm eine Nachricht geschickt haben. Verdammt! Sie hat das Siegel, John, das Siegel!» Er war auf dem kleinen Rasenstück mit stampfenden Schritten auf und ab gegangen, nun aber stehengeblieben und auf dem Absatz herumgewirbelt. Mit ausgestrecktem Finger zeigte er auf John Morse, als wäre dieser an allem schuld.
Der Sekretär versuchte sich zu beherrschen. «Das sind nur Spekulationen, Sir.»
«Papperlapapp! Natürlich weiß er Bescheid.» Wie unter Schmerzen kniff Cony seine Glubschaugen zusammen. «Verdammt, verdammt! Sie hat es. Es war die ganze Zeit in ihrem Besitz. Sie hat mich hinters Licht geführt. Verdammt!», knurrte er und schien plötzlich zu erstarren.
Als er sich wieder bewegte und die Augen langsam öffnete, war er ganz ruhig. Morse kannte dieses Wechselspiel. Seine Wut hatte sich gelegt und kühler Besonnenheit Platz gemacht. «Wer von unseren Leuten würde das Mädchen wiedererkennen?»
Morse dachte nach. «Ich und die Bootsmannschaft.»
Sir Grenville schnippte mit den Fingern. «Die Bootsmannschaft. Wer davon ist unser bester Mann?»
«Taylor, Sir Grenville.»
«Schick ihn und zwei Männer meiner Leibwache nach Amsterdam. Falls das Mädchen versuchen sollte, mit dem Juden in Kontakt zu treten, sollen sie zugreifen. Wenn sie Erfolg haben, zahle ich jedem von ihnen hundert Pfund.»
Der Sekretär hob die Augenbrauen, sagte aber nichts. Sir Grenville krauste die Stirn. «Wir müssen sie finden, John. Unbedingt. Wer ist zur Zeit in Werlatton?»
«Davis, Sir.»
Sir Grenville hatte eine seiner Wachen nach Werlatton geschickt mit dem Auftrag, dafür zu sorgen, dass Samuel Scammell bei seiner Suche nach dem Siegel keinen Stein auf dem anderen ließ. «Schick diesem Davis eine Nachricht. Kann er lesen?»
«Nein, Sir Grenville.»
«Verdammt. Dann schick einen Boten. Zwanzig Pfund für den, der das Mädchen ausfindig macht.»
«In Werlatton?» Morse zeigte sich verblüfft.
«Gib dich nicht dümmer als du bist. Alles was sie kennt, ist Werlatton. Wo sollte sie sonst Freunde gefunden haben, auf die sie sich verlassen könnte?» Sir Grenville überlegte. «Möglich, dass Lopez, statt sie zu sich kommen zu lassen, einen seiner Männer nach Dorset geschickt hat. Ich will, dass sie gefunden wird. Zwanzig Pfund für den, der mir einen Hinweis auf sie liefert. Verstanden? Und sorg dafür, dass sich Scammells Diener an der Suche beteiligen.»
Mehr konnte er im Moment nicht tun. Er hatte gewusst, dass einmal der Tag kommen würde, an dem die Siegel zusammengeführt werden würden, und er wollte in dem Kampf, der nun anstand, nicht unterliegen.
Es gab insgesamt vier Siegel: das des
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