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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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orangerote Dunstglocke, und der Asphalt gab die Hitze ab, die er über den Tag gespeichert hatte. In Marblehead hingegen wurde es bei Nacht kühl und dunkel; die Häuser waren in Finsternis gehüllt, eine frische Brise vom Meer fegte über das Land, die Sterne glitzerten wie kleine Eispunkte am Himmel. Während Connie neben Sam herging und versuchte, mit ihm mitzuhalten, konnte sie
ihn deutlich neben sich in der Dunkelheit spüren, unsichtbar, doch präsent. Immer wieder stießen die Fingerspitzen und der Daumen ihrer rechten Hand zusammen, sehnten sich danach, nach Sams Hand zu greifen. Stattdessen schob Connie die Fäuste noch tiefer in die Taschen ihrer kurzen Hose.
    »Bevor man mich für diesen Kuppeljob angeheuert hat, war ich in der Altstadt bei ein paar Restaurierungsprojekten dabei«, flüsterte Sam. Connie wusste es zu schätzen, dass er flüsterte – es zeigte ihr, dass auch ihn die Stille der Nacht berührte.
    »Und was waren das für Restaurierungsarbeiten?«, fragte sie.
    »Hauptsächlich Entkernungen«, sagte er. »Viele Leute aus Boston kaufen hier die alten Fischerhäuser auf und restaurieren sie. Ein paar Mal habe ich den Auftrag bekommen, die ganzen Erneuerungen rauszureißen, die sich in all den Jahren in den Häusern angesammelt hatten. Besonders denen, die in den Fünfzigern und Sechzigern in Wohnungen aufgeteilt wurden. Es kommen neue Käufer, die wollen, dass man die Lärmdämmungsdecken entfernt, die ursprünglichen Deckenbalken hervorholt und neue, schicke Küchen einbaut. Und in ein paar dieser Fälle, wo es den Käufern wirklich darum ging, den historischen Charakter des Hauses zu bewahren, hat man mich zurate gezogen.«
    »Das ist gut, oder?«, fragte Connie.
    »Gut für mich, weil ich die Arbeit brauche, und für sie, weil sie ein ordentlich restauriertes Haus kriegen. Nicht so gut, wenn du ein Fischer bist oder in einer Wohnung wohnst, die dir unter dem Arsch weg verkauft wird, bloß weil irgendein Banker ein Wochenenddomizil braucht.« Er blickte finster drein. Connie lächelte ihn an. »Tut mir leid«, sagte er. »Bei dem Thema geht immer der Gaul mit mir durch.«

    »Mach dir keine Gedanken«, sagte Connie. »Das kenn ich gut.«
    »Aber deshalb hab ich das Thema nicht aufs Tapet gebracht. Bei einer dieser Renovierungen in der Altstadt bin ich auf was ziemlich Interessantes gestoßen. Das möchte ich dir zeigen.«
    »Du meinst, wir gehen zu jemandem ins Haus?«, fragte Connie beunruhigt.
    »Mach dir keine Gedanken«, versicherte er ihr.
    Er bog ohne Vorwarnung in eine namenlose Seitenstraße ab, die so schmal war, dass ein Auto nur knapp hindurchfahren konnte, ohne einige der Haustüren mitzunehmen. Die Häuser waren klein und standen dicht gedrängt, was in Connie die Vermutung weckte, es habe sich früher um Stallungen, um Kutschhäuser oder kleine Scheunen gehandelt, die zu den herrschaftlichen Häusern einen Block weiter gehörten. Einige von ihnen waren in bunten, fast kindlichen Farben gestrichen – ocker, leuchtendrot, dunkelbraun. Vor winzigen Fensterchen hingen Blumenkästen, die vor Stiefmütterchen und welken Tulpen schier überflossen. »Ist nicht weit von hier«, sagte Sam und drängte sie zur Eile.
    Sie bogen um eine weitere Ecke und befanden sich nun in der Straße, zu der vermutlich früher die Stallungen gehört hatten. Die Häuser hier hatten doppelte Schornsteine und waren mit winzigen Holzschindeln gedeckt. Einige wenige waren von eher kleinen, aber üppig grünen Rasenflächen umgeben, auf denen Löwenzahn wuchs. Hie und da trennten Holzzäune die Grundstücke oder eine zerbröckelnde Steinwand, dick mit Moos bewachsen; manchmal bildete auch eine Gruppe rauschender Eichen eine natürliche Sichtblende. Connie schätzte das Alter der Häuser auf frühes achtzehntes Jahrhundert bis Mitte neunzehntes Jahrhundert – es waren eher Häuser von Schiffskapitänen als Kaufmannshäuser.
Das Mondlicht legte einen grauweißen Schimmer auf die Blätter und Grashalme und ließ die Schatten dunkler hervortreten. Connie roch Apfelholz, das irgendwo in einem Kamin verbrannte; ein Duft, der sie an die Zeit zurückerinnerte, als sie mit Grace in der Gemeinschaftsküche in Concord gesessen hatte. Ein wenig wurde ihr das Herz wund bei diesem Gedanken, und sie beschloss, Grace morgen endlich einmal anzurufen. Dann konnte sie ihr erzählen, dass sie die Seglerkneipe besucht hatte; wahrscheinlich würde das Grace freuen. Und auch von ihren Tagträumen würde sie ihr berichten.

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