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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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den klaffenden Spalten zwischen den Wänden und dem Dielenboden aufgestellt hatte, noch keine einzige gefangen hatte. Schon bald würde es so dunkel im Haus sein, dass sie nichts mehr sehen konnte. Stets hatte sie das Gefühl, als wolle das Haus die Dämmerung beschleunigen, um sie davon abzuhalten, weiter in seinen Geheimnissen herumzustochern.
    Connie strich eines der Streichhölzer an, die auf dem alten Kaminsims im Esszimmer lagen, und hielt es an den Docht der Öllampe, wobei sie diesen so weit herunterdrehte, bis sich die Flamme beruhigte und einen runden Lichtschein verbreitete. In dem Speisezimmer standen mehrere Schiffstruhen und ein in die Wand eingelassenes Regal mit Geschirr und Steingut, das zu reinigen Connie noch nicht über sich gebracht hatte. Sie trug die Lampe zum Sims und starrte auf die Sammlung von Schüreisen und Haken, die von der breiten Einfassung des Herdes baumelten. Als das Haus damals
gebaut worden war, hatte diese Feuerstelle hier seinen Mittelpunkt gebildet. Ein wenig Asche lag immer noch drin, kalt und verlassen. Nachdenklich kaute sie an ihren Fingerknöcheln.
    Connie fuhr mit dem Finger über die Schmutzschicht auf dem Sims, die das gesamte Geschirrregal bedeckte, und hinterließ eine blanke Spur, unter der das Holz sichtbar wurde. Irgendwann würde sie dieses ganze Geschirr spülen müssen. Es verpacken. Es verkaufen. Angesichts der gewaltigen Ausmaße dieser unangenehmen Aufgabe fühlte sie sich auf einmal müde, wie überwältigt. Sie zog einen der Stühle mit den geschnitzten Lehnen unter dem Tisch hervor, setzte sich und legte das Kinn auf ihre Hand, während sich die Dunkelheit über das stille Haus legte. Auf der anderen Seite des Zimmers, zwischen zwei weiteren längst abgestorbenen Pflanzen, hing das Dreiviertelporträt einer brünetten Frau mit wasserblauen Augen, die mit einem spröden Lächeln auf sie herabblickte. Sie trug ein Kleid, wie es in den Dreißigerjahren des neunzehnten Jahrhunderts modern gewesen war, mit einer schmalen Taille und abfallenden Schultern.
    »Was guckst du eigentlich so selbstzufrieden?«, fragte Connie sie. Es war nicht weiter überraschend, dass das Bild keine Antwort gab. Stattdessen pflanzten sich zwei Hundepfoten in ihren Schoß, und Arlo schob seine Schnauze unter ihren Arm.
    Sie blickte in die Augen des Tieres und lächelte. »Ich finde, das ist eine tolle Idee, Arlo«, sagte sie und sprang auf.
     
    Auch den anderen Bewohnern des alten Teils von Marblehead war die aufgestaute Hitze des Tages daheim offenbar zu viel geworden, weshalb die Gegend geradezu belebt war, als Connie auf ihrem Weg zur Telefonzelle um die Ecke bog. Der Tresen der Eisdiele war von Teenagern dicht umdrängt,
alles hielt Arme und Beine in die kühle Luft der Klimaanlage. Weiter unten an der Straße drang Lärm aus der offenen Tür eines italienischen Restaurants, wo sich die Eltern der Halbwüchsigen an der Bar zusammengefunden hatten. Ein Trupp Jungs rollte auf Skateboards vorbei, und Arlo suchte hinter Connies Beinen Schutz, als sie vorbeisausten.
    »Schisshase«, sagte Connie zu ihm. Sie machte die Tür zur Telefonzelle auf, warf sich ihr Handtuch über die Schulter und wählte die Nummer ihrer Mutter in New Mexico.
    Sie war vollkommen unvorbereitet, als Grace schon beim ersten Klingeln dranging. »Mom?«, fragte sie, unfähig, ihre Überraschung zu verbergen.
    »Connie! Ich bin ja so froh, dass ich dich erwischt habe«, sagte Grace Goodwin mit fröhlicher Stimme.
    » Ich hab dich angerufen«, konnte sich Connie nicht verkneifen.
    »Ach, mein Liebling. Leg nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Aber wie geht es denn so? Wie findest du das Haus? Hast du dich eingelebt?« Grace klang immer so positiv. Es war ein Zug, der Connie als Jugendliche ohne Ende genervt hatte, doch mittlerweile wusste sie ihn zu ihrer eigenen Überraschung zu schätzen. Sie merkte, dass sie lächelte.
    »Ja, danke, aber du hattest Recht – das Haus ist eine Katastrophe. Ehrlich gesagt wundert es mich, dass es überhaupt noch steht. Der Garten ist regelrecht verwildert.«
    »Na ja, deine Großmutter hat immer gesagt, es sei besser, die Dinge so zu lassen, wie sie sind.« Grace kicherte. »Ich vermute, damit meinte sie auch Erneuerungen am Haus. Aber sag doch – wie gefällt es dir denn?«
    »Es ist … anders«, gab Connie zu. »Es ist nicht Cambridge, gelinde gesagt.«
    »Nein, das wohl wirklich nicht«, stimmte Grace ihr zu. Connie fragte sich, was Grace wohl gerade gemacht hatte,
weil sie

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