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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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wahrnehmen. Und Auren können überraschend spezifisch sein. Ich habe immer schon den Eindruck gehabt, dass du ein besonders empfängliches Mädchen bist.«
    Connie empfand eine sonderbare Mischung aus Freude über das Lob ihrer Mutter und Ärger über das Thema, das sie angeschnitten hatte. Auren, genau. Connie war gewillt zuzugeben, dass sie eine lebhafte Phantasie hatte, und weil ihr bewusst war, wie einsam sie war, konnte es auch durchaus sein, dass sie geneigt war, Dinge zu sehen, die es vielleicht gar nicht gab. Weiter jedoch wollte sie nicht gehen.
    »Mom, ich muss jetzt weiter«, sagte sie. »Hier ist eine richtige Hitzewelle, und die Luft in dieser Telefonzelle bringt mich um.«
    »Bist du dir sicher, dass es nicht um einen Jungen geht?«, fragte Grace vorsichtig. »Weil, wenn das so wäre, dann solltest du es mir wirklich erzählen, mein Schatz.«

    » Mom «, sagte Connie entnervt. »Ich muss jetzt Schluss machen. Ich ruf dich bald wieder an, das verspreche ich dir. Und du geh bitte ran.«
    Grace fing an zu lachen, und Connie grinste. Fast hätte sie schon aufgelegt, als sie es sich anders überlegte, sagte: »Ich hab dich lieb, Mom«, und wartete.
    »Ich hab dich auch lieb, mein Schatz. Ruf mich am Sonntag an, wenn du magst«, sagte Grace.
    »Mach ich«, erwiderte Connie mit knallroten Wangen, als sie auflegte.
     
    Mit dem schnüffelnden Arlo im Schlepptau ging Connie auf Zehenspitzen die hölzerne Laufplanke entlang, die von dem öffentlichen Park an der westlichen Seite des Hafens von Marblehead zu der Schwimmplattform führte, die vor der Granitklippe im Wasser verankert war. Die feuchte Abendluft war dicker und schwerer geworden, seit sie das Haus verlassen hatte, und verdichtete sich über dem kühlen Hafenwasser zu einem so dicken Nebel, dass Connie fast das Gefühl hatte, ihn formen zu können, wie Lehm. Als sie die Schwimmplattform erreichte, schloss sich die Nebelbank hinter ihr, die Laufplanke war nicht mehr zu sehen, und sie fühlte sich mutterseelenallein. Sie ließ das Handtuch fallen, das sie mitgenommen hatte, und Arlo ließ sich darauf nieder und streckte seufzend die Beine aus. In dem diffusen Mondlicht war sein getüpfeltes, grau-schwarzes Fell vor dem Holz der Plattform kaum zu sehen. Connie saß da, atmete die salzige Meerluft ein und lauschte.
    Nur das gedämpfte Klirren der Takelage von Segelbooten, das durch den Dunst zu ihr herübergeweht wurde, sagte ihr, dass etwa zwanzig Meter von ihr entfernt einige Boote vor Anker lagen. Das Wasser schwappte sanft seitlich gegen die Plattform, es war ruhig und ohne Seegang. Sie ächzte genüsslich,
zog sich ihr verschwitztes T-Shirt über den Kopf und schlüpfte aus ihren abgeschnittenen Jeans, sodass sie nur noch in Unterwäsche dastand, unsichtbar in der Dunkelheit. Der Nebel fühlte sich angenehm kühl auf ihrer Haut an, und sie ließ sich geräuschlos in das Wasser des Hafens gleiten. Die köstliche Umarmung durch das Salzwasser schien die ganze Hitze aus ihrem erschöpften Körper herauszuziehen. Connie tauchte unter, schwamm, ohne etwas zu sehen, durch das tiefschwarze Wasser. Die Stille schloss sich um sie und beschwor die Erinnerung an Nächte am Walden Pond in ihr herauf, wo sie manchmal als Kind heimlich nackt gebadet hatte.
    Als sie ein ganzes Stück entfernt wieder auftauchte, merkte sie, dass sie wegen des Nebels die Plattform nicht mehr erkennen konnte. Sie legte sich auf den Rücken und ließ sich treiben, eine bleiche Insel in der Nacht. Sie war froh, Grace erreicht zu haben. Obwohl ihr Gespräch stellenweise auch ärgerlich gewesen war, fühlte sie sich dennoch irgendwie beruhigt. Dabei hatte sie Grace gar nicht erzählt, dass sie in der Seglerkneipe gewesen war! Connie grinste, und ein wenig Meerwasser schwappte in ihren Mund. Sie würde es ihr am Sonntag sagen. Sie streckte eine Hand hoch, um den Nebel zu berühren, und zog die Finger durch die wabernde Dunstmasse.
    Ein Bellen ertönte, durch die Feuchtigkeit in der Luft gedämpft, und Connie hob wassertretend den Kopf. »Arlo?«, rief sie. Ein glückliches Jaulen kam als Antwort, und dann hörte sie ein Platschen. Sie begann, zurück in Richtung Plattform zu schwimmen.
    Der Nebel teilte sich vor ihren Schwimmstößen, und sie merkte an der Veränderung der Wellen, dass etwas mit ihr im Wasser war. »Arlo?«, rief sie noch einmal und streckte die Arme nach der kraulenden Gestalt ihres Hundes aus. Dabei stieß sie an etwas, und eine Stimme sagte: »Vorsicht!«

    Connie

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