Das Hexenkloster
niedergeschlagen hat.«
»Willst du nichts tun?«, flüsterte Kelly. »Ich kann ja verstehen, dass dir nicht wohl bei der Sache ist. Aber wir sollten die Dinge nicht auf sich beruhen lassen. Dieses Zeichen auf deiner Stirn ist nicht normal. Ich will mit der Person sprechen, die es bei dir hinterlassen hat. Ich will ihr Auge in Auge gegenüberstehen.«
»Man wird dich nicht hineinlassen, Kelly.«
»Ha, da kennst du mich schlecht.« In ihren Augen leuchtete es auf. Sie wirkte regelrecht kampfbereit. »Ich sorge schon dafür, dass man mir die Tür öffnet. Darauf kannst du dich verlassen.«
Ike Turner lächelte und nickte. Er kannte seine Frau. Wenn sich Kelly etwas vorgenommen hatte, dann führte sie es auch durch. Daran gab es nichts zu rütteln. Das war auch schon bei dem Yoga-Kurs so gewesen, den hatte sie auch durchgezogen.
»Und wann willst du dorthin?«, fragte er.
»Heute nicht mehr, Ike. Ich denke, dass wir uns morgen die Zeit nehmen sollten.« Sie schaute ihn schräg an. »Oder?«
Ike fühlte sich in die Pflicht genommen. »Ja, ich bin mit dabei.«
»Wunderbar. Dann können wir jetzt einen Kaffee trinken und etwas essen. Ich habe einen Apfelkuchen gebacken. Mit Rosinen.«
»Okay, einverstanden.«
Beide wollten auf stehen.
Ike fühlte sich verschwitzt. Eine Dusche würde ihm jetzt gut tun. Das Geräusch des Telefons hielt ihn auf. Der Apparat stand näher bei ihm als bei seiner Frau, und deshalb hob er auch ab.
»Turner hier...«, meldete er sich.
Keine Antwort.
»Bitte, wer ist da?«
Es wurde aufgelegt, und auch Ike ließ den Hörer wieder zurücksinken.
Kelly stand an der Tür und schaute ihn an. »Und?«
»Keine Verbindung.«
»Hast du eine Stimme gehört?«
»Nein, es wurde sofort wieder aufgelegt. Komisch...«
»In der Tat.« Kelly deutete auf das Telefon. »Ich gehe davon aus, dass es sich um einen Kontrollanruf gehandelt hat. Nichts anderes ist das gewesen.«
»Meinst du?« Ike ärgerte sich so sehr, dass er einen roten Kopf bekam. »Und wer sollte angerufen haben?«
»Das ist die Frage, die ich nicht beantworten kann. Hast du denn eine gute Idee?«
Kelly überlegte nicht lange. »Vielleicht habe ich eine.« Welche das war, sagte sie nicht, denn sie machte kehrt und verschwand in der Küche...
***
Es war düster, es war kalt – und Kevin hatte Angst!
In seiner Umgebung brannten nur zwei Kerzen. Ihr Licht reichte nicht aus, um den Raum zu erhellen, in dem sich der Junge befand. Er wusste nur, dass man ihn in den Keller gesteckt hatte. Zuvor war er eine Steintreppe hinabgetrieben worden und in den Bereich hineingeraten, der sonst für die Kinder tabu war.
Der Keller!
Ein richtiges Gefängnis mit alten Mauern, Gängen und Verliesen. In einem dieser Räume steckte der Junge, zitterte am ganzen Leib und sehnte sich danach, mit seiner Mutter sprechen zu können. Doch das war ihm leider nicht möglich.
Marnie hatte ihn nur hart ausgelacht, als er sie darum gebeten hatte. Sie hatte auch von einer Strafe gesprochen, die durchgezogen werden musste. Dazu eignete sich dieses Verlies perfekt.
Es war klein. Es gab keinen Stuhl. Keinen Tisch. Keinen Schrank und auch kein Regal. Nur die beiden Kerzen gaben ihr Licht ab. Hin und wieder bewegten sich die Flammen, und der Junge bekam jedes Mal Angst, wenn sich Licht und Schatten in flattrige Ungeheuer verwandelten, die durch das Verlies huschten und über seinen Körper hinwegstreiften.
Er dachte an seine Mutter und an den Raum weiter oben, den sie gemeinsam bewohnten. Kevin wusste nicht, weshalb sie hier ihre Zeit verbringen mussten. Mit ihm hatte das nichts zu tun. Es ging um seine Mutter, die etwas getan hatte, was sie nicht hätte tun sollen, und jetzt war sie eingesperrt worden.
Aber sie hatte ihren Sohn mitnehmen können. Auch andere Kinder lebten hier, aber sie alle waren jünger, viel jünger als Kevin, und so konnte er mit ihnen nichts anfangen. Die waren nichts zum spielen. Viele von ihnen konnten nicht mal sprechen.
Im Zimmer oben war es hell. Auch wenn es nur ein kleines Fenster war, durch das Licht drang. Hier aber konnte er sich nicht wohl fühlen, da drückte die Finsternis, und er fühlte sich bedroht. Kevin wusste auch, dass es kein Spiel war, und er war auch nicht ohne Grund abgehauen. Er hatte in diesem Kloster Angst bekommen. Die Wärterinnen waren schlimm. Sie schauten so böse, und das hatte bei ihm für große Furcht gesorgt. Deshalb war er geflohen. Er hatte sich zu seinem Vater durchschlagen wollen, den er einmal
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