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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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schrie überrascht auf, und die Stimme fragte: »Connie?«
    Sie schaute genauer hin und sah, dass der klobige Umriss, der direkt vor ihr aus dem Nebel ragte, zu einem jungen Mann gehörte, der sich anscheinend mit einem Arm an der Plattform festhielt. Über ihm ragte die Silhouette des Hundes in die Höhe, der heftig mit dem Schwanz wedelte. »Sam?«, fragte sie ungläubig.
    »Hi!«, sagte er, stieß sich von der Plattform ab und kam im Seitenschlag auf sie zugeschwommen.
    Sie lachte, vollkommen überrascht. »Was machst du denn hier?«
    » Schwimmen «, sagte er resolut. »Nächste Frage.«
    Sie schlug ungeduldig neben ihm aufs Wasser. »Ich meine, wieso schwimmst du hier? Du wohnst doch eine Stadt weiter!«
    »Hast du schon mal den Hafen von Salem gesehen? In dem könnte es zu Spontanentzündungen kommen, so verschmutzt ist der. Ich schwimme immer hier.« Er tauchte den Kopf unter Wasser und kam wieder hoch, den Kopf in den Nacken gelegt, um die Haare aus seinen Augen zu spülen. Das Mondlicht schien auf sein Gesicht, während ihm das Wasser darüberlief, und brachte den Ring in seiner Nase zum Glitzern. Connie fragte sich, wie lange er ihn schon hatte. Eigentlich mochte sie keinen Schmuck bei Männern, aber Sams Nasenring sah einfach lässig aus. Und gefährlich.
    »Also, ich hab Arlo kennen gelernt«, unterbrach sie Sam in ihren Gedanken. »Der ist ziemlich cool. Hat mich wenigstens nicht gebissen. Obwohl ich nicht glaube, dass er mir dein Handtuch kampflos überlassen würde.«
    »Würde er auch nicht«, sagte sie und verzog den Mund zu einem boshaften Lächeln. Sie kraulte genüsslich ein paar
Züge weg von der Plattform, und er schwamm hinter ihr her.
    »Also, irgendwelche Fortschritte bei deiner Lieblingshexe?«, fragte er.
    Connie rollte mit den Augen und strampelte mit dem Fuß in seine Richtung, sodass er einen gezielten Schwall Wasser ins Gesicht bekam.
    »He!« Er spuckte und ruderte mit den Armen. »Wofür war das denn?«
    »Dafür, dass du von der Arbeit anfängst, wo es doch so heiß ist«, sagte sie. »Und ich habe keine Bedenken, es noch mal zu tun.«
    »Auch gut«, sagte Sam sittsam. »Wir reden also nicht über die Arbeit.« Er hielt inne und kam durch das Wasser langsam auf sie zu, ließ die Augen nach rechts und links schweifen. Connie schaute ihm wassertretend zu. Ihre bleichen Schultern ragten gerade eben aus der schwarzen Oberfläche des Hafenwassers, und ihr ungeflochtenes Haar kräuselte sich im Wasser. Ihre dunklen Brauen waren zusammengezogen. »Könnte übrigens gefährlich sein, hier draußen so spät in der Nacht zu schwimmen«, flüsterte er.
    »Wieso das denn?«, fragte sie und senkte ebenfalls die Stimme.
    »Nun«, sagte er und schlug einen gespielt ernsten Ton an. »Wegen der Kraken.«
    »Kraken«, wiederholte sie und zog eine Augenbraue hoch.
    »O ja. Die seltene, Gift spuckende nordamerikanische Krake. Die kommen nur zum Jagen raus, wenn Nebel ist. Wenn du merkst, dass dich was am Bein streift« – er kam noch näher und senkte die Stimme zu einem Flüstern – »ist es wahrscheinlich schon zu spät.«
    Connie spürte, wie ein paar Zehen unter Wasser über ihr
Knie wanderten, und sie griff mit einer Hand nach unten, packte den Knöchel, der zu dem Fuß gehörte und zog ihn aus dem Wasser. »He! Ich hab einen!«, rief sie triumphierend aus, während Sam sich nach hinten krümmte und den Kopf lachend ins Wasser tauchte. »Oh, warte – der hier hat sogar Tattoos«, bemerkte sie und betrachtete Sams Bein, während er mit den Armen planschte und prustend wieder an die Oberfläche kam. Er zog sein Bein weg und folgte ihr schnaufend, während sie sich lachend mit ein paar Kraulzügen entfernte.
    Von seinem Platz auf Connies Handtuch aus hörte Arlo es platschen, dann Gelächter und Ausrufe wie: »Du bist so was von tot, Streberlein!«, gefolgt von: »Selber Streber, aber fang mich erst mal!« An einem Punkt hob er den Kopf, spitzte die Ohren und lauschte, während das Lachen zu einem leisen Kichern erstarb. Als seine Lauscher ihm verrieten, dass die beiden zum Flüstern übergegangen waren, legte er den Kopf auf die Pfoten und wartete, eins mit der bleichen, mondlichtbeschienenen Farbe des Nebels.

ACHT
    Cambridge, Massachusetts
Ende Juni 1991
     
    C onnie stand in der engen Damentoilette im ersten Stock des Clubs der Historischen Fakultät in Harvard und flocht ihre Haare zu etwas, von dem sie hoffte, es würde aussehen wie ein ordentlicher Zopf. Als sie das Ergebnis prüfend im

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