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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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ihrem Hocker zur Seite und schaute ihn direkt an. »Alles begann im Januar I692, als die Tochter des Pfarrers von Salem Village, Samuel Parris, krank wurde. Sie hieß Betty. Sie war ziemlich jung – ganze neun Jahre alt -, und ihr Vater konnte einfach nicht herausfinden, was mit ihr los war. Er war ein ziemlicher entschlossener Typ, dieser Pfarrer. Einige im Dorf standen total hinter
ihm, aber andere fanden, dass er zu viele Abgaben verlangte. In all den Jahren im Dorf hatte er allerhand ungewöhnliche Forderungen gestellt, zum Beispiel die Versorgung mit Feuerholz, die Überschreibung seines Pfarrhauses -«
    »Die Überschreibung seines Pfarrhauses! Skandal!«, unterbrach sie Sam, die Stimme voller Sarkasmus, und schlug sich in gespieltem Entsetzen die Hand vor die Brust.
    »Ja, Mensch!«, sagte Connie lachend und legte Sam eine Hand auf den Arm. »Wofür hielt der sich denn? Und so kommt es, dass Parris sich zu der Zeit, als Betty krank wird, im Dorf schon einige Feinde gemacht hat. Die Leute waren übrigens ganz schön ruppige Zeitgenossen.«
    Connie hielt inne, um an ihrem Bier zu nippen. »Eigentlich genau wie heute«, grübelte sie, und Sam grinste. »Jedenfalls«, fuhr sie fort, »rief Reverend Parris einen Arzt, doch der konnte nicht rausfinden, was mit dem Mädchen nicht stimmte.«
    »Wobei so ein Doc damals sowieso nicht viele Möglichkeiten hatte, oder?« fragte er.
    »Das stimmt«, pflichtete Connie ihm bei. »Man bedenke, dass das alles noch vor der wissenschaftlichen Revolution war. Damals verfügte man über keine wissenschaftlichen Methoden, weshalb man auch keinen Unterschied zwischen einer Wechselbeziehung und einer kausalen Beziehung kannte. Die Welt erschien insgesamt wie eine riesige, unbegreifliche Abfolge von zufälligen Begebenheiten und dem Wirken Gottes.«
    »Deshalb reicht es mir schon, wenn ich nostalgische Gefühle bezüglich irgendeiner geschichtlichen Epoche kriege, an Antibiotika zu denken«, sagte Sam verschmitzt. »Aber fahr doch fort.«
    Connie grinste. »Wie auch immer. Der Arzt – sein Name war Griggs, wenn ich mich recht erinnere – hätte bei ihr
wahrscheinlich einfach einen Aderlass gemacht, was ihren Zustand noch verschlimmert hätte. Das war etwa die Zeit, in der Doktoren langsam Ansehen gewannen. Ihr Beruf wurde als solcher anerkannt, und man erwartete von ihnen eine richtige Ausbildung. Vielleicht wollte der Arzt ja einfach jemand anderem den Schwarzen Peter zuschieben und versuchen, seinen Ruf zu retten. Wer weiß? Jedenfalls sagt er zu Reverend Parris, Betty sei nicht krank, sondern verhext. Und der Pfarrer beginnt in seinen Predigten zu behaupten, das Böse sei nach Salem Village gekommen. Er glaubt, dass seine Tochter dafür bestraft wird, dass die Leute in der Stadt Sünder sind, und sagt zu jedem, das Böse müsse mit Pauken und Trompeten aus dem Ort vertrieben werden. Natürlich könnte es ebenso gut sein, dass auch Parris jemandem den Schwarzen Peter zuschieben wollte. Einige Historiker gehen davon aus, dass der Pfarrer diesen Vorwürfen immer weitere Nahrung gab, weil er davon ablenken wollte, wie unbeliebt er geworden war. Dennoch redete man schon bald überall von Hexerei, und andere Mädchen in der Stadt bekamen ähnliche Anfälle wie Betty. Abigail Williams, die Nichte von Parris, die als Dienerin im Haus des Pfarrers lebte, ist eine der berühmtesten. Arthur Miller hat sie in seinem Stück Hexenjagd zur Protagonistin gemacht.«
    »Und so nahm der Hexenwahn in Salem seinen Anfang«, schloss Sam. »Verdammt!« Er verflocht die Finger und knackte laut mit den Knöcheln.
    »Genau«, sagte Connie. »Und wir alle wissen, was als Nächstes passierte. Reverend Parris’ Sklavin Tituba wird unter Anklage gestellt, sie habe die Mädchen verhext. Über diese Tituba gibt es keine einheitliche Meinung unter den Historikern. Niemand hat bisher eindeutig belegen können, ob sie von Afrikanern oder von Indianern abstammte. Jedenfalls ist das Entscheidende, dass Tituba ein Geständnis
ablegt ! Sie sagt, der Teufel sei zu ihr gekommen, in einem langen schwarzen Mantel, und habe ihr versprochen, sie könne nach Hause nach Barbados fliegen, wenn sie damit einverstanden sei, sein Werk zu verrichten.« Connie nahm einen Schluck von ihrem Bier und lächelte. »Ein paar Historiker haben auch darauf hingewiesen, wie sehr Titubas Beschreibung des Teufels auf Reverend Harris passt. Kein Wunder. Anders konnte sie sicher nicht aussprechen, was sie wirklich von dem Mann hielt.«
    Sam

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